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# taz.de -- Golfen und Schießen: Eingelocht bei der RAF
> Am Niederrhein gründet sich auf einem Militärgelände ein Golfclub. Der
> hält englische Tradition und europäische Gedanken hoch.
Bild: Ein Sport für die Natur und für renaturalisierte Truppenübungsplätze
Aachen taz | Bürobedingt habe ich vor zwei Wochen einen wichtigen Termin
verpasst. In Elmpt. Das ist ein Flecken im Nirgendwo des Niederrheins bei
Niederkrüchten, direkt an der Grenze zu den Niederlanden. In diesem Elmpt
hatten sich bald nach dem Krieg die Briten niedergelassen, genauer: ihre
RAF. Das heißt hier Royal Air Force.
Weil Herumballern auf Dauer langweilig ist, haben sich die Soldaten 1955
einen Golfplatz gebaut, 18 Loch mitten im militärischen Sperrgebiet. Als
Golfer darf ich sagen: einen zauberhaften Platz, viel Heidelandschaft, tief
in den Kiefernwäldern.
In den Elmpter Barracks durfte man selbst als Pazifist schon immer
gastspielen, allerdings nach umständlicher Anmeldung von Personalien und
Autokennzeichen. Mittlerweile ist der Flugplatz verlassen, die
Schießanlagen verrotten, alles wuchert. Die Soldaten gingen 2011, im Gepäck
Atomsprengköpfe und Erinnerungen an den Kosovokrieg, zu dem von hier aus
Einsätze geflogen wurden. Das Gelände gehört seitdem der Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben. Golf blieb. Schwerter zu Golfschlägern. Bald wurde der
Europäische Golfclub Elmpter Wald e. V. gegründet.
Helmut Küster, promovierter Sonderpädagoge, trieb das voran und wurde
Präsident. Er nennt sich „68er“ und ist „bis heute böser Linker in Theo…
und Praxis“. Küster war es immer wichtig, möglichst viele Niederländer in
den Verein zu locken. Für den Europagedanken. Natürlich endet die
Webadresse mit.eu.
## Spenden in Eurocent, nicht in Pence!
Viele Ex-Soldaten wohnen weiter in der Nähe und sind weiter dabei. Auf der
Terrasse setzt es allenthalben Sprachfetzen auf Englisch, besonders
distinguished. Im Shop arbeitet Mrs White mit schönem britischen Akzent. „I
am brexited“, sagt sie und meint wohl angepisst.
Tief in deutschen Forsten lebt ein Stück dieses wunderlichen Königreichs
fort: Im Vereinshaus kreist ein riesiger Ventilator über den dunkelroten
Polstern und dem unvermeidlichen Kamin. Holztafeln neben der „Ladies
Section“ zeigen die MeisterInnen aus Zeiten der frisch gekrönten Queen. Wer
an Bahn 13 in den Bunker trifft, muss eine kleine Spende in eine Box am
Tresen werfen: 50 Eurocent, nicht Pence. War mir eine Ehre, Gentlemen!
Nun aber endlich zum verpassten Termin. Mitte November wurde feierlich eine
mächtige EU-Flagge vor dem Vereinshaus gehisst, um „die unverbrüchliche
Einheit und Festigung der europäischen Idee“ zu belegen. Beethovens
EU-Freudenhymne erklang. Und da standen gerührt auch Dutzende werdende
Zwangs-Brexitannians, darunter der Ex-Kasernenhäuptling Officer Alistair
Clark, 72, ein Schotte, der „50 Jahre ununterbrochen Dienst für die Königin
geleistet hat“. Kann man so einen Brexit nicht einfach wegbefehlen, Sir?
Oder mit Eisen 3 und Putter bewaffnet in 10 Downing Street einmarschieren?
Aus dem Abc der Vorurteile – heute B wie Bunker: „Diese Golf-Anglizismen
sind doch furchtbar: Bunker, Divot, Driving Range …“ Wahr ist: Die
englische Sprache prägt nun mal das Spiel. Soll man wirklich Sandloch
sagen, Grasrausschlagstück oder Übungsabschlagstand? Früher wurden Roughs
tatsächlich mit Rauen übersetzt, Longhitter hießen Weitschläger. Gruselig!
Und Hole-in-one ist doch Poesie gegenüber dem plattdeutschen Ass, oder?
6 Dec 2019
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Golf
Militär
Kolumne Eingelocht
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