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# taz.de -- Mord im Berliner Tiergarten: Diplomaten müssen gehen
> Die Hinweise verdichten sich, dass Moskau hinter einem Mord in Berlin
> steckt. Deutschland weist deswegen nun zwei russische
> Botschaftsmitarbeiter aus.
Bild: Zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft wurden ausgewiesen
Karlsruhe afp | Das Auswärtige Amt hat zwei Mitarbeiter der russischen
Botschaft in Berlin zu unerwünschten Personen erklärt. Hintergrund ist der
Verdacht der Bundesanwaltschaft, dass staatliche Stellen Russlands oder
Tschetscheniens hinter dem Mord an einem Georgier in Berlin stehen. Dafür
gebe es „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“, teilte die Behörde am
Mittwoch in Karlsruhe mit. Deshalb habe die Bundesanwaltschaft die
Ermittlungen übernommen.
Mit Blick auf den mutmaßlichen politischen Hintergrund der Tat sei die
Schwelle zum Anfangsverdacht überschritten, erklärte die
Bundesanwaltschaft. Die neuesten Ermittlungen hätten sich mit den bislang
vorliegenden Indizien zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Vor diesem
Hintergrund handle es sich um eine „staatsschutzspezifische Tat von
besonderer Bedeutung“.
Das Auswärtige Amt begründete seinen Schritt, zwei Botschaftsmitarbeiter zu
unerwünschten Personen zu erklären, mit der fehlenden Mitwirkung Russlands.
Die Bundesregierung reagiere darauf, dass die russischen Behörden „trotz
wiederholter hochrangiger und nachdrücklicher Aufforderungen nicht
hinreichend bei der Aufklärung des Mordes“ mitgewirkt hätten, erklärte das
Ministerium.
Im Gegenzug will Moskau wohl ebenfalls Schritte einleiten. Das Vorgehen
Deutschlands sei „unfreundlich und grundlos“, sagte ein Sprecher des
Außenministeriums am Mittwoch in Moskau. „Wir sind gezwungen, eine Reihe
von Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen.“
Das 40-jährige Opfer des Mordes, der den Ausgangspunkt der diplomatischen
Verwicklungen bildet, war im Kleinen Tiergarten in Berlin von einem Fahrrad
aus erschossen worden. Ein 49-jähriger Verdächtiger wurde festgenommen und
sitzt in Untersuchungshaft. Die Tatwaffe und das mutmaßliche Fluchtfahrrad
wurden von der Polizei beschlagnahmt. Das Opfer soll im sogenannten zweiten
Tschetschenienkrieg gegen Russland gekämpft haben.
## Der Mord weckt Erinnerungen an den Fall Skripal
Über Verwicklungen Russlands in den Fall gab es bereits in der
Vergangenheit wiederholt Spekulationen. Die russische Regierung wies dies
aber zurück. Der Kreml erklärte am Mittwoch noch vor der offiziellen
Übernahme des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft, dass in Moskau
nichts über diesen Vorgang bekannt sei. „Wir sind absolut nicht auf dem
Laufenden in diesem Fall“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Es handle
sich um „Hypothesen ohne jede Grundlage“, einen „seriösen Verdacht“ ge…
nicht.
Der Fall erinnert an den [1][Anschlag auf den übergelaufenen
Ex-Geheimdienstoberst Sergei Skripal] im März 2018. Er und und seine
Tochter waren in der englischen Stadt Salisbury mit dem Nervenkampfstoff
Nowitschok attackiert worden. Sie überlebten den Anschlag jedoch. Eine
unbeteiligte Britin starb Tage später, nachdem sie zufällig mit dem Gift in
Kontakt gekommen war. Die britische Regierung machte Russland
verantwortlich. Infolge der Krise wiesen Großbritannien, die USA und
verbündete Staaten – auch Deutschland – mehr als 140 russische Diplomaten
aus. Der Kreml reagierte mit ähnlichen Maßnahmen.
Verdächtigt wurden zwei [2][Mitarbeiter des russischen
Militärgeheimdienstes GRU.] Die beiden gaben aber an, als Touristen und
Liebhaber englischer Baukunst nach Salisbury gekommen zu sein. Kurz nach
der Tat hatten sie das Land wieder verlassen – reiner Zufall, wie sie
später im russischen Fernsehen erzählten.
Die Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen und die Anklage in allen
Fällen, die die innere und äußere Sicherheit des Landes besonders
betreffen. Dazu gehören neben Terrorismus, Spionage und Landesverrat auch
solche Verbrechen, die eine außenpolitische Dimension aufweisen.
aktualisiert am 04.12.2019 um 15:19 Uhr
4 Dec 2019
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