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# taz.de -- Nachwuchsarbeit im Frauenbasketball: Die größten ihrer Art
> Aus der Jugendarbeit bei Alba Berlin ist ein junges Frauen-Basketballteam
> gewachsen. Es gilt als Vorzeigeprojekt für Gleichberechtigung.
Bild: Kampf um den Ball: Das Frauenteam von Alba-Berlin beim Basketball-Training
Berlin taz | In der Nebenhalle C der Max-Schmeling-Halle ist am
Dienstagabend das Ergebnis von über zehn Jahren Arbeit zu sehen. Frauen und
Mädchen dribbeln anscheinend ungeordnet durch die Halle, werfen Körbe und
quatschen; es herrscht Unisport-Atmosphäre, aber der Anspruch ist größer,
zukunftsgerichteter.
In den vergangenen zehn Jahren hat Alba Berlin die nach Angaben des
Deutschen Basketball Bundes größte Frauen- und Mädchenbasketballabteilung
in Deutschland aufgebaut, rund 500 Spielerinnen trainieren hier. Und das
Frauenteam soll ganz oben ankommen, im Kampf um die Meisterschaft.
Das, was sich gerade bei Alba Berlin ereignet, wird, wenn es funktioniert,
mächtigen Vorbildcharakter haben. Und wenn es nicht funktioniert,
vielleicht über Jahre als Argument dienen, das Ding mit der
Gleichberechtigung im Basketball gar nicht erst zu versuchen. Es ist eines
der spannendsten sportlichen Projekte derzeit in Berlin, und es geht um die
Frage: Was passiert, wenn man Frauen im Sport halbwegs gleiche Chancen
einräumt?
Zunächst: [1][Es verändert vieles]. Die Alba-Frauen spielen seit
vergangener Saison in der zweiten Liga und belegen dort aktuell Platz 7,
das Team besteht größtenteils aus Berlinerinnen. Auf den Online-Kanälen des
Klubs werden die Frauen seit dieser Saison massiv beworben. Und die
Zuschauerzahl in der ersten Heimpartie hatte sich dadurch im Vergleich zum
Schnitt der Vorsaison etwa versechsfacht, auf 300 Menschen.
## Durch Zufall in der zweiten Liga
In der Max-Schmeling-Halle wirken die Spielerinnen zugleich ein bisschen
hin- und hergerissen zwischen den zunehmenden Ansprüchen und den eher
bescheidenen Umständen. Das Interview findet in einer leeren Umkleidekabine
statt, drei Spielerinnen und der Trainer. „Wir sind eigentlich durch Zufall
in der zweiten Liga gelandet“, sagt Johanna Hirmke. Mit 31 Jahren ist sie
eine der Erfahrenen im Team und im normalen Leben auf der Geschäftsstelle
für das Männer-Profiteam tätig. Hirmkes Vita ist vielleicht sinnbildlich
für die von Frauen im Spitzenbasketball: Zwar verfügt sie über viel
Zweitliga-Erfahrung, aber Hirmke kam wegen des Jobs nach Berlin, nicht
wegen der Sportkarriere.
Erst später entschied sie sich, auch für die Alba-Frauen zu spielen.
Verträge haben die drei Spielerinnen nicht, und über ein Vollprofitum
machen sie sich nicht mal Illusionen. Nein, gleiche Bedingungen wie die
männlichen Spieler haben sie längst nicht. Trotzdem sagt Hirmke: „Es ist
was Besonderes, was da bei Alba passiert. Es ist nicht erzwungen. Man
betrieb viel Nachwuchsarbeit in den Schulen und AGs, dann gab es auf einmal
Mädchenmannschaften.“ Es ist letztlich eine Agenda von oben, keine Revolte
von unten.
Man merkt den Spielerinnen an, dass sie nicht fordern, sondern eher dankbar
überrascht sind. „Die Aufmerksamkeit ist ein krasser Unterschied im
Vergleich zur letzten Saison“, sagt die erst 18-jährige Victoria Poros,
Berlinerin, noch Schülerin. „Das Interesse ist viel stärker, und viel mehr
Leute wissen über uns Bescheid.“ Was sich sportlich geändert hat? Poros
lacht: „Wir haben jetzt die Amerikanerin. Die macht Punkte.“ Mit Erika
Livermore hat Alba zum ersten Mal eine Profispielerin in den eigenen
Reihen. Dass sie als Einzige mit dem Spiel Geld verdient, stört die anderen
nicht, sagen die.
