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# taz.de -- Steigende Zahl von Femiziden: Mexiko-Stadt ruft Alarmzustand aus
> Bürgermeisterin Sheinbaum kündigt neue Sicherheitsmaßnahmen an. Sie
> reagiert damit auch auf den Druck feministischer Gruppen.
Bild: Protest gegen Frauenmorde in Mexiko-Stadt am 2. November
Oaxaca taz | Es hatte lange gedauert, aber dann konnte sich Claudia
Sheinbaum doch durchringen: Wenige Tage vor dem Internationalen Tag gegen
Gewalt gegen Frauen erklärte die Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt wegen der
hohen geschlechtsspezifischen Gewalt den „Alarmzustand“. Damit wolle sie
die Aggressionen gegen Frauen und Mädchen sichtbarer machen, erklärte sie.
Nun soll ein Verzeichnis erstellt werden, das Vergewaltiger und andere
Sexualstraftäter systematisch erfasst. Auch eine DNA-Datenbank ist
vorgesehen. „Meine Regierung wird mit aller Kraft Frauen, Mädchen und
Jungen verteidigen, die Opfer sexueller Angreifer geworden sind“, erklärte
Sheinbaum [1][in einem Video].
Dass die Politikerin der sozialdemokratischen Morena-Partei diesen Schritt
unternommen hat, ist dem massiven Druck feministischer Gruppen zu
verdanken. Immer wieder gingen sie auf die Straße, um zu protestieren. Der
letzte Auslöser war die Vergewaltigung einer 17-Jährigen durch vier
Polizisten – ein Fall, der wie so viele von den Strafverfolgern und der
Öffentlichkeit nicht ernst genommen wurde.
Erst als bei den Demonstrationen Scheiben klirrten und das
Unabhängigkeitsdenkmal mit Parolen besprüht wurde, gerieten die Forderungen
ins Rampenlicht. „Ni una menos“, riefen die Frauen – auf Deutsch etwa
„keine weitere mehr“ – und forderten eine konsequente Strafverfolgung und
Maßnahmen gegen die zunehmende Gewalt gegen Frauen.
Sheinbaum kritisierte die militanten Proteste zunächst als „Provokation“.
Später entschuldigte sie sich dafür, verzichtete auf eine strafrechtliche
Verfolgung und setzte sich mit verschiedenen feministischen Organisationen
an einen Tisch. „Wir haben zwar verschiedene Positionen, aber wir wollen
alle die Gewalt in dieser Stadt beenden“, erklärte sie.
## Dissenz unter Feministinnen
Innerhalb der Feministinnen blieben die Gespräche umstrittenen. Während die
Demonstrationen in erster Linie von jungen Aktivistinnen organisiert worden
seien, verhandelten alteingesessene und der Regierung gegenüber positiv
eingestellte Feministinnen, kritisierten einige Gruppen. Manche wollten
einfach keine langwierigen Debatten, erklärt Alejandra Haas vom
Antidiskriminierungsbüro. „Sie wollen den Wandel sofort.“
Angesichts der weiteren Zunahme von Angriffen gegen Frauen und Mädchen ist
diese Haltung nachvollziehbar. Im mexikanischen Strafrecht werden Morde,
die aufgrund des Geschlechts verübt werden, explizit anders definiert und
verfolgt. Demnach ist die Zahl der sogenannten Femizide offiziellen Angaben
zufolge von 2015 mit 411 auf 833 Fälle in den ersten zehn Monaten dieses
Jahres gestiegen. Feministinnen kritisieren jedoch, dass häufig Fälle nicht
unter dieses Schema fallen, obwohl sie die Merkmale aufwiesen.
Täglich sterben in Mexiko zehn Frauen eines gewaltsamen Todes. Am meisten
Ermordete gibt es im zentralen Bundesstaat Mexiko, der an die Hauptstadt
angrenzt. In Mexiko-Stadt wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres
mehr als 150 Frauen ermordet, 40 der Fälle gelten als Femizide.
Ob der „Alarmzustand“ für einen Rückgang sorgt, muss sich zeigen.
Mexiko-Stadt ist bereits der 20. Bundesstaat mit einem solchen
Schutzmechanismus. Einen Erfolg kann Sheinbaum vorweisen: Die Zahl der
Anzeigen im Zusammenhang sexualisierter Gewalt sind zwischen Oktober 2018
und demselben Monat 2019 um 10 Prozent gestiegen. Das führt die
Bürgermeisterin darauf zurück, dass bereits im Mai 166 Anwältinnen
eingestellt wurden, die Betroffenen zur Seite stehen.
25 Nov 2019
## LINKS
[1] https://youtu.be/7H2XlJIQx7o
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
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taz-Serie Sexuelle Gewalt
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
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