# taz.de -- Biogemüse: Mit Gift und Siegel | |
> Bei Bioobst und -gemüse aus Italien findet ein deutsches | |
> Verbraucherschutzministerium Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. | |
Bild: Nicht in jeder Biokiste ist immer nur bio drin... | |
Vorsicht bei Biogemüse und Bioobst aus Italien - es könnte das Ökolabel zu | |
Unrecht tragen. Darauf hat an diesem Wochenende das Ministerium für | |
Ernährung und Ländlichen Raum in Baden-Württemberg hingewiesen. | |
Das lässt von vier chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern seit fünf | |
Jahren in einem bundesweit einzigartigen Ökomonitoring Biolebensmittel auf | |
ihre Belastung durch Pflanzenschutzmittel, Umweltgifte und andere | |
Schadstoffe untersuchen. Und dabei seien italienische Tomaten, Paprika und | |
Karotten stets besonders negativ aufgefallen. 12,7 Prozent des aus Italien | |
ins Ländle importierten Obstes und Gemüses hätten Rückstände von | |
unzulässigen Pflanzenschutzmitteln enthalten. Die auffällig hohe | |
Konzentration von Herbiziden in italienischen Möhren lässt das Ministerium | |
zu folgendem Schluss kommen: "Hier wird offensichtlich konventionelle Ware | |
vermehrt als Ökoware vertrieben." | |
Im Biolandbau ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden | |
verboten. Erlaubt ist lediglich eine Schädlingsbekämpfung mit Bakterien, | |
die zum Beispiel nur im Darm von Schmetterlingsraupen zu tödlichem Gift | |
werden. Auch Wirkstoffe des indischen Neem-Baums sind erlaubt, ferner | |
Seifen, Öle und Pilzsporen. Unkraut wird vor allem mechanisch entfernt. | |
Deshalb trägt ein Lebensmittel das Biosiegel zu Unrecht, wenn Pestizid- | |
oder Herbizidrückstände festgestellt werden, wie im Falle der italienischen | |
Karotten. "Dies ist nicht akzeptabel", schimpfte denn auch der zuständige | |
Landesminister Peter Hauck (CDU). "Ich erwarte, dass auch die Kontrollen im | |
Ausland besser werden." | |
Allerdings - zur Panik besteht kein Anlass. Den erstens ist selbst | |
italienisches Ökogemüse mit seiner Negativquote noch deutlich weniger | |
belastet als konventionelle Lebensmittel. Bei diesen hat Greenpeace in | |
seiner letzten Untersuchung in Supermärkten 25 Prozent der untersuchten | |
Proben wegen eines zu hohen Pestizidgehalts als nicht empfehlenswert | |
eingestuft. Und zweitens haben die Experten aus Baden-Württemberg für | |
Biogrünzeug aus anderen Ländern viel bessere Werte ermittelt. | |
So seien bei deutschem Obst und Gemüse nur 2,2 Prozent der Proben | |
fälschlicherweise als Bioprodukte gekennzeichnet gewesen. In der Rangliste | |
folgen die Biobauern aus Israel (3,3 Prozent), Spanien (4,3 Prozent) und | |
den Niederlanden mit 7,9 Prozent. Letztere schluderten vor allem bei | |
Zuchtpilzen. Insgesamt fanden die Experten in 5,6 Prozent aller Proben | |
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, die auf eine unzulässige Behandlung | |
oder eine Vermischung mit konventioneller Ware hinwiesen. | |
Entspannt zeigte sich das Ministerium mit Blick auf Milch, Fleisch und | |
Eier. Diese Produkte wiesen inzwischen nur noch "sehr geringe" Gehalte an | |
Umweltschadstoffen auf - und das unabhängig davon, ob der Bauer ökologisch | |
oder konventionell arbeitet. Der Grund: Die untersuchten Rückstände | |
stammten nicht aus der Produktion von Lebensmitteln, sondern kämen durch | |
die belastete Umwelt oder die Futtermittel in die Nahrungskette. Und | |
darunter hätten alle Landwirte gleich stark zu leiden. | |
Auch auf Rückstände von gentechnisch veränderten Organismen wurden in den | |
vergangenen fünf Jahren rund 300 Lebensmittel aus Soja und Mais getestet. | |
In keiner Probe sei eine Verunreinigung von mehr als 0,1 Prozent | |
festgestellt worden. Allerdings, so räumt das Ministerium ein, sei die | |
Gentechnik weltweit auch in der Landwirtschaft auf dem Vormarsch, auch wenn | |
sie um Europa noch einen Bogen mache. | |
Ebenfalls gering scheint die Gefahr zu sein, Ökotee zu kaufen, der entgegen | |
den Vorgaben radioaktiv bestrahlt wurde. Von 193 Proben seien nur vier | |
ayurvedische Tees mit entsprechenden Kräutern und Gewürzen beanstandet | |
worden. | |
30 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Stephan Kosch | |
## TAGS | |
Düngemittel | |
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