# taz.de -- Smartphones und Schlafstörungen: Wach vom bläulichen Licht | |
> Vor dem zu Bett gehen noch ewig ins Display zu starren kann die eigene | |
> Nachtruhe stören. Aber Computer und die richtigen Apps können auch | |
> helfen. | |
Bild: Keine gute Bettlektüre | |
Die Dosis macht das Gift. Ein Grundsatz, der bekanntlich für Medikamente, | |
Gummibärchen und Castingshows gilt. Und für Licht. Wer sich abends mit zu | |
viel davon umgibt, wird Schlafprobleme haben, da sind sich | |
Schlafforscherinnen und -forscher einig. Vor allem das bläuliche Licht, das | |
unsere Smartphones und Computer ausstrahlen, hält uns vom Schlafen ab. Es | |
gaukelt dem Körper nämlich vor, es sei Tag, indem es die Ausschüttung des | |
Schlafhormons Melatonin verzögert. | |
Kürzlich veröffentlichte [1][Ergebnisse eines niederländischen Experiments] | |
zeigten etwa, dass Menschen im Teenageralter früher einschlafen, wenn sie | |
abends ihre Smartphones, Tablets und Computer entweder gar nicht benutzen | |
oder dabei eine Brille tragen, die das bläuliche Licht herausfiltert. So | |
weit, so bekannt. | |
Aber natürlich ist das Verhältnis zwischen Schlaf und moderner Technik | |
komplizierter. Es könnte ja sein, dass die jungen Menschen aus der Studie | |
früher ins Bett gingen, weil ihnen ohne digitale Ablenkung langweilig war. | |
Hätten sie langfristig abends Handyverbot, würden ihnen vielleicht andere | |
Dinge einfallen, die sie ebenso vom Schlafen abhielten. Gummibärchen essen | |
oder an Castingshows teilnehmen etwa. Zudem wurden in dem Experiment nur 55 | |
Teenagerinnen und -teenager über einen Zeitraum von fünf Wochen untersucht. | |
## Onlinecoach für die Nachtruhe | |
Außerdem können Smartphones und Computer bei Schlafproblemen durchaus | |
behilflich sein. Eine Studie, die im September im [2][Fachjournal Sleep] | |
erschien, testete beispielsweise ein Onlineprogramm namens „[3][Sleepio]“. | |
Das bietet einen Onlinecoach, der mithilfe von kognitiver | |
Verhaltenstherapie die Nachtruhe verbessern soll, indem also Denk- und | |
Verhaltensmuster zum Thema Schlaf geändert werden. | |
In die Studie inkludiert wurden Menschen, die an Schlaflosigkeit litten. | |
Aus Insomnie entwickeln sich oft Depressionen, weshalb die Forscherinnen | |
und -forscher mutmaßten, dass die erfolgreiche Behandlung von | |
Schlaflosigkeit Depression vorbeugen könnte. Die Ergebnisse gaben ihnen | |
recht. Bei jenen Menschen, die das Programm durchliefen, gab es ein Jahr | |
später ein geringeres Risiko, an Depressionen zu leiden. | |
Und was ist mit Apps, die den Schlaf messen? Sie zeichnen auf, wie lange | |
und tief man schläft, und versprechen zudem, die Userin oder den User in | |
der richtigen Schlafphase zu wecken. Solchen Apps haben Forscherinnen und | |
Forscher im vergangenen Jahr ein vernichtendes Urteil ausgestellt. | |
Im Journal of Clinical Sleep Medicine wurden 73 Apps systematisch | |
beurteilt. Nur drei davon basierten auf klinischen Studien, in denen deren | |
Messergebnisse mit denen eines Polysomnografen verglichen wurden. Es zeigte | |
sich, dass das, was die Apps aufzeichneten, [4][ungenau] war. Die | |
[5][American Academy of Sleep Medicine] sieht im Einsatz von solchen Apps | |
dennoch einen Vorteil: Immerhin beschäftigen sich nun mehr Menschen mit | |
gesundem Schlaf – und würden sich dann eher ärztlicher Behandlung | |
unterziehen. | |
18 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ese-hormones.org/media/1885/sleep_light_stenvers_pr_final.pdf | |
[2] https://academic.oup.com/sleep/article/42/10/zsz150/5571183 | |
[3] https://www.sleepio.com/#howSleepioWorks | |
[4] http://jcsm.aasm.org/ViewAbstract.aspx?pid=31412 | |
[5] http://jcsm.aasm.org/ViewAbstract.aspx?pid=31278 | |
## AUTOREN | |
Anna Goldenberg | |
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