| # taz.de -- Wünsch dir was: Politknaller für 2020 | |
| > Neues Jahr, neue Vorsätze. Was sich fünf Bezirksbürgermeister wünschen. | |
| > Die Wunschliste ist so vielfältig wie das Leben in der Großstadt. | |
| Bild: Die Goldenen Zwanziger. Vielleicht gehts aber auch mit weniger Knall | |
| ## Autofreie Innenstadt | |
| „Uns wird im neuen Jahr unter anderem die autofreie Friedrichstraße | |
| beschäftigen, obwohl wir da neben den Senatsverwaltungen für Wirtschaft und | |
| Verkehr nur zum Teil zuständig sind. Aber natürlich wollen wir einen | |
| Beitrag dazu leisten, dass es den Gewerbetreibenden und Autofahrenden | |
| leichtfällt zu sagen: Das ist ein Fortschritt für die Stadt und keine | |
| Schikane, die sich jemand ausdenkt. Wir sehen uns als Bezirk da als | |
| wichtiges Scharnier zwischen der Grundsatzpolitik, die auf Landesebene | |
| getroffen wird, und der Vermittlung vor Ort. | |
| Die Erfahrungen, die wir bei den drei Tagen autofreie Friedrichstraße im | |
| Oktober gemacht haben, sind sicher nicht repräsentativ. Das Wetter war | |
| schlecht, Lafayette war trotzdem sehr zufrieden, der Juwelier Bucherer | |
| sagt, es war weniger los. Für mich war faszinierend, was man alles anders | |
| wahrnimmt, wenn man eine Stadt ohne Autos hat. Man kann da stehen und sich | |
| unterhalten und versteht sich dabei sogar noch, akustisch, meine ich.“ | |
| Stephan von Dassel, Mitte, Grüne | |
| ## Digitales Amtsblatt | |
| „Wir werden im kommenden Jahr in Pankow ein digitales Amtsblatt, so der | |
| Arbeitstitel, an den Start bringen. Das wird so beschaffen sein, dass es | |
| auch gut druckbar ist, also auch für analoge Nutzer_innen in Bibliotheken, | |
| Stadtteilzentren ausgelegt werden kann. Man kann das als Newsletter | |
| abonnieren, und wir werden es aktiv auf allen sozialen Plattformen | |
| ausspielen. Es soll viermal im Jahr erscheinen. | |
| Wir wollen damit die Voraussetzungen für breitere Bürgerbeteiligung | |
| verbessern: nämlich Information und Transparenz. Alle Projekte und Vorhaben | |
| des Bezirks werden dort frühzeitig kommuniziert und über deren Fortgang | |
| berichtet. Ämter können ihre Arbeit erklären, und auch die BVV wird sich | |
| regelmäßig in einem redaktionell eigenständigen Teil präsentieren können. | |
| So soll die Arbeit der Bezirksverordneten einem breiteren Publikum bekannt | |
| gemacht werden. Es wird einen gesamtbezirklichen Mantelteil geben und | |
| vorerst auf die drei Altbezirke bezogene regionale Seiten innen. | |
| Ein anderes, eher persönliches politisches Ziel ist es, die Idee der | |
| Superblocks, so wie ich sie in Barcelona kennengelernt habe, in Pankow | |
| weiterzuverbreiten in der Hoffnung, dass sich Initiativen in einzelnen | |
| Quartieren bilden, die das gemeinsam mit ihren Nachbarn und der Verwaltung | |
| auf ihren Kiez angepasst ausprobieren wollen. Außerdem will ich, dass wir | |
| mit den Planungen zum Pankower Tor substanziell vorankommen und einen | |
| Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan hinbekommen und den | |
| städtebaulichen Wettbewerb ausloben und entscheiden. Der Katalog ist lang. | |
| Eine Auswahl fällt mir schwer.“ | |
| Sören Benn, Pankow, Linke | |
| ## Mehr Drogenräume | |
| „Ein Schwerpunkt im kommenden Jahr muss die Frage sein, wie wir dem | |
| wachsenden Drogenproblem entlang der U8 begegnen wollen. Insbesondere an | |
| den Bahnhöfen Schönleinstraße, Boddinstraße und Leinestraße wird der | |
