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# taz.de -- Biogemüse aus Spanien: Oft nicht wirklich bio
> Spanien ist Deutschlands größter Lieferant von Biotomaten. Dort werden
> sie zuweilen mit Kunstdüngern angebaut, die der Ökolandbau nicht erlaubt.
Bild: Es steht zwar bio dran, der Dünger aber ist mitunter fragwürdig
Berlin taz | Viele Biobauern in Südspanien benutzen offenbar synthetische
Dünger, die in der ökologischen Landwirtschaft verboten sind. Nach
taz-Recherchen lassen die Kontrollstellen in Andalusien mehrere Präparate
zu, die so viel Stickstoff enthalten, dass sie Experten zufolge nur
künstlich hergestellt werden können. Aus der Region kommen laut
Agrarmarkt-Informationsgesellschaft die meisten Biofruchtgemüse wie
Tomaten, Paprika und Gurken, die in Deutschland verkauft werden.
Stickstoff ist ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen, um die Fruchtbarkeit
zu erhalten. Doch wenn Bauern zu viel davon ausbringen, kann potenziell
gesundheitsschädliches Nitrat aus den Düngern Grundwasser belasten, aus dem
Trinkwasser gewonnen wird. Auch hohe Nitratgehalte [1][in Lebensmitteln]
können die Gesundheit gefährden. In der Umwelt trägt zu viel Dünger zum
Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei.
Deshalb müssen Biobauern laut [2][Öko-Verordnung] den Boden mit wechselnden
Arten bepflanzen. Der Anbau von Hülsenfrüchten etwa ist eine wichtige
Quelle, um auf natürlichem Weg den Boden mit Stickstoff anzureichern.
Synthetische Präparate und leicht lösliche Mineraldünger untersagt die
Vorschrift ausdrücklich. Das und die Begrenzung der Tierzahl pro Hektar
verhindern in der Praxis meist Überdüngung.
## Nur rund 15 Prozent Stickstoff im Ökolandbau
Doch die andalusische Biokontrollstelle Sohiscert hat [3][nach eigenen
Angaben] zum Beispiel den Dünger Nitromax zugelassen. Er enthält laut
Sohiscert 34 Prozent und laut dem Hersteller 30 Prozent Stickstoff. „Mit
den für den Ökolandbau zulässigen Substanzen ist bei circa 15 Prozent
Stickstoff Schluss“, schreibt Agraringenieur Rolf Mäder der taz, der am
Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) eine Liste über die in
Deutschland zulässigen Betriebsmittel führt.
Einen höheren Stickstoffgehalt könne man mit organischem Material wie
Hornmehl, Hornspänen oder anderen tierischen Produkten nicht erreichen. „Es
muss sich um einen rein synthetischen Dünger handeln, da er sogar einen
höheren Stickstoffgehalt als die gängigsten synthetischen Stickstoffdünger
wie Kalkammonsalpeter beziehungsweise Ammonsulfatsalpeter aufweist“, so
Mäder.
Das bestätigt auch Albrecht Benzing, Co-Geschäftsführer der bayerischen
Kontrollstelle Ceres: Seine Firma ziehe sich gerade aus Andalusien zurück,
„vor allem, weil die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Stellen zu so
niedrigen Preisen führt, dass eine Arbeit, die unseren
Qualitätsvorstellungen entspricht, nicht möglich ist“. Ceres habe sich
geweigert, Betriebsmittel-Zertifikate von SohisCert anzuerkennen.
Wenn Sohiscert ein Mittel für den Ökolandbau zulässt, akzeptieren das
normalerweise alle anderen Kontrollstellen, wie das für deren Aufsicht
zuständige Agrarministerium von Andalusien der taz mitteilt. Die größte
Biokontrollstelle in der Region, CAAE, bestätigt das. Alle Biobauern in der
autonomen Region mit der für den Obst- und Gemüseanbau so wichtigen Region
Almería dürfen also diese Dünger einsetzen.
Nitromax ist kein Einzelfall. Benzing hat bei einer Stichprobe auf der
Liste von Sohiscert mindestens einen weiteren Dünger mit seiner Meinung
nach unzulässig hohem Stickstoffgehalt gefunden: das Mittel Trixol, dessen
Stickstoffanteil Sohiscert mit 24, der Hersteller mit [4][15 Prozent]
angibt.
Beide Mittel waren auch Ende Oktober noch samt Sohiscert-Siegel erhältlich.
Jahrelang hatte die Kontrollstelle auch den Dünger Tryven mit laut
Hersteller [5][24 Prozent] Stickstoff zugelassen. Dagegen ist das
andalusische Agrarministerium laut Benzing erst nach einer Beschwerde durch
Ceres und die deutschen Behörden vorgegangen. Das 2016 von Sohiscert
erlaubte Präparat [6][MC Ecofoliar 30-0-0] enthielt sogar 30 Prozent
Stickstoff.
## Billige Dünger
Neben diesen eindeutigen Fällen sind noch viele andere Düngemittel
zugelassen, die laut Benzing zumindest verdächtig sind. „Flüssige
Blattdünger mit jeweils 3 bis 5 Prozent wasserlöslichem Stickstoff, Kalium
und Phosphor, wie sie hier in vielfachen Varianten angeboten werden, können
eigentlich nicht den Regeln entsprechen“, sagt der Biokontrolleur. Auf
keinen Fall entsprächen sie dem Grundprinzip des ökologischen Landbaus, die
Pflanzen über einen lebendigen und humusreichen Boden zu ernähren.
„Wenn die Kontrollstellen diese Mittel zulassen, werden diese auch von
vielen Bauern eingesetzt“, sagt Benzing. Denn mit diesen Düngern, die
billiger seien als organische, könnten die Landwirte mehr ernten. Eine
Laboranalyse eines deutschen Lebensmitteleinzelhändlers aus dem Jahr 2013
habe eine hohe Verdachtsquote ergeben. Laut Benzing entzog Ceres mindestens
einem spanischen Gemüsebauern das Biosiegel, weil er unzulässige Dünger
eingesetzt hatte.
Benzings Fazit: „Bei der ökologischen Obst- und Gemüseproduktion vor allem
im Süden Spaniens werden in größerem Umfang Düngemittel eingesetzt, die
nach der EU-Ökoverordnung schlicht verboten sind.“
3 Nov 2019
## LINKS
[1] https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nitrat_und_nitrit_in_leb…
[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32008R0889
[3] https://sohiscert.com/actualidad/guia-de-insumos/
[4] http://www.aldamushispania.es/?page_id=152
[5] http://muskram.com/wp-content/uploads/2018/04/TRYVEN.pdf
[6] https://plaguicidasandalucia.com/wp-content/uploads/2017/10/CATALOGO_MC_BIO…
## AUTOREN
Jost Maurin
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