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# taz.de -- Unterlassungsklage gegen Verdi-Sekretär: Gewerkschafter vor Gerich…
> Kampf um bessere Arbeitsbedingungen: Die Sicherheitsfirma Kötter will die
> Gewerkschaft Verdi zum Schweigen bringen.
Bild: Gewerkschaftssekretär Özay Tarim im Einsatz
Düsseldorf taz | Im Gerichtssaal wird Gewerkschaftssekretär Özay Tarim mit
heftigem Applaus empfangen. Der größte Raum des Arbeitsgerichts Düsseldorf
ist übervoll, viele Zuschauer*innen stehen. „Wir lassen uns die
Gewerkschaft nicht verbieten“, steht auf einem metergroßen Transparent, das
am vergangenen Freitagnachmittag schon im Gerichtsflur hochgehalten wird.
Denn hier geht der [1][Versuch der privaten Sicherheitsfirma Kötter, die
Gewerkschaft Verdi per Gerichtsbeschluss zum Schweigen zu bringen], in die
nächste Runde. Aufhänger sind zwei Flugblätter, die Verdi-Mann Tarim im
Kampf um bessere Arbeitsbedingungen für Fluggastkontrolleure am Airport
Düsseldorf verfasst hat. Darin warf er dem Sicherheitsunternehmen mit
18.500 Mitarbeiter*innen und 540 Millionen Euro Umsatz vor, seine
Beschäftigten einzuschüchtern und deren grundgesetzlich garantiertes
Streikrecht zu beschneiden.
Dazu habe der Chef der Aviation-Flughafensparte von Kötter, Peter Lange,
persönlich eine Mitarbeiterin instrumentalisiert, schrieb
Gewerkschaftssekretär Tarim. Die habe Mitarbeiter per SMS zum Streikbruch
aufgefordert. Dabei sei klar gewesen: Wer trotz Urlaub oder zugesagter
freier Tage während des Arbeitskampfs nicht arbeite, könne eine
Festanstellung vergessen.
Veröffentlicht hat Tarim die Flugblätter im Februar und März. Mit einer
Unterlassungsklage im angesetzten Wert von 112.500 Euro reagiert hat
Aviation-Geschäftsführer Lange, der auch Vizepräsident des Bundesverbands
der Luftsicherheitsunternehmen ist und im Aufsichtsrat des Bundesligisten
Schalke 04 sitzt, erst ein halbes Jahr später – im August.
## Tarim ist nicht iregndwer
Dabei hat Kötter längst klargemacht, wie wenig die Firma vom Streikrecht
hält: Noch heute haben manche Mitarbeiter*innen Verträge, mit denen das
Grundrecht einfach untersagt werden sollte: „Im Falle von
Arbeitskampfmaßnahmen verpflichtet sich der Arbeitnehmer, an diesen nicht
teilzunehmen“, heißt es darin.
Die Gewerkschafter*innen im Gerichtssaal halten Kötters Unterlassungsklage
deshalb für vorgeschoben. Mit dem hohen Streitwert solle Tarim
eingeschüchtert werden, glauben sie. Denn der 42-Jährige ist nicht
irgendwer: Der Verdi-Mann, der die Flughafen-Sicherheitssparte in NRW seit
zehn Jahren betreut, hat die lange als prekär und unorganisierbar geltende
Branche aufgemischt. Seit 2013 haben die 1.100 Kötter-Beschäftigten am
Düsseldorfer Flughafen immer wieder gestreikt – mit massivem Erfolg: Der
Stundenlohn stieg von 12,36 auf aktuell 17,70 Euro. Ab 2021 werden 19,01
Euro gezahlt.
Zusammen mit Aviation-Betriebsratschef Torsten Bogula hat Tarim auch die
miesen Arbeitsbedingungen der Luftsicherheitsassistent*innen angeprangert.
Von denen verlangt Kötters Auftraggeber, die Bundespolizei, maximale
Flexibilität – schließlich werden in den Sommerferien weitaus mehr
Fluggäste abgefertigt als im Winter. Für die Kontrolleur*innen bedeutet das
ständig wechselnde und oft überlange Arbeitszeiten. Der Krankenstand der
gestressten Flugsicherheitskontrolleur*innen liegt deshalb bei 20 Prozent.
## Aviation-Chef bleibt stur
Gefährdet werde damit „die Flugsicherheit, die Terrorabwehr“, klagt
Betriebsrat Bogula. [2][Die Folge für die Passagiere sind stundenlange
Wartezeiten und verpasste Flüge] – wie zuletzt im November.
Kötter musste Hunderte zusätzliche Mitarbeiter*innen einstellen, klagte
prompt über Millionenverluste – und hat den regulär bis 2020 laufenden
Vertrag mit dem Bundesinnenministerium zum kommenden Mai auflösen lassen.
Mehr als ein Poker um mehr Geld scheint das aber nicht zu sein: Bis heute
hält sich das Sicherheitsunternehmen offen, sich erneut um die
Fluggastkontrollen zu bewerben.
Im Kampf gegen Verdi bleibt Aviation-Chef Lange stur: Den Vorschlag des
Düsseldorfer Arbeitsgerichts, die Unterlassungsklage fallen zu lassen und
das Verhältnis zur Gewerkschaft per professioneller Mediation zu
verbessern, lehnten Kötters Anwälte ab. Voraussichtlich im März wird der
Prozess fortgesetzt. „Wir haben nichts zurückzunehmen“, sagt
Gewerkschaftssekretär Tarim schon heute. „Wir stehen zu dem, was wir
veröffentlicht haben.“
22 Dec 2019
## LINKS
[1] /Bedingungen-in-der-Sicherheitsbranche/!5642187
[2] /Chaos-am-Duesseldorfer-Flughafen/!5440007
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Verdi
Arbeitsrecht
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Düsseldorf
Klage
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Security
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