| Drogenmissbrauch sichtbarer. Und hier geht es um harte Drogen, nicht um ein | |
| bisschen Kiffen. Der Konsum verlagert sich in die Bahnhöfe, das Elend wird | |
| sichtbarer – ein Symptom der wachsenden und teurer werdenden Stadt: Brachen | |
| werden weniger, die Wohnungsnot wird größer. Immer mehr Menschen in dieser | |
| Stadt sind von drohender Wohnungslosigkeit betroffen. | |
| Konkret brauchen wir mehr Drogenkonsumräume im Bezirk. Derzeit gibt es nur | |
| einen in der Karl-Marx-Straße und insgesamt nur eine Handvoll in Berlin. | |
| Denkbare Orte wären der Hermannplatz oder der Kotti. Wir müssen da auch mit | |
| dem Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg ins Gespräch kommen – genauso | |
| wie mit der Gesundheits- und der Sozialverwaltung, wenn es um eine bessere | |
| Vernetzung bei der aufsuchenden Sozialarbeit geht. Ich hoffe, dass wir da | |
| im ersten Quartal 2020 zu Ergebnissen kommen. | |
| Ich glaube, wir müssen auch über eine kontrollierte Abgabe von harten | |
| Drogen sprechen. Das kann der Bezirk nicht im Alleingang entscheiden – aber | |
| auf der Ebene eines Modellprojekts gemeinsam mit der Landesebene gäbe es da | |
| womöglich Spielräume. In Zürich läuft meines Wissens bereits ein ähnliches | |
| Projekt sehr gut.“ | |
| Martin Hikel, Neukölln, SPD | |
| ## Einheitliche IT-Netze | |
| „Wir sind der Pilotbezirk für den Plan der Koalition, die IT-Landschaft zu | |
| standardisieren. Tatsächlich ist die Vielfalt, die wir hier an der Stellte | |
| haben, nicht gerade eine Erfolgsgeschichte – handgestrickte Lösungen sind | |
| nicht mehr ajour. Ziel ist also eine Migration der IT-Netze zum zentralen | |
| IT-Dienstleistungszentrum Berlin. In unserem Bezirk heißt das: Die | |
| Serverräume von 50 Standorten, vom Rathaus bis zur Friedhofsverwaltung, | |
| müssen fit gemacht werden und gehen dann bis zum Jahresende in die | |
| Verantwortung des zentralen ITDZ über. | |
| Und noch mal das Thema Vielfalt, aber anders: Wir haben festgestellt, dass | |
| zwei Drittel der SchulabgängerInnen im Bezirk, die einen qualifizierten | |
| Abschluss haben, einen Migrationshintergrund mitbringen – aber nur ganz | |
| wenige kommen in der öffentlichen Verwaltung an. Eine freiwillige Quote | |
| haben wir uns nicht vorgenommen. Aber wir wollen diverser werden.“ | |
| Reinhard Naumann, Charlottenburg-Wilmersdorf, SPD | |
| ## Kein Plastikbesteck | |
| „Wir wollen ab 2020 als erster Berliner Bezirk durchsetzen, dass bei allen | |
| Veranstaltungen, die vom Bezirksamt genehmigt werden müssen, | |
| Plastikgeschirr und Plastikbesteck verboten sind und nur noch nachhaltige | |
| Alternativen genutzt werden dürfen. Damit setzen wir um, was bereits Inhalt | |
| einer europäischen Verordnung ist. | |
| Wir arbeiten daran, den Senat davon zu überzeugen, dass eine Verlängerung | |
| der U-Bahn-Linie 8 ins Märkische Viertel endlich in Angriff genommen wird. | |
| Auf der Senatstour kurz vor Weihnachten haben wir die Gegebenheiten vor Ort | |
| besichtigt. Mein Eindruck war, dass unsere Argumente allmählich Gehör | |
| finden. Zehntausenden Bewohnern des Märkischen Viertels endlich den seit | |
| Jahrzehnten versprochenen Bahnanschluss mit attraktiven | |
| Umsteigemöglichkeiten zur Tram und zur Heidekrautbahn zu ermöglichen, wäre | |
| ein guter Beitrag zur Mobilitätswende.“ | |
| Frank Balzer, Reinickendorf, CDU | |
| 30 Dec 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
| Uwe Rada | |
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