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# taz.de -- Geplantes Gesetz zur Intensivpflege: Spahns Unheil
> Spahns Entwurf sieht vor, dass nur „in Ausnahmefällen“ ein Anspruch auf
> Intensivpflege zu Hause besteht. Diese Passage muss einfach weg.
Bild: Hat es geschafft, in kurzer Zeit Zehntausende gegen sich aufzubringen: Ge…
Man reibt sich die Augen und fragt sich, wie Gesetzentwürfe in Deutschland
eigentlich so entstehen. Ob die zuständigen Minister die Risiken und
Nebenwirkungen wirklich bedenken und das Ding überhaupt Seite für Seite
gelesen haben, bevor der Entwurf an die Öffentlichkeit geht. [1][Den
Entwurf zum Intensivpflegestärkungsgesetz] zum Beispiel.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat es in kurzer Zeit geschafft,
Zehntausende von Menschen wegen dieses Entwurfs gegen sich aufzubringen,
und der Verdacht kommt auf, dass er sich mit dem Thema, dessen Vielfalt und
den Schicksalen, die damit verbunden sind, zuvor nicht wirklich beschäftigt
hat.
Die Grundidee des Entwurfs, die ambulanten Dienste in der Intensivpflege
strengerer Qualitätskontrolle zu unterziehen, ist ja richtig. Mit beatmeten
PatientInnen verdienen Kliniken und ambulante Pflegedienste viel Geld, und
es gibt Krankengruppen wie etwa Schlaganfallpatienten, mit denen manchmal
nicht ausreichend trainiert wird, um sie von der künstlichen Beatmung
dauerhaft wegzubringen. Ein künstlich beatmeter Patient mit
Luftröhrenschnitt bringt einem Pflegedienst viel Geld. Es ist richtig, hier
stärker zu kontrollieren, was nötig ist und was nicht.
Aber im Gesetz steht auch noch ein weiterer Passus, nämlich dass die
dauerhafte Intensivpflege von Schwerkranken künftig „in der Regel“ in
Heimen oder spezialisierten Pflege-WGs erfolgen soll. Nur „in
Ausnahmefällen“ soll auch künftig noch ein Anspruch auf Intensivpflege zu
Hause bestehen. Die häusliche Rund-um-die-Uhr-Versorgung Schwerstkranker
wird damit zum Ausnahmefall erklärt – als hätte es all die Diskussionen um
Selbstbestimmung, Würde und Teilhabe nie gegeben.
Dabei leben in Deutschland Menschen mit starken Behinderungen, die mithilfe
ihrer AssistentInnen arbeiten und durch die 24-Stunden-Betreuung weiter bei
ihren Familien oder sogar allein wohnen können. Das ist eine soziale
Errungenschaft, auf die wir stolz sein können.
Was also will ein Minister mit so einem Gesetzentwurf vermitteln? Man
stelle sich vor, der erste voll gelähmte Patient mit der Krankheit ALS
bittet darum, seine künstliche Beatmung einzustellen und sterben zu dürfen,
weil er nicht weg von der Familie und ins Heim geschickt werden will.
Dazu wird es wohl nicht kommen, auch Spahn will politisch weiterleben. Aber
es wäre auch schlimm genug, wenn Betroffene mit irgendwelchen
„Zumutbarkeitsprüfungen“ der Krankenkassen in Angst und Schrecken versetzt
und die „familiären“, „persönlichen“ und „örtlichen“ Umstände e…
werden. Wenn Spahn nicht das Bild eines völlig überforderten
Gesundheitsministers von sich abgeben will, muss die Passage weg. Ganz
einfach.
20 Aug 2019
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[1] /Kritik-an-Spahns-Intensivpflegegesetz/!5616127
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Behinderung
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