# taz.de -- Neue Folgen für „Unser Sandmännchen“: „Nicht nur Kinderpupp… | |
> Christian Sengewald spielt und spricht die Pittiplatsch-Puppe in neuen | |
> Folgen für den Abendgruß. Ein Interview über Altbekanntes und Neues. | |
Bild: In einem Hamburger Studio entstanden neue Folgen: In der Mitte Christian … | |
BERLIN taz | Mit der Kinderfernsehsendung „Unser Sandmännchen“, die am 22. | |
November dieses Jahres 60 Jahre alt wird, flimmert noch immer ein | |
klitzekleines Stückchen DDR über die Bildschirme, kommt doch vieles aus dem | |
Archiv des DDR-Fernsehens, was den Vor- und Abspann mit dem kleinen | |
Spitzbart-Männchen anbelangt. Fester Bestandteil in den täglich wechselnden | |
Rahmenhandlungen ist der „Abendgruß“, dort gibt es neben vielen neuen | |
Figuren und Geschichten vor allem am Wochenende alte Bekannte des | |
DDR-Kinderfernsehens: Kobold Pittiplatsch und seine Freunde Schnatterinchen | |
(eine Ente) und Hund Moppi. Es gibt über 500 Abendgrußgeschichten aus dem | |
DDR-Fundus. | |
Unter Federführung des RBB sind nun endlich seit 1991 erstmals wieder 13 | |
neue Pittiplatsch-Folgen in der Hamburger Firma TRIKK17 gedreht worden, sie | |
kommen zum Sandmännchen-Jubiläum ab 26. November wöchentlich in „Unser | |
Sandmännchen“ zur Ausstrahlung. Gespielt und gesprochen wird die | |
Pittiplatsch-Puppe von Christian Sengewald (42), wir sprachen mit dem | |
Leipziger per Telefon. | |
taz: Herr Sengewald, Sie sind Jahrgang 1977, wie haben Sie Pittiplatsch & | |
Co kennengelernt? | |
Christian Sengewald: Ich bin gebürtiger Dresdner, zur Wende war ich zwölf | |
Jahre alt. Meine Kindheit ist eine ostdeutsche gewesen. Unsere Familie | |
hatte kein TV-Gerät, deswegen war für mich Fernsehen ein besonderes | |
Ereignis. Bei meinen Groß- und Urgroßeltern durfte ich das „Sandmännchen“ | |
gucken. Pittiplatsch hat mich also seit frühester Kindheit begleitet. | |
Sie haben an der Hochschule Ernst Busch studiert, warum Puppenspielkunst? | |
Ich habe mein Abitur in Erfurt gemacht. Dort gab es und gibt es immer noch | |
ein sehr gutes Jugendtheater, das brachte mich erst auf die Idee zur | |
Schauspielkunst, aber dann hab ich mich aktiv fürs Puppenspiel entschieden, | |
weil ich einfach sehr gutes Puppentheater gesehen habe. | |
Wie sind Sie dann wieder zu Pittiplatsch gekommen? | |
Nach dem Ende der DDR wurde das DDR-Kinderfernsehen ja eigentlich komplett | |
eingestampft. Heinz Schröder, der den Pittiplatsch gespielt und dessen | |
charakteristische Stimme erfunden hat, hatte die Figur schon zu DDR-Zeiten | |
auch viel live gespielt. Nach der Wende war er weiter auf Tour, bis er | |
gestorben ist. Das Ensemble suchte danach jemanden als Ersatz. Ich wurde | |
genommen und war über die Jahre immer mal wieder mit auf Tour beim Programm | |
„Pittiplatsch auf Reisen“. Dabei hab ich aber nicht nur den Pittiplatsch, | |
sondern auch Moppi, Herrn Fuchs und Frau Elster gesprochen. | |
Wie lernt man so besondere Stimmen? | |
So eine Stimme nachzuahmen, das geht ja erst einmal ziemlich schnell. Das | |
wirklich Schwierige ist, das dann permanent zu machen und dabei auf die | |
Stimme zu achten, dass man sie nicht kaputt macht. Und auch die Wechsel | |
zwischen verschiedenen Stimmen hinzubekommen, dass man darauf schnell | |
zugreifen kann, ohne sich erst groß „einsingen“ zu müssen – das ist dann | |
Training. | |
Mussten Sie sich der Figur für den Dreh der neuen Folgen noch einmal | |
nähern? Oder sind Sie schon längst Pittiplatsch? | |
(lacht) Im Vorfeld der Dreharbeiten habe ich mir noch mal alte Folgen | |
angeschaut und geübt, an die Vorlage heranzukommen. Man wird natürlich nie | |
ganz deckungsgleich sein … | |
… muss man das überhaupt? Die Puppe ist ja auch neu angefertigt worden. | |
Na ja, weil die alten Folgen noch im „Sandmännchen“ laufen, finde ich | |
schon, dass die Messlatte stimmlich hoch liegt. Und weil es ein Stückchen | |
DDR-Erbe ist. Das haben wir zuletzt am Medieninteresse und auch am | |
unglaublich großen Echo bei den Leuten gesehen. Jede Änderung wird | |
kommentiert. | |
Die Leute schauen genau hin. | |
Ja, und man spürt dann schon ein bisschen Verantwortung. Das ist eben nicht | |
nur einfaches Kinderpuppentheater, was wir da machen, es handelt sich dabei | |
um einen Teil der ostdeutschen Identität, auch wenn das jetzt etwas | |
hochtrabend klingt. Ich merke das auch an der Reaktion der Leute, wenn man | |
live spielt. Und es sind ja vor allem die Eltern und Großeltern, die ihre | |
Kinder und Enkel da hinbringen, die bräuchten den Pittiplatsch nun | |
vielleicht nicht mehr, weil es genug andere Angebote gibt. Aber für meine | |
und die älteren Generationen ist das etwas ganz Wichtiges. | |
Sind die neuen Folgen denn gut geworden? | |
Die Modernisierung erfolgte ja bei den Puppen und generell in der Ästhetik. | |
Pittiplatsch ist etwas beweglicher geworden, Moppi freundlicher. Das Dekor, | |
der ganze Look, ist frischer und moderner. Die Geschichten sind etwas | |
kürzer als früher, die Dramaturgie aber orientiert sich schon sehr stark an | |
dem Erbe. Dieser Kosmos des Märchenwalds, die Freundschaft zwischen den | |
drei Figuren, und dass am Ende trotz Streit oder Missgeschick immer eine | |
harmonische Lösung angeboten wird –, das bleibt ein Grundmerkmal der | |
Geschichten. | |
Und wird es weitere neue Folgen geben? | |
Ich hoffe, dass das keine Eintagsfliege bleibt. Ich glaube, wenn man diese | |
ganz kleinen Geschichten wie die von Pittiplatsch & Co. wieder aufnimmt, | |
kann man Menschen das Gefühl geben, das man das kulturelle Erbe nicht nur | |
archiviert, sondern auch weiter trägt. | |
13 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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