# taz.de -- Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts: Auslieferungen verhindert | |
> Erfolgreiche Verfassungsbeschwerden: Zwei Tschetschenen dürfen nicht nach | |
> Russland ausgeliefert werden, entschied das höchste deutsche Gericht. | |
Bild: Blick auf die Richterbank des Zweiten Senats beim Bundesverfassungsgerich… | |
Karlsruhe taz/epd | Das Bundesverfassungsgericht hat die Auslieferung | |
zweier [1][russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Herkunft nach | |
Russland verhindert]. Das höchste deutsche Gericht begründete dies am | |
Mittwoch in Karlsruhe mit der Gefahr, dass sie in der russischen | |
Teilrepublik Tschetschenien politische Verfolgung drohe oder sie einem | |
Mindeststandards nicht genügenden Strafverfahren ausgesetzt sein würden. | |
Damit waren die zwei Männer, die von Russland über Interpol ausgeschrieben | |
wurden, mit ihren Verfassungsbeschwerden erfolgreich. Das Brandenburgische | |
Oberlandesgericht (OLG) hatte zuvor ihre Auslieferung noch bejaht. Jetzt | |
muss es neu entscheiden. | |
Das Bundesverfassungsgericht verwies darauf, dass zwar nicht nur innerhalb | |
der EU, sondern auch im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr | |
der Vertrauensgrundsatz gelte, dass in den Zielstaaten das Völkerrecht | |
eingehalten werde. Wenn es jedoch tatsächliche Anhaltspunkte gebe, dass der | |
Grundrechtsschutz oder verbindliche völkerrechtliche Mindeststandards nicht | |
eingehalten würden, dürfe nicht ausgeliefert werden. Das zuständige Gericht | |
müsse eine eigene Gefahrenprognose anstellen, auch wenn dies arbeits- und | |
zeitaufwendig sei. Das sei aber nicht geschehen. | |
Das OLG gehe selbst davon aus, dass in der autonomen russischen Republik | |
politische Verfolgung drohe und völkerrechtliche Mindeststandards nicht | |
gegeben seien. Deshalb habe es die Auslieferung daran gebunden, dass die | |
anhängigen Strafverfahren nicht in Tschetschenien durchgeführt werden | |
dürften. Eine solche einseitige Festlegung reiche jedoch nicht aus, befand | |
das Bundesverfassungsgericht. Es brauche dafür eine belastbare Zusicherung | |
auch des Zielstaates – und die gebe es nicht. | |
## Über Interpol zur Verhaftung ausgeschrieben | |
Für nicht nachvollziehbar halten die Verfassungsrichter, worauf das OLG | |
sein Vertrauen gründet, dass die Russische Föderation den örtlichen | |
Gerichtsstand verlagern werde, „obwohl sie bereits förmlich bekundet hat, | |
sie könne das von der deutschen Seite gewünschte Ergebnis aus | |
verfassungsrechtlichen Gründen nicht sicherstellen“. | |
Vor diesem Hintergrund sei „nicht ersichtlich, weshalb das | |
Oberlandesgericht davon ausgeht, dass im Falle des Beschwerdeführers die in | |
der deutschen Verbalnote einseitig aufgestellte Erwartung mit ‚an | |
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit‘ von der russischen Seite erfüllt | |
werden wird“. | |
Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte | |
spräche dagegen, in einer einseitigen Bedingung unter den gegebenen | |
Umständen eine hinreichende Sicherung zu sehen. | |
Die zwei Tschetschenen wurden jeweils durch die Russische Föderation über | |
Interpol zur Verhaftung ausgeschrieben. Den Ausschreibungen lagen | |
Haftbefehle eines Bezirksgerichts in Tschetschenien zugrunde, in denen | |
ihnen ein Raubdelikt beziehungsweise ein Drogendelikt zur Last gelegt | |
werden. | |
(AZ: 2 BvR 517/19 und BvR 828/19) | |
11 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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