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# taz.de -- Streamingdienst Google Stadia: Google hat zu viel versprochen
> Der US-Konzern fordert mit seiner Cloud-Gaming-Plattform Stadia Microsoft
> und Sony heraus. Aktuell bietet Stadia für Gamer*innen nur wenig Anreize.
Bild: Auf der Computerspielmesse Gamescom wurde Stadia im August hoch gepriesen
Berlin taz | Das Western-Epos Red Dead Redemption 2 auf einem klapprigen
Notebook oder dem Smartphone zocken: Mit Google Stadia ist das kein
Problem. Denn beim cloudbasierten Spieledienst übernehmen Googles Server
die Berechnungen des grafikintensiven Spiels. Nicht weniger als die größte
Revolution des Gamings sollte Stadia werden. Nach den ersten Tests macht
sich aber vor allem Enttäuschung breit.
Zwar funktioniert die Streaming-Technologie durch Googles Server technisch
schon jetzt besser als bei allen anderen Cloud-Gaming-Plattformen. Und
trotzdem bietet Stadia im aktuellen Zustand kaum Gründe, weshalb
Gamer*innen sich für die Plattform entscheiden sollten. Das liegt auch
daran, dass Google [1][viele Versprechen bislang nicht eingelöst hat], die
im März noch großspurig angekündet wurden, etwa das nahtlose Wechseln
zwischen Let's-Play-Video und eigener Spiel-Session.
[2][Wie alle anderen cloudbasierten Spieleanbieter] hatte auch Google
Stadia bei seinem Start Anfang November mit Kinderkrankheiten zu kämpfen:
Verzögerungen beim Spielen, unscharfe Bilder, Freischaltcodes für
Vorbesteller, die erst mit Verspätung ankamen.
Die Liste mit Mängeln und Einschränkungen ließe sich ewig fortsetzen: Ein
winziger Spielekatalog von 22 Games, nur unterstützte Pixel-Smartphones von
Google. [3][Mobiles Spielen], immerhin das Kernfeature des Dienstes, ist in
öffentlichen WLAN-Netzwerken wegen Stadias [4][Datenhunger] (mindestens 4,5
Gigabyte pro Stunde) meist unmöglich; mobiles Datenvolumen wird offiziell
nicht unterstützt. Von Stadias Slogan „Play Anywhere“ bleibt nicht mehr
viel übrig.
## Wird Stadia bald beerdigt?
Ein Insider verriet inmitten der ganzen Aufregung, dass die
Vorbestellerzahlen von Stadia bislang unter den Erwartungen blieben.
[5][Laut einer Schätzung] wurde die Stadia-App für Android und iOS rund
175.000 Mal heruntergeladen – meilenweit entfernt von Googles angepeilter
Milliarde begeisterter User. Kritiker*innen sprechen bereits [6][von einem
gigantischen Flop], den Google auf seinem [7][wachsenden Friedhof]
misslungener Applikationen bald wieder beerdigen wird.
Der Eindruck entsteht, weil Google nicht offen kommuniziert und zu viel
versprochen hat. Der Streamingdienst ist aktuell kein fertiges Produkt für
die Allgemeinheit, sondern ein überteuerter Beta-Test. Versprochene
Features [8][werden in den kommenden Monaten ziemlich sicher nachgereicht].
Die monatliche Gebühr von zehn Euro wird ab 2020 nur noch für die
hochauflösende 4K-Grafik notwendig sein.
Und auch der Spielekatalog [9][wird kräftig wachsen] mit Exklusiv-Titeln
durch Googles eigenes Entwicklerstudio. Doch auf lange Sicht muss Stadia
sein Geschäftsmodell dringend ändern. Denn sonst könnte der Dienst in ein
paar Jahren wirklich wieder eingestellt werden.
## Stadia ist kein Netflix für Games
Games müssen auf Stadia einzeln gekauft werden. Schon zum Release wirkt das
völlig aus der Zeit gefallen. Denn wie zuvor bereits die Musik- und
Filmbranche durch Abo-Modelle umgekrempelt wurden, [10][setzen sich Abos
seit ein paar Jahren auch im Games-Bereich durch]. Seit 2017 bietet Sony in
Deutschland etwa mit Playstation Now die Möglichkeit, alte
Playstation-Spiele im Paket zu streamen. Microsoft schnürt mit seinem
Xbox-Gamepass dutzende Spiele im Paket zusammen. Die Spielestudios
Electronic Arts und Ubisoft liefern ebenfalls Abomodelle.
Warum sollten User*innen nun Spiele einzeln zum Vollpreis oder gar nochmal
kaufen, die auf Stadia [11][teilweise sogar teurer als auf anderen
Plattformen wie Steam sind]? Wer sich etwa eine gebrauchte Playstation 4
und Red Dead Redemption 2 kauft, zahlt aktuell weniger als für das
Starter-Paket von Stadia mit dem Western-Spiel. Und kann dann auch noch
spielen, wenn einmal das Netz ausfallen oder Stadia abgeschaltet werden
sollte. Die Frage ist, ob Google sein Geschäftsmodell auch in Richtung
Spiele-Flatrate ändern wird.
Abgesehen davon muss Google für den Games-Markt mehr bieten als eine
schnelle digitale Cloud-Infrastruktur. Nämlich Expertise für Games, die
Konkurrenten wie Sony und Microsoft schon seit Jahrzehnten sammeln. Schon
der Tech-Riese Amazon hat mit einem eigenen Spielestudio versucht, Games zu
entwickeln, ist damit aber [12][nur wenig erfolgreich]. [13][Googles
eigenes Games-Studio] muss exklusive Titel anbieten und so ein ähnliches
geschlossenes Ökosystem bilden wie Sony und Microsoft, um mithalten zu
können.
Währenddessen arbeitet Microsoft mit Hochdruck [14][an seiner eigenen
Streaming-Technologie] und kooperiert mit Sony, die den Preis ihres
Playstation-Now-Angebots zum Stadia-Release [15][um die Hälfte gesenkt
haben]. Der Kampf um das erste wirkliche Netflix für Games hat erst
begonnen.
22 Dec 2019
## LINKS
[1] https://www.reddit.com/r/Stadia/comments/dvv3tv/hi_reddit_andrey_from_the_s…
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Cloud_gaming
[3] https://www.tomsguide.com/hands-on/google-stadia-airplane-test
[4] https://www.golem.de/news/google-stadia-im-test-stadia-ist-noch-kein-spiele…
[5] https://www.gamesindustry.biz/articles/2019-11-21-google-stadia-app-has-bee…
[6] https://twitter.com/jasonschreier/status/1196766382584672256
[7] https://gcemetery.co/
[8] https://www.googlewatchblog.de/2019/11/stadia-wie-nutzer-googles/
[9] https://www.googlewatchblog.de/2019/12/stadia-googles-spieleplattform-featu…
[10] https://www.gameswirtschaft.de/meinung/froehlich-am-freitag-2019-47-google…
[11] https://www.gameswirtschaft.de/marketing-pr/google-stadia-spiele-preis/
[12] https://www.theverge.com/2019/6/16/18681082/amazon-gaming-studio-layoff-do…
[13] https://venturebeat.com/2019/10/24/stadia-studio-montreal/
[14] https://www.xbox.com/en-US/xbox-game-streaming/project-xcloud
[15] https://www.polygon.com/2019/10/1/20893316/playstation-now-price-cut-god-o…
## AUTOREN
Denis Giessler
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