Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bio-Betrug: Italiens Bauern wehren sich
> Italienische Biobauern reagieren überrascht auf die Vorwürfe aus
> Deutschland, wonach mehr als 12 Prozent ihrer Produkte mit Pestiziden
> verseucht seien.
Bild: "Merkwürdig hoch" sei die Zahl der pestizidverseuchten Bioprodukte, sage…
ROM taz Als Andrea Ferrante, Präsident der Italienischen Vereinigung für
biologische Landwirtschaft AIAB, gestern von dieser Studie aus Deutschland
hörte, war er sehr überrascht. Es ging um eine Zahl, die das
baden-württembergische Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum am
Wochenende in Umlauf gebracht hatte: 12,7 Prozent des dort getesteten
italienischen Bioobstes und -gemüses sei mit Pestiziden verunreinigt.
Dementieren könne er diese Zahl natürlich nicht, sagt Ferrante, doch sie
erscheine ihm angesichts des engmaschigen Kontrollnetzes in Italien
"merkwürdig hoch".
Italiens Biobauern freuen sich Jahr für Jahr über kräftige Zuwachsraten -
Zuwachsraten, die sie nicht zuletzt dem Export nach Deutschland und anderen
Ländern nördlich der Alpen verdanken. 1,7 Milliarden Euro werden unter dem
Gütesiegel "Bio" jährlich umgesetzt, davon stammen 700 Millionen aus den
Lieferungen ins Ausland. Vor allem die deutschen Verbraucher treiben die
Nachfrage nach oben.
Die deutsche Kritik an der italienischen Bioproduktion kann Ferrante nicht
so recht nachvollziehen. Er nennt vier Gründe: Erstens müsse jedes als
"Bio" deklarierte Produkt von einer der 17 in Italien zugelassenen
Testierungsgesellschaften zertifiziert sein. Zweitens, so der
Ökofunktionär, würden 90 Prozent der Produkte von 10 dieser Gesellschaften
überprüft, die sich wiederum in einem Zertifizierungsverband
zusammengeschlossen und noch strengeren internen Prüfkriterien unterworfen
hätten.
Drittens seien die Carabinieri mit ihren Spezialeinheiten gegen
Lebensmittelbetrug sowie der staatliche Gesundheitsdienst ebenso mit
Prüftrupps unterwegs wie das Landwirtschaftsministerium. Und viertens habe
Italien das womöglich strengste Gesetz europaweit: "In Italien regelt das
Gesetz nicht nur den biologischen Anbau, sondern schreibt auch präzise vor,
wann ein Produkt sich biologisch nennen darf. Bei uns darf ein Produkt
schon dann nicht mehr das Biosiegel tragen, wenn Pestizide in einer
Konzentration von mehr als 0,01 ppm gefunden werden."
Nicht ganz so sicher, was die Kontrollen angeht, ist Daniela Sciarra vom
Umweltverband Legambiente. Natürlich bricht sie eine Lanze für die
italienischen Bioprodukte. Die seien "allemal besser und gesünder als die
Produkte der traditionellen Landwirtschaft". Doch dann fügt sie hinzu: Eine
seriöse Statistik über den Anteil verunreinigter Bioprodukte im Lande gebe
es schon deshalb nicht, weil die von staatlichen Ämtern gezogenen Proben zu
wenige seien, um als repräsentativ gewertet werden zu können.
Ein Einwand, den Paolo Pari, Marketingdirektor beim Biokonsortium
"Almaverde", beiseitewischt. 800 Landwirte vertreiben ihre Produkte unter
der Marke Almaverde in den Supermärkten und setzen gut 22 Millionen Euro
damit um. Pari gibt sich sicher, dass die Zertifizierung für das Biosiegel
die nötige Qualität garantiert. Ein Salatkopf von Almaverde sei letztes
Jahr von der deutschen Zeitschrift "Ökotest" unter die Lupe genommen und
mit "sehr gut" bewertet worden.
Nicht der Pfusch mit Pestiziden - der natürlich nie völlig auszuschließen
sei - sei die wirkliche Gefahr für die italienische Bioproduktion, meint
denn auch der AIAB-Präsident Ferrante, sondern der Druck der deutschen wie
der italienischen Supermarktketten auf die Produzenten. "Die Einkäufer
verlangen immer stärker nach einem homogenen Produkt, wo jeder Apfel gleich
auszusehen hat. Sie wollen immer stärker eine ganzjährige Verfügbarkeit von
eigentlich saisonabhängigen Produkten, und sie verlangen niedrige Preise,
das ganze aber bitte mit Ökosiegel."
31 Jul 2007
## AUTOREN
Michael Braun
Michael Braun
## TAGS
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schlag gegen Biobetrug: Erfolgreiche „Operation Gurke“
Ermittler in 16 EU-Staaten haben verdächtige Lebensmittel sichergestellt.
Angeblich 90.000 Tonnen „Öko“-Ware soll konventionell erzeugt worden sein.
Biogemüse: Mit Gift und Siegel
Bei Bioobst und -gemüse aus Italien findet ein deutsches
Verbraucherschutzministerium Rückstände von Pflanzenschutzmitteln.
Kommentar: Möhre mit Nachgeschmack
Einige schwarze Schafe machen mit Bio-Lebensmitteln schnelles Geld. Doch
Konsumenten müssen sich auf Biosiegel und Kontrollen verlassen können.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.