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# taz.de -- Gemeinde muss Pestizide zulassen: Ende des Malser Wunders
> Als der kleine Ort Mals in Südtirol Pestizide auf seinem Gelände stoppen
> wollte, sorgte das für Aufruhr. Doch nun verbot ein Gericht das Verbot.
Bild: Sollte in Mals eigentlich frei von Gift geschehen: Apfelanbau in Südtirol
Rom taz | Das kleine Dorf Mals, nordwestlich von Bozen im Vinschgau
gelegen, rühmt sich, [1][einer der sonnigsten Orte Südtirols] zu sein.
Stolz war Mals bis vor wenigen Tagen aber auch auf eine weitere
Besonderheit: Die Gemeinde hatte vor fünf Jahren beschlossen, [2][dass auf
ihrem gesamten Gebiet der Einsatz von Pestiziden verboten] sein sollte.
Doch damit ist es jetzt vorbei, denn das Verwaltungsgericht Bozen kippte
den lokalen Beschluss.
Im September 2014 hatte Bürgermeister Ulrich Veith die Malser zum
Referendum aufgerufen, um darüber zu befinden, ob auf den Feldern weiter
Pflanzengifte eingesetzt werden dürften. Drei Viertel der 4.800
Stimmberechtigten beteiligten sich, und mit stolzen 75 Prozent votierten
sie für das Verbot, das im Jahr 2018 in Kraft treten sollte. Nur noch der
Einsatz biologisch abbaubarer Pflanzenschutzmittel sollte danach gestattet
sein. Vom „Malser Wunder“ war daraufhin die Rede.
Doch das Wunder wurde vorerst nicht Wirklichkeit, 130 Landwirte nämlich
reichten Klage ein. Daraufhin setzte die Gemeinde das Verbot erst einmal
bis zur gerichtlichen Entscheidung aus. Die ist jetzt gefallen, und sie
erklärt das Verbot für null und nichtig, schlicht weil die Gemeinde für
diese – allein vom Staat zu regelnde – Umweltschutzfrage nicht zuständig
sei.
Die Gemeinde gibt sich jedoch noch nicht geschlagen. Sie will die Sache bis
hinauf zum Staatsrat in Rom – dem obersten Verwaltungsgericht des Landes –
durchfechten. Derweil hatte auch die Staatsanwaltschaft beim Rechnungshof
versucht, Bürgermeister Veith zur Rechenschaft zu ziehen – wegen der
angeblich missbräuchlichen Ausgabe öffentlicher Gelder für das angeblich
missbräuchliche Referendum. 23.000 Euro sollte der Ortsvorsteher
zurückzahlen. Doch wenigstens der Rechnungshof sprach Veith frei.
## Andere Gemeinden weiter gegen Pflanzengifte
Andere italienische Gemeinden versuchen dennoch weiterhin, mit
verschiedenen Instrumenten den Einsatz von Pflanzengiften einzuschränken.
So erließ der Gemeinderat von Vallarsa im Trentin im Jahr 2014 einen
Beschluss, der die Bio-Landwirtschaft zur Regel erklärt. Wer dennoch
konventionell weitemachen möchte, muss eine Versicherung abschließen, um
den benachbarten Biobauern im Fall der Kontamination ihrer Felder mit
Chemikalien Schadenersatz leisten zu können.
Und Melpignano im süditalienischen Apulien stellt Arbeitslosen Ländereien
zur Verfügung – jedoch nur, wenn sie sich zu Bio-Bewirtschaftung
verpflichten. Das toskanische Carmignano dagegen verzichtet auf den
Pestizid Einsatz auf kommunalen Grünflächen, es verbietet zudem den Einsatz
von Chemie in Wohngebieten und untersagt generell die Nutzung von
Glyphosat. Insgesamt 70 Gemeinden von Südtirol bis nach Sizilien haben in
Italien den Weg eingeschlagen, mit kommunalen Verfügungen den Gifteinsatz
in der Landwirtschaft wenigstens einzuschränken.
11 Oct 2019
## LINKS
[1] https://www.suedtirol-it.com/mals/
[2] /Glyphosat-Angriffe-auf-Biobauern/!5450710
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Südtirol
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Italien
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