# taz.de -- Neue SPD-Spitze: Kühnert warnt vor Groko-Ausstieg | |
> Selbst der größte Gegner des Bündnisses spielt erst mal anscheinend doch | |
> mit. Ganz verstummt ist der Ruf nach einer harten Gangart in der SPD aber | |
> nicht. | |
Bild: Hat seine wilden Zeiten anscheinend hinter sich: Kevin Kühnert will kein… | |
Berlin dpa | Die SPD-Führung will den Ausstieg aus der Regierung nicht um | |
jeden Preis erzwingen – und der Anführer der GroKo-Kritiker reiht sich ein. | |
Juso-Chef Kevin Kühnert warnt seine Partei nun vor einem vorschnellen | |
Ausstieg. „Wer eine Koalition verlässt, gibt einen Teil der Kontrolle aus | |
der Hand, das ist doch eine ganz nüchterne Feststellung“, sagte er der | |
Düsseldorfer Rheinischen Post (Mittwoch). | |
Diese Konsequenz eines Austritts sollten die SPD-Delegierten des Parteitags | |
am Wochenende in Berlin berücksichtigen, wenn sie über ihre Anforderungen | |
an die Koalition beschließen, so Kühnert. „Nicht weil sie Angst bekommen | |
sollen, sondern weil Entscheidungen vom Ende her durchdacht werden müssen“, | |
erklärte der 30-Jährige, [1][der sich auf dem Parteitag für den Vizevorsitz | |
bewirbt.] | |
Die SPD-Führung will im Leitantrag für den vorentscheidenden Parteitag am | |
Wochenende keine Forderungen aufnehmen, bei denen von vornherein klar ist, | |
dass sie auf einen Bruch mit der Union hinauslaufen, wie eine sofortige | |
Aufgabe der „schwarzen Null“, also des ausgeglichenen Haushalts. Das ging | |
am Dienstag aus dem vorläufigen Entwurf hervor, der der Deutschen | |
Presse-Agentur vorliegt. | |
Auch der [2][angehende Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans] sagte der | |
SPD-Zeitung Vorwärts am Dienstag: „Wir wollen nicht Hals über Kopf aus der | |
großen Koalition raus.“ [3][Die designierte Co-Vorsitzende Saskia Esken] | |
erklärte dort, mit dem Parteitagsantrag sei eine klare Haltung verbunden: | |
„Wir wollen, dass die Themen, die durch die veränderte Lage seit dem | |
Koalitionsvertrag hinzugekommen sind, wirklich angegangen werden.“ Als | |
Beispiele nannten beide das Klimaschutzpaket, die Digitalisierung und | |
Investitionen in die Infrastruktur. | |
## Simone Lange bleibt hart | |
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier reagierte verhalten | |
optimistisch. „Das ist jedenfalls nicht das, was Kevin Kühnert immer | |
gewollt hat“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Jetzt muss | |
man schauen, was tatsächlich dabei herauskommt. Die CDU bleibt bei ihrer | |
Linie: Keine Notwendigkeit für Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags.“ | |
Kühnert wies zurück, den Vertrag neu verhandeln zu wollen. „Niemand hat das | |
je gefordert“, sagte er. Aber in der Klausel für eine Revision zur Halbzeit | |
stehe, neue Vorhaben zu vereinbaren, wenn sich die Rahmenbedingungen | |
geändert hätten. „Auf diese Klausel berufen wir uns.“ Ob die Regierung | |
halte, hänge davon ab, „ob Union und SPD nach den Gesprächen diesen ewigen | |
Verhandlungsmodus dann auch mal zufriedenstellend beenden können“. | |
Die einstige Mitbewerberin um den Parteivorsitz, Simone Lange, warnte das | |
designierte Vorsitzendenduo indes vor zu großen Kompromissen. In der Welt | |
vom Mittwoch pochte die Flensburger Oberbürgermeisterin auf viel größere | |
