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# taz.de -- Entwurf für Intensivpflegegesetz: Spahn rudert vorsichtig zurück
> Der Gesundheitsminister entschärft das Intensivpflegegesetz: Stationäre
> Versorgung soll nicht mehr Vorrang haben. Jeder Fall wird geprüft.
Bild: Beatmungspatientin Lena Krengel wird zuhause versorgt
Berlin taz | Bundesminister Jens Spahn (CDU) rudert zurück, aber nur ein
bisschen. Der Vorrang der stationären Pflege für Beatmungspatienten soll
aus dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Intensivpflege
wieder gestrichen werden, bestätigte am Freitag das
[1][Gesundheitsministerium.] Damit können BeatmungspatientInnen wie bisher
auch mit Hilfe von ambulanten Pflegekräften rund um die Uhr zuhause betreut
werden.
„Die besonders aufwändige Intensivpflege in der eigenen Häuslichkeit bleibt
weiterhin möglich“, heißt es in einer Erklärung Jens Spahns. Darüber werde
allerdings „im Einzelfall“ entschieden.
Zuvor hatte der [2][bisherige Referentenentwurf] tausende von schwerkranken
Beatmungspatienten, die mit Hilfe von ambulanten Pflegekräften in den
eigenen vier Wänden betreut werden, in Angst und Schrecken versetzt. Denn
in diesem Entwurf stand der Satz: „Die Leistungen der außerklinischen
Intensivpflege werden künftig regelhaft in vollstationären
Pflegeeinrichtungen…erbracht“.
## 25 000 Euro im Monat
Der Satz weckte die Befürchtung, dass Krankenkassen künftig die ambulante
rund-um-die-Uhr-Betreuung von BeatmungspatientInnen im eigenen Heim in
vielen Fällen nicht mehr finanzieren könnten. Diese 24-Stunden-Betreuung,
die vier oder mehr ausgebildete Intensivpflegekräfte leisten müssen, kann
die Krankenkassen 25.000 Euro im Monat kosten.
Die neuen Äußerungen Spahns geben aber nun nicht hundertprozentige
Entwarnung. Denn Spahn sprach von Intensivpflege-Patienten, „die am
sozialen Leben teilhaben“ und „auch künftig zu Hause“ betreut werden
„können“. In der Vergangenheit weckte Spahn mit ähnlichen Äußerungen Ä…
bei den Angehörigen von Schwerkranken im Wachkoma, dass den Betreuten die
häusliche Versorgung versagt wird, wenn diese nicht oder kaum noch
kommunizieren können, man also keine „Teilhabe am sozialen Leben“ mehr
feststellen kann.
In den Einzelfallprüfungen soll aber auch der „Sozialraum“ der Kranken
berücksichtigt werden, betont der neue Gesetzentwurf. Wer also andere
Menschen zusätzlich zur ambulanten Pflege um sich hat, wird nicht ins Heim
geschickt. Für alle Patienten, die bereits heute intensivpflegerisch
zuhause versorgt werden, soll zudem ein unbefristeter „Bestandsschutz“
gelten.
## Zuwenig Entwöhnung
Der Streit um die häusliche Pflege entbrannte auch deswegen, weil die
ambulante Rund-um-die-Uhr-Betreuung in häuslicher Umgebung eine teure
Eins-zu-Eins-Betreuung ist und damit Bedürfnisse der Schwerkranken nach
Kommunikation und Zuwendung besser berücksichtigt werden können als in
einer Pflegeeinrichtung, in der der Betreuungsschlüssel für
Intensivpatienten bei eins-zu-drei liegen kann. Die Pflegeeinrichtung
kostet die Kassen entsprechend weniger.
Kritiker monierten, dass in sogenannten Pflege-Wohngemeinschaften, die
ambulante Leistungen abrechnen, die PatientInnen mitunter gar nicht mehr
von der künstlichen Beatmung entwöhnt wurden, obwohl dies medizinisch
möglich wäre. Mit beatmeten Patienten verdienen Pflegedienste mehr Geld.
Mit dem neuen Gesetzentwurf, der regierungsintern zur Abstimmung
weitergegeben wurde, soll die Entwöhnung der Patienten von der künstlichen
Beatmung extra vergütet werden. Damit hofft Spahn, mehr Kranke zu entwöhnen
und vom Status der Intensivpflege-Patienten weg zu bringen.
6 Dec 2019
## LINKS
[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/intensivpflege-und-rehabilitati…
[2] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnunge…
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Jens Spahn
Krankenpflege
Sozialgesetzbuch
Pflegekräftemangel
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Pflege
Behinderung
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