| # taz.de -- Karnevalslegende und Nazi-Gegner: Köln bremst die AfD aus | |
| > Ausgerechnet die AfD will ein Denkmal für Nazi-Gegner Karl Küpper. Der | |
| > Stadtrat stoppt eine Instrumentalisierung des legendären Karnevalisten. | |
| Bild: Narrenkappe | |
| Köln taz | Mit überwältigender Mehrheit hat der Kölner Stadtrat an diesem | |
| Donnerstag den Versuch der AfD zurückgewiesen, den Karnevalisten und | |
| Nazi-Gegner Karl Küpper für ihre rechtspopulistische Politik zu | |
| vereinnahmen. Ausgerechnet die gegen Minderheiten hetzende AfD hatte | |
| gefordert, Küpper wegen seines Widerstands „gegen die Nationalsozialisten“ | |
| mit einem Preis und einem Denkmal zu ehren – doch alle demokratischen | |
| Parteien von Linken, Grünen und SPD bis hin zur CDU und FDP lehnten diese | |
| Instrumentalisierung des Nazi-Opfers ab. | |
| Denn der 1970 gestorbene Küpper ist in Köln, wo am 11. November mit dem | |
| Karneval die „fünfte Jahreszeit“ beginnt, eine Legende: „Er ist der einz… | |
| Karnevalist, der den Nazis widerstanden hat“, sagt der Kölner Historiker | |
| Fritz Bilz, der sich tief in das Leben Küppers eingearbeitet hat. In der | |
| Figur „Dr Verdötschte“ – etwa „Dr Merkwürdig“ oder „Dr Verrückt�… | |
| verhöhnte er die Nazis auch nach der Machtübergabe an die Verbrecherpartei | |
| 1933 vor großem Publikum: Küpper betrat die Karnevalsbühnen, zeigte den | |
| Hitlergruß und sagte dazu: „Su huh litt bei uns dr Dreck em Keller!“ („So | |
| hoch liegt bei uns der Dreck im Keller!“) – oder fragte: „Es et am rähne… | |
| also etwa „Regnet's?“. | |
| Zunächst habe seine große Popularität den gelernten Buchdrucker vor | |
| Verfolgung geschützt, sagt Historiker Bilz. Doch schon 1936 wurde Küpper, | |
| der Nazi-Größen wie Hermann Göring oder Robert Ley immer wieder verhöhnte, | |
| von Hitlers Geheimer Staatspolizei (Gestapo) zusammengeschlagen. 1939 | |
| folgte ein „lebenslanges Redeverbot“. Vorab gewarnt, konnte sich Küpper | |
| 1940 nur durch Meldung zur „Wehrmacht“ der Verhaftung entziehen. | |
| Die Instrumentalisierung Küppers durch die in Richtung Neonazis offene AfD, | |
| deren thüringischer Landeschef [1][Björn Höcke laut Gerichtsbeschluss | |
| „Faschist“ genannt] werden darf, hat deshalb in Köln für Aufregung gesorg… | |
| „Ausgerechnet die Partei, für die die Ermordung von sechs Millionen Juden | |
| ein Vogelschiss der Geschichte ist, will Küpper ehren“, hält etwa das von | |
| den demokratischen Parteien, Gewerkschaften und Kirchen mitgetragene | |
| Bündnis „Köln stellt sich quer“ dagegen. Mit diesem Spruch habe AfD-Chef | |
| Alexander Gauland klargemacht, dass er sich um die 25 Millionen Opfer des | |
| Zweiten Weltkriegs ebenso wenig schere wie um zehntausende ermordete | |
| Nazi-Gegner. | |
| ## Entsetzt und angewidert | |
| Entsetzt und angewidert ist auch Küppers Familie. „Mein Vater war zu seinen | |
| Lebzeiten strikt gegen jede Form von nationalsozialistischem Gedankengut“, | |
| habe die Nazis „mit seinen Mitteln unter Lebensgefahr bekämpft“, schreibt | |
| Küppers Sohn Gerhard in einer Erklärung. Heute würde sein Vater „diesen | |
| Kampf auch mit der AfD aufnehmen“. Die Partei sei „abartig“ und | |
| „faschistoid“, sagte Gerhard Küpper der taz. Er habe den Stadtrat und die | |
| parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker deshalb gebeten, den | |
| perfiden AfD-Antrag abzulehnen. | |
| Die Stadtverwaltung Rekers müsse sich allerdings vorhalten lassen, die | |
| Falle der AfD selbst möglich gemacht zu haben, findet der Sohn – Gerhard | |
| Küpper fordert seit langem ein Denkmal, eine würdige Umgestaltung des | |
| Platzes im Zentrum Kölns, den die Stadt erst 2011 zu Ehren seines Vaters | |
| umbenannt hat. Und der Historiker Bilz schlug schon im März vor, einen | |
| Karl-Küpper-Preis für die kritischste Büttenrede zu vergeben. | |
| Denn im Kölner Karneval sei Küpper mit seinem Widerstand gegen die Nazis | |
| völlig allein geblieben, argumentiert Bilz: Andere führende Karnevalisten | |
| wie Thomas Liessem, seit 1929 Präsident der Karnevals-Ehrengarde, trat | |
| schon 1932 in Hitlers NSDAP ein. Und im Rosenmontagszug fuhr ab 1934 | |
| mindestens ein antisemitischer Wagen mit. Auch die „Narrenrevolte“, mit der | |
| sich Kölns Karnevalisten 1935 gegen die formelle Angliederung an die von | |
| Robert Ley geführte Nazi-Organisation „Kraft durch Freude“ wehrten, sei | |
| kein Akt des Widerstands gewesen: „Es ging ums Geld“, sagt Bilz: „Liessem | |
| war Getränkegroßhändler, der ein großes Geschäft im Karneval gemacht hat.�… | |
| Mit Unterstützung von NS-Gauleiter Josef Grohé wurde Liessem 1935 | |
| Vorsitzender des neu gegründeten „Festkomitees Kölner Karneval“ – und | |
| sorgte mit dafür, dass NS-Führer von Kritik verschont blieben. Trotzdem | |
| organisierte er ab 1949 auch die ersten fünf Rosenmontagszüge der | |
| Nachkriegszeit. Küpper dagegen wurde 1952 erneut mit einem faktischen | |
| Auftrittsverbot belegt. Denn der Nazi-Gegner hatte das Wiedererstarken von | |
| Altnazis in Westdeutschland auf offener Bühne kritisiert: Wie vor 1939 | |
| zeigte er den Hitlergruß und rief: „Et eß bald widder am rähne!“ – „… | |
| regnet's schon wieder“. | |
| Enttäuscht zog sich Küpper danach immer mehr zurück. „Er starb 1970 | |
| verbittert“, sagt Bilz. „Karl Küpper ist in seinem Leben großes Unrecht | |
| widerfahren“, bilanzierte auch die FDP-Städträtin Katja Hoyer, die am | |
| Donnerstag die Ablehnung des AfD-Antrags durch alle demokratischen Parteien | |
| begründete: „Durch die Nazis, durch ehemalige Nazi-Funktionäre in der | |
| Nachkriegszeit – und heute durch die AfD.“ | |
| 8 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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