# taz.de -- Öko-faires Smartphone: Raus aus der Nische | |
> Mit Vodafone verkauft einer der größten Mobilfunkanbieter das neue | |
> Fairphone 3. Die meisten übrigen Hersteller pfeifen auf Nachhaltigkeit. | |
Bild: Schon das Vorgängermodell des Fairphone 3 ließ sich leicht öffnen – … | |
Von diesem Dienstag an kann man das Fairphone 3 bei Vodafone kaufen. Das | |
Smartphone mit ökologischem und sozialem Anspruch etabliert sich damit auf | |
dem Massenmarkt. Nach Angaben der Firma in Amsterdam steigt auch die | |
Produktionsmenge. Angepeilt werden künftig 100.000 Stück pro Jahr. Auf dem | |
Gesamtmarkt sind das allerdings nur Spurenelemente: Die konventionellen | |
Hersteller verkaufen in diesem Jahr weltweit wieder über 1 Milliarde | |
Exemplare. | |
Ähnlich wie seine beiden [1][Vorgängermodelle] zeichnet sich das Fairphone | |
3 durch eine höhere ökologische und soziale Qualität im Vergleich zu fast | |
allen anderen Handycomputern aus. Die Arbeiter*innen in der Fabrik im | |
chinesischen Shenzhen erhalten einen Lohnbonus, einige der verwendeten | |
Materialien stammen aus konfliktfreier Herstellung, und das Gerät ist | |
modular aufgebaut, sodass man es leicht reparieren kann. | |
Der Telekommunikationskonzern Vodafone – neben Telekom und Telefonica (O2) | |
einer der Großen auf dem deutschen Markt – wendet sich in seiner Werbung | |
gezielt an eine junge, bewusste Käuferschicht: „Es ist fair produziert, | |
nachhaltig bis zum Recycling und bietet alles, was Du Dir von einem | |
modernen Top-Smartphone wünschst.“ Bisher gibt es Fairphones auch schon | |
beim hiesigen Mobilfunkanbieter Mobilcom, in Österreich bei T-Mobile und in | |
Frankreich bei Orange. | |
Produziert wird die dritte Ausgabe des Fairphones bei der Firma Arima, | |
wenige Kilometer nördlich von Hongkong. Etwa 200 der ungefähr 400 dortigen | |
Arbeiter*innen erhalten einen Lohnaufschlag von 1,50 Dollar pro | |
produziertem Gerät, erklärt Fabian Hühne von Fairphone. Das kann sich zu | |
einem Bonus von etwa 60 Euro pro Monat summieren. | |
Die Beschäftigten bekommen diesen Zuschlag zusätzlich zu ihrem Gehalt, das | |
zwischen dem staatlich festgesetzten Mindestlohn (ungefähr 400 Euro) und | |
dem sogenannten existenzsichernden Einkommen von rund 600 Euro liegt. Die | |
übrigen 200 Beschäftigten erhalten den Zuschlag nicht, weil ihre Bezahlung | |
schon besser ist. Außerdem zahlt die niederländische Firma einen Bonus an | |
das chinesische Unternehmen, wenn bestimmte Verbesserungen beispielsweise | |
bei Verpflegung und Unterbringung umgesetzt werden. | |
## Konfliktfreie Rohstoffe | |
Rohstoffe wie Zink und Wolfram stammen laut Hühne teilweise aus | |
[2][konfliktfreier Produktion in Ruanda]. Das soll sicherstellen, dass kein | |
Geld an Milizen im Kongo fließt. Gold aus Uganda und Südamerika werde nach | |
Fairtrade-Standards gewonnen. Etwa 70 Prozent des verarbeiteten Plastiks | |
kommen aus Recycling. | |
Im Gegensatz zu den meisten anderen Unternehmen setzt Fairphone gezielt auf | |
Langlebigkeit. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen ihre Telefone selbst | |
reparieren können. Die Geräte lassen sich deshalb leicht ohne Werkzeug | |
öffnen, man kann den Akku und den Bildschirm auswechseln sowie einige | |
Baugruppen – etwa die Kamera und die Steckanschlüsse – herausschrauben. | |
Grundsätzlich lässt sich das Handy, auf dem das Android-System von Google | |
läuft, also einige Jahre betreiben. Technisch muss man das Fairphone 3 wohl | |
als Durchschnittsgerät einstufen, das den Alltag bewältigt, mit etwa 450 | |
Euro Kaufpreis aber auch nicht günstig ist. | |
Nach ähnlichen Prinzipien arbeitet Shiftphone. Die Firma aus dem hessischen | |
Falkenberg bietet allerdings eine größere Produktpalette. Das war’s dann | |
auch schon: „Neben Fairphone und Shiftphone sehen wir derzeit keine | |
relevanten nachhaltigen Smartphones auf dem Markt“, sagt Christian van de | |
Sand von der Stiftung Warentest, der die dortigen Smartphone-Tests betreut. | |
„Bei den großen Marken gibt es keine sichtbaren Ansätze in diese Richtung �… | |
vom angekündigten Einsatz von Ökostrom in der Produktion abgesehen.“ | |
## Verklebte Teile als Problem | |
So liefern die gängigen Hersteller fast durchweg Smartphones, bei denen | |
Teile verklebt werden. Laien können sie kaum öffnen, geschweige denn Teile | |
austauschen. Das fördert die Tendenz, ältere oder defekte Geräte in die | |
Schublade zu legen und sich neue zu kaufen. | |
Wer die Gute-Gewissen-Handys nicht mag, weil Technik oder Design nicht | |
gefallen, sich aber trotzdem Gedanken über Nachhaltigkeit macht, hat eine | |
weitere Alternative: gebraucht kaufen. Zahlreiche Firmen und Internetseiten | |
bieten inzwischen benutzte, aber überholte Smartphones mit Händlergarantie. | |
Diese sind in der Regel auch deutlich günstiger. | |
18 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Zukunft-des-Oeko-Handys-ist-unklar/!5593764 | |
[2] /Arbeitsbedingungen-in-Ruanda/!5287423 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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