# taz.de -- Basketball der Frauen: Alba wird weiblich | |
> Der Berliner Klub hat die größte Mädchen- und Frauenabteilung im | |
> deutschen Basketball. Nun soll der Aufstieg her. | |
Bild: Dynamik ist schon da, Zuschauer kommen noch: Alba-Frauen in Action | |
BERLIN taz | Auf die Frage, ob die Fans schon genervt seien von all den | |
Fotos, die neuerdings auf dem klubeigenen Instagram-Kanal zum | |
Frauenbasketball auftauchen, lacht Manager Marco Baldi etwas. „Ich habe | |
noch nichts Negatives gehört. Im Gegenteil, es wird sehr wohlwollend und | |
neugierig betrachtet.“ | |
Seit der Saison 2018/19 hat Alba Berlin ein Team in der 2. Bundesliga Nord | |
der Frauen, es wird umfangreich beworben, der Großklub macht Ernst im | |
Frauenbasketball: Irgendwann wollen sie um die Meisterschaft spielen. | |
Im deutschen Frauenbasketball ist ganzheitliches Engagement von Männerseite | |
rar; 2018 hat sich Brose Bamberg wieder aus dem Frauenbereich | |
zurückgezogen, viele andere Teilnehmerinnen sind ohnehin Kleinstädte. | |
„Die finanziellen Mittel im Frauenbasketball sind begrenzt“, beschreibt | |
Aufbauspielerin Johanna Hirmke von Alba die Situation. „Viele Teams ziehen | |
sich zurück, sie bekommen das Geld nicht zusammen. Viele Vereinsleitungen | |
beruhen auf Ehrenamt.“ | |
## Der Ausgang des Alba-Abenteuers ist ungewiss | |
Ursprünglich hatte die [1][2. Bundesliga Nord] zwölf Vereine, aktuell sind | |
es nur noch zehn. Deshalb steigt wohl niemand ab. In die erste Liga können | |
zwei Teams aufsteigen, wenn sie denn wollen. „Es gibt ein paar Teams, die | |
machen es richtig und investieren viel. Aber in der Summe werden es leider | |
immer weniger Teams, die Frauen auf Leistungsniveau haben“, sagt Hirmke. | |
Auf- und Abstiege verlieren an Wert, weil sportlich qualifizierte Vereine | |
die nächste Klasse nicht wahrnehmen können. Der Ausgang des Alba-Abenteuers | |
ist noch recht ungewiss, doch es scheint sich etwas zu bewegen im | |
Frauenbasketball. | |
Mittlerweile hat Alba Berlin die größte Frauen- und Mädchenabteilung im | |
deutschen Basketball aufgebaut und erstaunlicherweise keine Probleme mit | |
fehlendem Zulauf. Auch, weil viel Engagement über Schulen und | |
Partnervereine läuft. Die rund 250.000 Euro Zweitliga-Budget (oder etwa | |
500.000 Euro Erstliga-Budget) soll die Frauenabteilung eines Tages | |
größtenteils selbst finanzieren können. | |
„Wir haben sehr gute Voraussetzungen, weil wir über die Jahre viel Know-how | |
und Strahlkraft aufgebaut haben“, glaubt Marco Baldi. Und merkelesk fügt er | |
hinzu: „Wir werden es hinkriegen.“ | |
## Ein Jugendprogramm würde dem Basketball helfen | |
Dem deutschen Frauen-Basketball kommt das gelegen. Albas spanischer Coach | |
Cristo Cabrera merkt an, Spanien sei Deutschland hier deutlich voraus. „Der | |
Wettbewerb ist dort stärker, weil es mehr Spielerinnen gibt, unter denen | |
man auswählen kann. Für diese Frauen hat Basketball Zukunft, sie wollen | |
vielleicht in die USA gehen oder in der ersten und zweiten Liga Geld | |
verdienen. Die deutschen Spielerinnen haben diese Perspektive nicht.“ | |
Profis gibt es hier kaum, und in der zweiten Liga seien extrem viele | |
Ausländerinnen beschäftigt. „Wenn man den deutschen Frauenbasketball | |
wirklich verbessern will, muss den Leuten klar werden, dass sie in die | |
Jugend investieren müssen“, kritisiert Cabrera. Er fordert ein | |
verpflichtendes Jugendprogramm für Zweitligistinnen und strengere | |
Regulierung für mehr heimische Talente. „Wenn man keine eigenen | |
Spielerinnen entwickelt, sehe ich keinen Sinn darin, auf diesem Level zu | |
spielen.“ | |
Grundsätzlich wäre eine Basis durchaus da: Laut DBBL gibt es aktuell | |
200.000 SpielerInnen im aktiven Spielbetrieb, davon immerhin 35 Prozent | |
weiblich. Alba setzt demonstrativ auf lokalen Nachwuchs. Laut Cabrera hat | |
das Team aktuell eine Amerikanerin und 13 Deutsche im Kader, darunter acht | |
Berlinerinnen. Im internationalen Vergleich stehen die deutschen Frauen | |
bisher abgeschlagen da: die WM 1998 im eigenen Land war die einzige | |
WM-Teilnahme, für eine Olympia-Qualifikation reichte es noch nie. Jetzt | |
gibt es offenbar, auch von Verbandsseite, eine gewisse Dynamik. | |
Alba-Spielerin Lena Gohlisch, die schon in Frankreich aktiv war, berichtet | |
auch von dort noch von einem heftigen Qualitätsvorsprung in den oberen | |
Ligen. „Die Jugendförderung läuft ganz anders. Jeder Erstligist hat ein | |
verpflichtendes Internat und die Pflicht, Spielerinnen selbst auszubilden.“ | |
Wären Lizenzauflagen zur Frauenförderung auch in Deutschland sinnvoll? | |
Marco Baldi wirkt etwas unentschlossen auf diese Gretchenfrage des modernen | |
Sports. Eigentlich sei er kein großer Fan von Quoten; Qualität und | |
Ambition, so nennt er es, wünscht er sich als Kriterien. Andererseits habe | |
er im Laufe der Jahre festgestellt, dass etwa die Deutschenquote im | |
Männer-Basketball sich für die Jugendförderung sehr bewährt habe. | |
„Lizenzauflagen sind ein wirksames Instrument für Weiterentwicklungen. | |
Aber kleine Standorte wie Vechta haben völlig andere Voraussetzungen als | |
Berlin, darauf muss man schon Rücksicht nehmen.“ Er hofft auch auf | |
Freiwilligkeit. „Ich glaube schon, dass andere Klubs auf den Zug | |
aufspringen werden, wenn sie die Möglichkeiten sehen, die sich daraus | |
ergeben können.“ Cabrera formuliert es so: „Deutschland ist auf einem guten | |
Weg. Aber es ist noch ein weiter Weg.“ | |
4 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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