## Bisher keine Sponsoren
Bis dato hat das Frauenteam allerdings noch keine Sponsoren. Geld und
Nachfrage sind die Knackpunkte, die über Erfolg und Scheitern entscheiden
werden. Derzeit werden die Alba-Frauen, wie so viele Frauenteams,
querfinanziert. Manager Marco Baldi sagt: „Wir können für eine gewisse Zeit
in den Frauenbereich investieren, aber danach muss er sich selbst tragen,
genau wie der Männerbereich auch.“
Anschließend will Baldi auf keinen Fall den Eindruck erwecken, das hier
hänge am seidenen Faden. Nachhaltig und konsequent solle das Engagement
sein, man sei optimistisch, auch mit den Frauen kostendeckend zu arbeiten.
„Wir sagen nicht: wenn wir jetzt in zwei bis drei Jahren nicht in der
ersten Liga spielen oder keine tausend Zuschauer haben, stampfen wir es
wieder ein.“ Aber es ist auch klar: Aus Alba-Sicht muss eine langfristige
Fanbasis kommen und eigene Sponsoren. Es ist für den Verein ein
finanzielles Wagnis.
Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich mit Förderung Bemerkenswertes
erreichen lässt. Aber ganz unfallfrei lief der Weg dieser angeordneten
Emanzipation doch nicht. Anfang der Saison verkündete Alba, dass der Klub
[2][seine Cheerleaderinnen nicht mehr bei Spielen der Männer] auftreten
lassen werde. „Junge Frauen als attraktive Pausenfüller“ seien nicht mehr
zeitgemäß, man wolle stattdessen noch stärker den Frauen-Basketball
fördern. Die betroffenen Cheerleaderinnen fühlten sich bevormundet und
ließen ihre Wut lautstark online aus; die Aktion endete als PR-Desaster.
Das zeigt auch ein strukturelles Problem: Stünde bei Alba eine Frau mit an
der Spitze, die die Entscheidung verkündet hätte, wären Diskussion und
Konfliktlinien für Alba wohl bekömmlicher gelaufen.
Marco Baldi möchte sich heute nicht mehr dazu äußern. Auch in der Kabine in
der Max-Schmeling-Halle zögern sie ein wenig mit der Antwort, schließlich
übernimmt Johanna Hirmke das: „Wir haben gemerkt, dass die Leute, die durch
die Entscheidung über die Cheerleaderinnen verärgert worden sind, ihre Wut
ein bisschen auf uns projiziert haben.“ Mittlerweile sei das abgeebbt.
Bescheidenheit und Optimismus überwiegen auch bei diesem Statement. Hirmke
hofft ganz grundsätzlich auf eine Vorbildrolle im Basketball: „Es wäre
schön, wenn sich andere Klubs, die die nötigen Voraussetzungen haben, ein
Beispiel an der Frauenförderung bei Alba nehmen würden.“
Ein weiterer Schritt wurde kürzlich getan. Mit Cristo Cabrera haben die
Frauen seit dieser Saison einen Profi-Coach, der Erstliga-Erfahrung aus
Spanien mitbringt. Bewusst orientiert er sich spielerisch auch am System
von Aito, dem Trainer des Männerteams. „Die Grundidee des Vereins ist es,
uns nicht als zwei Klubs zu betrachten, den der Frauen und den der Männer.
Wir wollen ein Verein sein und ähnlich spielen“, sagt Cabrera. Auch das ist
eine sehr progressive Idee.
In dieser Saison möchte Cabrera mit seinem Team gern die Playoffs erreichen
– da acht der zehn Teams der Liga dort landen, sei das aber auch nicht so
schwer. Von Aufstieg will er noch nicht sprechen. „Mein Hauptziel ist es,
das Team zu entwickeln.“ Ohne Druck, aber mit Ambition. Und langsam zu
wachsen. Sie haben gelernt, dass man damit weit kommen kann.
5 Dec 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Alba Berlin
Basketball
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Spielerinnen fördern.
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