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# taz.de -- Berliner Sportler*innen des Jahres: Immerhin eine bunte Liste
> Zum 41. Mal werden die Sportler*innen des Jahres gekürt. So eine
> spießbürgerliche Besten-Gala sagt viel darüber aus, wie Sport
> funktioniert.
Bild: Nominiert als Berliner Sportler des Jahres: Jan Gürtler
Auf dem Gipfel ist nur Platz für einen und eine, das gilt natürlich
besonders im Sport. Da gibt es kistenweise goldene Bälle und goldene Schuhe
und silberne Lorbeerblätter, es wird nummeriert und vermessen, und am
Jahresende kommt nur folgerichtig ein großes Zuneigungsranking. An diesem
Samstag werden der Berliner Sportler und die Berliner Sportlerin des Jahres
ausgezeichnet, dazu die Mannschaft und der (!) Trainer/Manager des Jahres.
Die Aussagekraft einer Trophäe, die Radfahrer mit Boxerinnen und
Bogenschützinnen vergleicht, ist natürlich überschaubar. Es ist also eher
wie bei den Oscars, es geht um Sympathie und Historie (wer war schon, wer
hat noch nicht, wer darf später drankommen …). Zu 50 Prozent entscheidet
allerdings – so viel Demokratie gibt es immerhin – die Wahl des Publikums,
zu 50 Prozent eine sogenannte Expertenjury. Die Pressemitteilung droht
außerdem mit „großartigen Show-Acts, erstklassiger Unterhaltung und Tanz
bis in den Morgen“. Für nur 135 Euro kann man dabei sein.
Die spießbürgerlichen Besten-Galas sagen viel darüber aus, wie der Sport
funktioniert. Interessant ist schon, wie dafür ausgewählt wird. Um ein
besonders tolles Jahr gehabt zu haben, zählen keine überstandene Reha, kein
starkes Debüt, keine spielerische Weiterentwicklung, erst recht keine
soziale Aktion. Es zählt den Veranstaltern, was auch der Sportförderung und
der Politik zählt: Edelmetall. „Über 40 Medaillen, darunter 18 goldene, bei
Welt- und Europameisterschaften“, so kündet die Mitteilung stolz, haben
Berliner SportlerInnen in den ersten neun Monaten des Jahres
erwirtschaftet.
Damit man auch sicher weiß, wer welche Medaille in seiner Bilanz stehen
hat, sind sie in der KandidatInnen-Liste der Mitteilung vermerkt: Name,
Sportart, Ergebnis. SportlerInnen ohne Spitzenplatzierungen fehlen, bis auf
Max Kepler, bei dem es wohl reicht, dass er Baseball in den USA spielt und
da sehr viel Kohle verdient. Dass man auch mit TeilnehmerInnenurkunde
Siegerin ist, stimmte ja schon bei den Bundesjugendspielen nicht.
## Immerhin eine Plattform
Die Berliner EinzelsportlerInnen-Wahl erzählt aber auch, dass der Sport
sich auf anderer Ebene durchaus seiner Inklusionsfähigkeit bewusst ist:
Wasserspringen, BMX-Freestyle, Para-Tischtennis, die Liste der vertretenen
Sportarten ist bunt. Die SiegerInnen bekommen durch solche Auszeichnungen
eine Plattform, die man als Wasserspringerin sonst nicht kennt.
Schönerweise wurde auf Fußballer unter den Solo-Kandidaten verzichtet.
Mit Ali Lacin, Stephanie Grebe, Elena Krawzow und Jan Gürtler sind vier
Para-SportlerInnen nominiert. Inhaltlich sind solche Besten-Auszeichnungen
Unfug, ihre Funktion als Plattform erfüllen sie. Ganz oben stehen
Para-SportlerInnen allerdings fast nie: sie sind in der Regel Deko,
Seriensieger wurden Publikumslieblinge wie Robert Harting und Arthur
Abraham.
Nein, eine gleichberechtigte Plattform gibt es sowieso nicht. Bei der
Mannschaft des Jahres und dem Trainer/Manager des Jahres ist offenbar nur
noch Budget für je einen Pokal da. Das geht erwartbar aus. Bei der
Team-Wahl 2019 stehen sieben Männermannschaften gegenüber zwei Frauenteams
und einer Doppel-Nominierung (die Wasserfreunde Spandau).
## Wer auch sonst
Die Mannschaft des Jahres bringt in Berlin nun sowieso nicht richtig viel
Abwechslung: die ersten fünf Nominierten sind Alba, die Volleys, die
Eisbären, die Füchse und Hertha BSC, wer auch sonst. Einer von ihnen gewann
bislang eigentlich immer. Auch Union Berlin ist für den Aufstieg der Männer
nominiert; der Drittliga-Meistertitel der Frauen war wohl keine Nominierung
wert.
Und bei den TrainerInnen und ManagerInnen herrschen schon fast
Vatikan-Verhältnisse, neun Männer und eine Frau. Folgerichtig wurden bis
auf die jeweilige Sportlerin des Jahres laut Wikipedia in über 40 Jahren
Geschichte nur Männer und Männerteams ausgezeichnet. Ein Preis sagt mehr
als viele Worte.
Richtig ist: In vielen großen Teamsportarten fehlen bislang Berliner
Spitzen-Frauenteams, und meist sitzen Männer auf der Trainerbank. Aber wer
eine Plattform bieten möchte, müsste sie gleichberechtigt anbieten. Erst
recht denen, die viel leisten und sie brauchen. Der Sport ist da
traditionell langsam im Denken.
Bis zum ersten Ballon d’or féminin, dem Goldenen Ball für die beste
Fußballerin, dauerte es bis 2018. Immerhin: die WasserfreundInnen Spandau
wurden so enthusiastisch als historisch erste Doppelnominierung
angekündigt, dass sie ja vielleicht Siegchancen haben.
14 Dec 2019
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Sport-Marketing
Sportförderung
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Profisport
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Frauensport
Rollstuhlfahrer
Para-EM
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