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# taz.de -- Gewalt gegen Frauen in Frankreich: Paris kündigt Gesetze an
> Die Proteste haben die französische Regierung zum Handeln gezwungen. Sie
> legt nun neue Maßnahmen gegen häusliche Gewalt auf.
Bild: Proteste gegen jegliche Gewalt an Frauen auf dem Platz der Republik in Pa…
Paris taz | Frankreichs Premierminister Edouard Philippe hat am
Montagvormittag einen Katalog von gesetzlichen Initiativen zum Kampf gegen
häusliche Gewalt angekündigt. Diese Maßnahmen müssten der Elektroschock
sein, den die Gesellschaft brauche, sagte Frankreichs Premier Édouard
Philippe. „Durch die vollständige Mobilisierung der Gesellschaft werden wir
Ergebnisse erzielen und Verhaltensweisen ändern.“
Philippe fasst dabei die Ergebnisse einer Anfang September gestarteten
Aussprache mit Vertreterinnen von Organisationen, diversen Institutionen,
Behörden und ExpertInnen zusammen. Die Maßnahmen entsprechen in vielen
Punkten den Empfehlungen, die Feministinnen in den Diskussionen zur
Prävention der Gewalt gefordert haben.
Philippe räumte gleich zu Beginn ein, dass zum Schutz der Frauen zu wenig –
und auch dies oft schlecht – gemacht wurde: „Es gibt Mängel im
Funktionieren (der staatlichen Behörden), die wir nicht wahrhaben wollten.“
Jedes Jahr werden in Frankreich rund 220.000 Frauen [1][Opfer männlicher
Gewalt] im familiären Kontext von Partnerschaften. Im vergangenen Jahr
fanden so 121 Frauen (und 28 Männer) den Tod. In diesem Jahr sind es laut
dem Collectif Féminicides bereits 138.
## Fußfessel soll gewalttätige Männer auf Distanz halten
Wie dies angeregt oder gefordert worden war, sollen allfällige Waffen bei
gewalttätigen Männern präventiv konfisziert werden. Ein bereits
verabschiedetes Gesetz ermöglicht es, sie mit einer elektronischen
Fußfessel auf Distanz zu ihren gefährdeten Partnerinnen zu halten.
Neu kann ihnen zudem nach einer Verurteilung wegen Gewalt das Sorgerecht
für Kinder entzogen werden. Die vom Verband Fédération nationale Solidarité
Femmes eingerichtete Notrufnummer 3919 soll in Zukunft den bedrohten Frauen
mit einer ausgebauten Präsenz rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Wie
Philippe informierte, herrscht dafür Bedarf: „Vor September wurden rund 150
Anrufe pro Tag registriert, heute sind es 600!“
Im Vordergrund steht die Prävention, um zu verhindern, dass nach ersten
Anzeichen die Gewalt weiter eskaliert. So sollen gewalttätige Männer
vermehrt psychologisch betreut werden, um solche Rückfälle zu vermeiden. In
jedem Departement des Landes sollen dazu zwei solche staatliche finanzierte
Zentren eingerichtet werden.
Parallel dazu müssen die Kapazitäten der Aufnahme von Gewaltopfern um 1.000
zusätzliche Plätze ausgeweitet werden. Neu soll für diese die Möglichkeit
bestehen, in Krankenhäusern Klage gegen ihre Angreifer einreichen zu
können. In den Kommissariaten soll der Empfang der Opfer von Gewaltopfern
durch die zusätzliche Präsenz von Sozialarbeiterinnen verbessert werden.
## Bruch der Schweigepflicht nur in Ausnahmefällen
In den Schulen sollen im Weiteren die Erziehenden zum Thema Gewalt in
Beziehungen ausgebildet werden und mit einem Formular eventuelle Hinweise
auf Gewalt in Familien, die ihnen von den Kindern oder Jugendlichen gegeben
werden, an zuständige Stellen weiterleiten.
Nur in Ausnahmefällen äußerster Bedrohung sollen nach Ansicht des
Regierungschefs hingegen die Mediziner ihre ärztliche Schweigepflicht
brechen, um die Behörden von der dringenden Gefahr einer erneuten
Misshandlung einer Patientin „mit blauen Flecken“ in Kenntnis zu setzen.
Das entspreche lediglich der heutigen Regelung, meinte dazu die Feministin
Carole de Haas.
Obwohl viele ihrer Anregungen aufgenommen wurden, sind Feministinnen zum
Teil enttäuscht – denn offenbar fehlt in der Ankündigung der Regierung
weitgehend die Finanzierung dieses ambitioniert klingenden Plans. Bei einer
[2][Großkundgebung in Paris] war am Samstag 1 Milliarde Euro für eine Art
„Marshall-Plan“ gegen die Gewalt an Frauen gefordert worden. Die bisher vom
Premierminister versprochenen Mittel – die Rede ist immerhin von 361
Millionen im kommenden Jahr – sind weit von dieser Summe entfernt.
25 Nov 2019
## LINKS
[1] /Geschlechtsspezifische-Gewalt/!5640442
[2] /Demos-in-Frankreich/!5640418
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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