Investitionen, einen höheren Mindestlohn und eine Verschärfung des | |
Klimaschutzpakets. Sollte das mit der Union nicht machbar sein, dürfe die | |
neue Parteispitze einen Koalitionsbruch nicht scheuen. „Vor Neuwahlen | |
sollten wir nie Angst haben, wir sollten sie als Chance begreifen, in einer | |
anderen Koalition regieren zu können.“ | |
Aus Sicht des langjährigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse wird die | |
Wahl von Walter-Borjans und Esken das Dilemma seiner Partei noch | |
verschärfen. Im Berliner Tagesspiegel wies er darauf hin, dass die | |
Beteiligung an der SPD-Befragung zum Koalitionseintritt größer gewesen sei | |
als an der Vorsitzendenwahl und die Zustimmung ebenfalls. „Ein | |
Nichtausstieg jetzt beschädigt aber die Glaubwürdigkeit von Esken/Borjans“, | |
so Thierse. Ein Koalitionsausstieg dagegen gefährde wichtige Erfolge der | |
SPD. | |
Auch Ex-Parteichef Franz Müntefering untermauerte seine Warnungen. „Man | |
kann natürlich jetzt neue, überzogene Forderungen stellen, um das Ding | |
knallen zu lassen. Aber das wäre falsch. Wer jetzt erkennbar die Schuld am | |
Scheitern der Koalition auf sich lädt, wird keinen Ruhm ernten, sondern von | |
den Wählern die Quittung bekommen“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die | |
Union werde „für die Rettung der GroKo nicht unter der Tür durchkriechen, | |
das verstehe ich auch“. | |
4 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-SPD-Vorsitzende/!5647167 | |
[2] /Die-SPD-nach-der-Vorsitzendenwahl/!5641487 | |
[3] /Umgang-mit-Frauen-in-der-Politik/!5641489 | |
## TAGS | |
Kevin Kühnert | |
Simone Lange | |
Norbert Walter-Borjans | |
Saskia Esken | |
SPD | |
Schwarz-rote Koalition | |
Gesine Schwan | |
NRW-SPD | |
Kevin Kühnert | |
SPD-Basis | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
Norbert Walter-Borjans | |
Annalena Baerbock | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
SPD unter neuen Vorsitzenden: Schwan kritisiert Kühnert | |
Der Juso-Chef agiere machtpolitisch „ohne allzuviel Rücksicht“, sagt die | |
SPD-Politikerin. Er sei inzwischen „die eigentliche Autorität“ in der | |
Partei. | |
Neues Duo an der SPD-Spitze: Hoffen und Hopfen | |
An der SPD-Basis freuen sich viele, dass das „Weiter so“ endet. Was kommt | |
nun? Ein Besuch an den Stammtischen der Sozis. | |
SPD und neue Vorsitzende: Plötzlich ganz gemäßigt | |
Der Leitantrag zum SPD-Parteitag klingt vage, auch beim Klima. Beim | |
Personal scheint es in der Parteiführung einen Deal zu geben. | |
SPD vor ihrem Parteitag: Die Verwandlung des Kevin Kühnert | |
Der Leitantrag ist moderat gehalten, die SPD wird wohl für den Verbleib in | |
der Groko stimmen. Mit Kühnert als Vize. | |
Neue SPD-Führung stellt Forderungen: Die Groko – das Update | |
Die neuen SPD-Chefinnen haben da noch ein paar Verbesserungsvorschläge. | |
Platzt deshalb die Koalition? Eine Inhaltsanalyse. | |
Nach der SPD-Vorsitzwahl: Der Leidantrag der SPD | |
Klara Geywitz wird – mit Unterstützung des neuen Führungsduos – Vizechefin | |
der SPD. Das soll für Entspannung sorgen. | |
Neuwahlen wären Chance für die Grünen: Die Grünen fühlen sich gewappnet | |
Mit Spannung wurde das Votum der SPD-Basis für die neue Parteispitze | |
erwartet. Jürgen Trittin glaubt nicht, dass die Große Koalition hält. |