# taz.de -- Europas Wegducken im Syrienkonflikt: Erdoğan-Kritik kommt immer gut | |
> Alle reden von den Flüchtlingen, die nicht kommen sollen, aber niemand | |
> redet über eine politische Lösung in Syrien. Das ist wohlfeil. | |
Bild: Flüchtende in der syrischen Provinz Idlib: Wo sollen sie hin? | |
Glaubt man den Einlassungen europäischer Politiker und auch vieler | |
westlicher Medien, ist dies eine neue Teufelei des türkischen Präsidenten: | |
Sollte es [1][eine neue Flüchtlingswelle aus Syrien in die Türkei] geben, | |
„wird auch Europa davon nicht verschont werden“, hatte Recep Tayyip Erdoğan | |
gesagt. Die Türkei könne diese Last nicht mehr allein schultern. Vor allem | |
Griechenland wäre davon betroffen. | |
Erdoğan instrumentalisiere Flüchtlinge für seine Politik, er wolle Europa | |
mit dem Elend der syrischen Flüchtlinge unter Druck setzen, heißt es jetzt. | |
Insbesondere in Griechenland glauben viele, Erdoğan wolle Athen im Streit | |
um die Ausbeutung der Gas- und Ölvorkommen rund um Zypern mit der Androhung | |
neuer „Flüchtlingsströme“ erpressen. | |
Dabei wird unterschlagen, dass das Problem real ist. In der Türkei leben | |
bereits an die vier Millionen Flüchtlinge, [2][in der syrischen | |
Rebellenprovinz Idlib] laufen Hunderttausende Menschen um ihr Leben, um dem | |
Bombenhagel russischer Flugzeuge und den Fassbomben [3][des Assad-Regimes | |
zu entgehen]. Was soll mit diesen Menschen, die nun alle in Richtung | |
türkischer Grenze drängen, geschehen? | |
Europa möchte stillschweigend auch noch die letzten Opfer des Syrienkrieges | |
bei Erdoğan abladen – das sei doch die humanitäre Pflicht der Türkei. Alle | |
reden von den Flüchtlingen, die nicht kommen sollen, aber niemand redet | |
über eine politische Lösung in Syrien. | |
## Es braucht eine politische Lösung | |
Seit Verteidigungsministerin [4][Annegret Kramp-Karrenbauer ihren | |
Vorschlag] einer europäischen Truppe zum Schutz einer Sicherheitszone in | |
den Sand gesetzt hat, herrscht Schweigen im Walde. Während Syriens Dikator | |
Baschar al-Assad und der russische Präsident [5][Wladimir Putin] in Idlib | |
für neue Realitäten sorgen, kommt aus dem Westen nichts mehr. Stattdessen | |
müsste man an einer politischen Lösung arbeiten, und zwar gemeinsam mit | |
Putin und indirekt auch mit Assad. | |
Erdoğan-Bashing kommt in Deutschland immer gut, doch in diesem Fall ist es | |
wohlfeil und hat mit der Realität nichts zu tun. | |
27 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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