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# taz.de -- Proteste in Georgien: Mit Brutalität gegen „Vandalismus“
> Die Polizei löst gewaltsam eine Kundgebung vor dem Parlament in Tiflis
> auf. Jetzt stehen 37 Personen vor Gericht.
Bild: Die Polizei schießt mit einem Wasserwerfer auf Demonstrierende vor dem P…
Berlin taz | 37 Personen stehen am Dienstag in der georgischen Hauptstadt
Tiflis vor Gericht. Die Vorwürfe lauten auf Widerstand gegen die Polizei
und Vandalismus. Am Montagabend hatten Sicherheitskräfte eine seit mehreren
Tage andauernde Protestkundgebung und Blockade vor dem Parlament mit
äußerster Brutalität aufgelöst. Nach Angaben des Innenministeriums wurden
dabei sechs Menschen verletzt, darunter zwei Polizisten. Auf Fernsehbildern
war unter anderem zu sehen, wie Uniformierte auf einen bereits am Boden
liegenden Mann eintraten. Zuvor hatte das Ministerium zu Protokoll gegeben,
die Demonstranten hätten sich außerhalb des Gesetzes bewegt.
Sopho Verdzeuli, Rechtsanwältin beim Zentrum für Menschenrechtsmonitoring
und Bildung (EMC), sagte gegenüber dem Onlineportal OC medie, dass die
Blockade des Parlaments durch die Demonstranten zwar gesetzeswidrig gewesen
sei. Das rechtfertige jedoch keinesfalls ein gewaltsames Vorgehen, vor
allem nicht, wenn die Kundgebung friedlich gewesen sei.
Auslöser der Demonstrationen war eine Parlamentsabstimmung am 14. November,
bei der ein Gesetz über eine Reform des Wahlrechts nicht die notwendige
Mehrheit erreicht hatte. Genau diese Änderung von einem gemischten hin zu
einem reinen Verhältniswahlrecht hatte die Regierungspartei „Georgischer
Traum“ im vergangenen Juni [1][nach, teils gewaltsamen, Zusammenstößen]
zwischen Polizei und Demonstranten in Aussicht gestellt.
Nach der Abstimmung hatte sich auch der Chef der Partei [2][Georgischer
Traum] und frühere Regierungschef Bidzina Iwanischwili geäußert. Der
Milliardär, der weiterhin als heimlicher Strippenzieher der Politik gilt,
sagte, er sei immer noch für die Reform, habe aber die Abgeordneten seiner
Partei nicht davon überzeugen können. Nicht zuletzt dieses Statement trieb
sofort erneut Tausende auf die Straße.
Nach der Auflösung der Demonstration am Montagabend berief der Vorsitzende
des Parlaments, Archil Talakvadze, eine außerordentliche Sitzung ein, der
die Vertreter der Opposition fernblieben. „Die Demonstranten sollten sich
daran erinnern, dass sie weder die Bürgerrechte, den Staat, das Eigentum,
die Medien und Institutionen noch das Parlament in Ketten legen können“,
sagte Talakvadze. Dabei hielt er ein Vorhängeschloss in die Höhe, mit dem
die Demonstranten das Parlamentsgebäude symbolisch verschlossen hatten.
## Nicht zum Dialog bereit
Der Generalsekretär des Georgischen Traums, Kakha Kaladze, zeigte sich bei
einer Pressekonferenz am Montag alles andere als zum Dialog bereit. Er
beschuldigte die Oppositionspartei „Vereinigte Nationale Bewegung“, hinter
den Protesten zu stehen. Der Georgische Traum habe nicht die Absicht, jetzt
eine Reform des Wahlrechts anzugehen. „Das Vertrauen des Volkes entscheidet
Wahlen, keine Wahlsysteme“, sagte er. Bei den Parlamentswahlen 2020 wird
nach dem gemischten Wahlrecht gewählt.
„Der Richter wird mit einem Hammer auf den Tisch schlagen und ein Urteil
verkünden. Wir wurden bereits am Montag verurteilt“, sagt Zurab Japaridze
von der Oppositionspartei Girschi. Auch er wurde am Montag festgenommen und
steht am Dienstag vor Gericht. Für Dienstagabend sind erneut Protest vor
dem Parlamentsgebäude angekündigt.
19 Nov 2019
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## AUTOREN
Barbara Oertel
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