# taz.de -- Berliner ForscherInnen ausgezeichnet: Lichtblick am Solar-Himmel | |
> Der Physiker Steve Albrecht erhält den Preis des Senats als bester | |
> Nachwuchswissenschaftler. Er will damit der siechenden Industrie Impulse | |
> geben. | |
Bild: Ausgezeichneter Forscher: Steve Albrecht bei der Arbeit in der TU | |
Das große Dino-Skelett im Sauriersaal des Berliner Naturkundemuseums ist | |
eine Warnung: Größe bewahrt nicht vor dem Aussterben. So erging es auch der | |
deutschen Solarindustrie. In den Nullerjahren noch Weltmarktführer einer | |
Zukunftsbranche, ist von den einheimischen Photovoltaik-Herstellern | |
[1][heute nichts mehr übrig.] | |
Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass just hier, im Sauriersaal, das | |
deutsche Solarrevival beginnen könnte. Am Donnerstag verlieh an musealer | |
Stätte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) den Berliner | |
Wissenschaftspreis im Rahmen der „Berlin Science Week“. Neben dem | |
Hauptpreis an die FU-Arabistin Beatrice Gründler ging die | |
Nachwuchs-Auszeichnung an den Adlershofer Solarzellforscher Steve Albrecht. | |
Der 35-jährige Physiker Albrecht forscht am Helmholtz-Zentrum Berlin , | |
einer Großforschungseinrichtung des Bundes, an neuen Photovolatik-Techniken | |
(PV), mit denen sich Sonnenlicht besser in Strom umwandeln lässt. | |
Sein Spezialgebiet sind Tandemsolarzellen, bei denen konventionelle | |
Halbleiter wie Silizium mit neuartigen Verbindungen wie der Metall-Mixtur | |
Perowskit kombiniert werden. In dieser Klasse konnte Albrecht und seine | |
Gruppe jüngst mit dem Wirkungsgrad von 23,3 Prozent einen Weltrekord | |
erzielen. Die Tandemzelle besitzt eine aktive Fläche von einem | |
Quadratzentimeter und ist damit deutlich größer als bisherige Varianten. | |
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hob die Leistung Albrechts, der | |
seit einem Jahr auch Juniorprofessor an der TU Berlin ist, mit den Worten | |
hervor: „Seine wegweisende Forschung zu Tandemsolarzellen ermöglicht neue | |
Effizienzgewinne in der Photovoltaik und befördert damit Innovationen, die | |
wir im Kampf gegen den Klimawandel benötigen.“ | |
Der Forscher selbst brachte die industriepolitische Bedeutung ins Spiel. | |
Wenn die hohe Kompetenz, die Deutschland derzeit in der | |
Photovoltaik-Forschung besitze, in neuer Weise mit der Industrie verbunden | |
werde, könne die Solarbranche in Spezialsegmenten wieder einen Aufschwung | |
erleben. Derzeit entwickeln die Adlershofer eine Kooperation mit einem in | |
Brandenburg ansässigen PV-Hersteller. | |
Der Berliner Wissenschaftspreis wird seit 2008 jährlich durch den | |
Regierenden Bürgermeister vergeben. Die Vorschläge kommen von den Berliner | |
Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie aus dem | |
Senat. Der Hauptpreis ist mit einem Preisgeld von 40.000 Euro dotiert, das | |
an die Einrichtungen geht, an der die wissenschaftliche Leistung erbracht | |
wurde. Der Nachwuchsforscher, der nicht älter als 35 Jahre sein darf, hat | |
es besser: Sein Preisgeld von 10.000 Euro geht an die Ausgezeichneten | |
selbst. | |
Völlig am anderen Ende des wissenschaftlichen Spektrums ist die | |
Hauptpreisträgerin in diesem Jahr anzutreffen: die international | |
renommierte Arabistik-Professorin Beatrice Gründler. Sie untersucht die | |
Entstehung der arabischen Schrift- und Buchkultur und die Rolle der | |
arabischen Literatur als Bindeglied zwischen Asien und Europa. Nach vielen | |
Jahren an der US-amerikanischen Yale-Universität kam sie 2014 an die Freie | |
Universität Berlin, wo sie Professorin am Seminar für Semitistik und | |
Arabistik ist. | |
Gründlers Arbeiten, würdigte Müller, eröffneten „uns wichtige Einblicke in | |
die Welt der arabischen Literatur“ und erklärten deren vielseitige globale | |
Verflechtungen über einen Zeitraum von fast anderthalbtausend Jahren. | |
„Damit trägt sie auch immer wieder zu einem öffentlichen und | |
differenzierten Diskurs über die arabisch-islamische Kultur bei“, so der | |
Regierende Bürgermeister. | |
In den Vorjahren 2018 und 2017 ging der Wissenschaftspreis an die | |
Genforscherin Emmanuelle Charpentier vom Max-Planck-Institut für | |
Infektionsbiologie und den Mathematiker Günther Ziegler von der FU Berlin, | |
deren Präsident er heute ist. | |
Die Preisverleihung mit mehr als 700 Gästen fand seit Jahren erstmals | |
wieder außerhalb des Rathauses statt. Grund dafür war die Nutzung des | |
Naturkundemuseums für zwei Tage als einer der zentralen | |
Veranstaltungsstätten für das zehntägige Wissenschaftsfestival „Berlin | |
Science Week“ mit 140 Veranstaltungen. Unter anderen stellte sich die | |
Technische Universität des „russischen Silicon Valley“ Skoltech nahe Moskau | |
erstmals in Deutschland vor. Der „Global Food Summit“ diskutierte die | |
Perspektiven der Welternährung, während die Initiative „Young Entrepreneurs | |
in Science“ einen Anlauf nahm, um die geringen Firmen-Gründungsraten aus | |
deutschen Hochschulen zu steigern. | |
Allerdings wurde das Konzept des zweitägigen „Science Week Campus“ als | |
öffentlicher Wissenschafts-Marktplatz nicht so angenommen wie erwartet. Am | |
ersten Tag wurden lediglich 1.500 Teilnehmer gezählt. | |
11 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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