# taz.de -- Türkische Militäroffensive gegen Syrien: Truppen rücken weiter v… | |
> Mehr als 100.000 Zivilisten sind in Nordsyrien auf der Flucht vor dem | |
> türkischen Militär. Erdoğans Truppen haben eine US-Patrouille beschossen. | |
Bild: Syrische Kämpfer, die von der Türkei unterstützt werden, marschieren a… | |
ISTANBUL taz | Aller internationaler Kritik zum Trotz setzt die türkische | |
Armee ihre Offensive seit nunmehr fünf Tagen unbeirrt fort und meldet erste | |
Erfolge. Am Samstag nahmen türkische Bodentruppen gemeinsam mit ihren | |
syrischen Verbündeten, islamistischen Milizen, die gegen die Kurden | |
eingestellt sind, die Grenzstadt Ras al Ain ein. Während Sprecher der | |
Kurden noch behaupten, sie würden in Ras al Ain weiter Widerstand leisten, | |
zeigte das türkische Fernsehen bereits Bilder aus dem Zentrum der Stadt. | |
Während Ras al Ain am östlichen Ende der Region liegt, in die die | |
türkischen Truppen eingedrungen sind, wird in Tal Abjad, am westlichen Ende | |
der Invasionszone, noch gekämpft. Kurdische Kämpfer verteidigen die Stadt, | |
die türkische Armee hat aber bereits alle umliegenden Dörfer besetzt. | |
Zwischen den beiden rund 100 Kilometer voneinander entfernt liegenden | |
Städten hat die türkische Armee bereits einen Brückenkopf gebildet, der bis | |
zu 30 Kilometer nach Syrien hineinragt. Die sogenannte Sicherheitszone, die | |
laut Präsident Recep Tayyip Erdoğan entlang der syrisch-türkischen Grenze | |
eingerichtet werden soll, soll 30 Kilometer tief nach Syrien hineinragen. | |
Aus diesem gesamten Gebiet soll die kurdische YPG – Miliz, die die Region | |
bislang kontrolliert, vertrieben werden. | |
Nach offiziellen Angaben der türkischen Armee sind bislang rund 450 | |
kurdische Kämpfer getötet worden. Die eigenen Verluste werden auf vier | |
getötete Soldaten beziffert. Allerdings sind durch Mörserbeschuß auf | |
türkische Grenzstädte zehn Zivilisten getötet worden. | |
## Flucht in die Wüste | |
Die Anzahl der getöteten und verletzten syrischen Zivilisten liegt | |
wesentlich höher. Durch Bombenangriffe und Artilleriebeschuss sind nach | |
Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London | |
mindestens 30 Zivilisten in Syrien getötet worden. Nach Angaben der UN sind | |
mittlerweile mehr als 100.000 Zivilisten vor den türkischen | |
Invasionstruppen geflohen, meist in Richtung Süden in die Wüste hinein. | |
Kurdische Behörden haben in Rakka, der ehemaligen Hauptstadt des IS, | |
Auffanglager für Flüchtlinge eingerichtet. | |
Am Samstag kam es zu einem schwerwiegenden Zwischenfall, als türkische | |
Truppen wohl versehentlich auf eine US-Patrouille schossen, aber niemanden | |
verletzten. Trotzdem war die Empörung in Washington groß. Präsident Donald | |
Trump drohte Erdoğan mit harten Sanktionen, wenn die Türkei ihre | |
humanitären Verpflichtungen nicht einhalte. | |
Den Kurden riet Trump, sich erst einmal zurückzuziehen, da sie ja gegen die | |
türkische Luftwaffe sowieso nichts ausrichten könnten. Sprecher der Kurden | |
forderten ihre ehemaligen amerikanischen Verbündeten dagegen dazu auf, mit | |
ihren Kampfflugzeugen den Luftraum über Nordsyrien für türkische Flugzeuge | |
zu sperren. Trump hat sich zu dieser Forderung bislang nicht geäußert. | |
In Europa gab es am Samstag in vielen Orten Protestdemonstrationen gegen | |
den türkischen Einmarsch in Syrien. In Deutschland fand mit rund 10.000 | |
Teilnehmern die größte Kundgebung in Köln statt. Der deutsche Außenminister | |
Heiko Maas hat unterdessen angekündigt, dass Deutschland seine | |
Waffenlieferungen an die Türkei erst einmal aussetzen wolle und auch keine | |
neuen Rüstungsexporte mehr genehmigen werde. | |
## Gegenstimmen von Russland und China | |
Frankreich, Norwegen, Finnland und einige weitere Länder haben ebenfalls | |
einen Stopp ihrer Waffenexporte in die Türkei angekündigt. Am Freitagabend | |
hatte eine erste Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York stattgefunden, | |
bei der über den türkischen Einmarsch diskutiert wurde. Während die | |
europäischen Sicherheitsratsmitglieder eine Verurteilung der Türkei | |
forderten, stimmten Russland und China dagegen. | |
Russlands Präsident Wladimir Putin hat allerdings die Türkei ebenfalls | |
aufgefordert, dafür zu sorgen, dass keine der von den Kurden kontrollierten | |
IS-Gefangenenlager aufgelöst und IS-Kämpfer wieder frei kommen können. | |
Putin will bei Erdoğan erreichen, dass dieser sich mit dem Assad-Regime | |
abstimmt und gemeinsam eine Kontrolle der Kurdenregion vereinbart. | |
13 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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