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# taz.de -- DAK-Report über Schlafstörungen: Schlaflos in Berlin
> Immer mehr Berliner haben Schlafprobleme. Schuld sind Stress und ständige
> Erreichbarkeit. Als Krankheit wird Insomnie selten diagnostiziert.
Bild: Berlin, die Stadt, die niemals schläft: Für die einen ist 356/24 Werbun…
Drei Uhr morgens. Dann vier Uhr, dann fünf. Ständig der Blick auf den
Wecker, um am Morgen dann wie gerädert in den Tag zu starten: Immer mehr
Menschen in Berlin leiden an ernsthaften Schlafproblemen. Das ergab der
jährliche [1][Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK].
Berlin ist eine dieser Städte, die sich gerne damit schmücken, niemals zu
schlafen. Ein schier unermessliches Kulturangebot, ein pulsierendes
Nachtleben, selbst Montagmorgens um acht Uhr ruft noch eine Party. Doch
schlaflos ist die Stadt auch in anderer Hinsicht: „76 Prozent der
Arbeitnehmer bei uns in Berlin kennen Probleme beim Ein- und
Durchschlafen“, sagt Volker Röttsches, Leiter der DAK-Landesvertretung in
Berlin bei der Vorstellung des Reports am Donnerstag. Hochgerechnet
bedeutet das: 1,25 Millionen Menschen. Und das hat Folgen für den Tag: Fast
die Hälfte der befragten Erwerbstätigen gibt an, ziemlich oft, meistens
oder immer müde zu sein – das sind sieben Prozent mehr als auf Bundesebene.
Insgesamt liegt die Hauptstadt aber nahe am bundesweiten Trend: Über ein
Drittel der befragten Berliner*innen hat mindestens drei mal pro Woche
Probleme, ein- oder durchzuschlafen. Ist zudem die Schlafqualität schlecht
und kommt es in der Folge zu Beeinträchtigungen während des Tages,
entspricht dies den diagnostischen Kriterien der Insomnie, einer
chronischen Schlafstörung. Der DAK-Bericht zeigt: Davon ist in Berlin etwa
jede*r zehnte Erwerbstätige im Alter von 18 bis 65 Jahren betroffen. Der
Anteil der Betroffenen hat sich seit der letzten Untersuchung im Jahr 2009
mehr als verdoppelt.
## Chronische Störungen
Wie gut die Berliner*innen nachts schlafen, hängt auch mit ihrer Tätigkeit
am Tag zusammen: Wer häufig unter starkem Termin- oder Leistungsdruck steht
oder häufig keine Pausen nimmt, leidet häufiger unter einer Insomnie. Unter
den Befragten, die angaben, häufig an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit
zu arbeiten, wiesen ganze 27 Prozent die Merkmale dieser chronischen
Schlafstörung auf.
Auch erhöhen ständige Erreichbarkeit per Handy oder Mail außerhalb der
Arbeitszeit das Risiko, an Insomnie zu erkranken. „Wer tagsüber schon nicht
zur Ruhe kommt, kann das auch nicht in der Nacht“, erklärt Susanne
Hildebrandt vom IGES-Institut, das die Untersuchung für die DAK
durchgeführt hat. „Viele Menschen haben nachts das Smartphone an der
Steckdose, können aber ihre eigenen Akkus nicht mehr aufladen“, sagt
Röttsches.
Nur mithilfe der Krankenkassendaten ist Schlaflosigkeit als
gesundheitliches Problem kaum identifizierbar. Die Betroffenenquote bei
Krankschreibungen wegen einer Schlafstörung liegt in Berlin bei etwa einem
Viertelprozent. 70 Prozent der Insomniker*innen gaben an, noch nie wegen
Schlafproblemen in Behandlung gewesen zu sein. Viele Menschen sind sich
nicht im Klaren darüber, dass es sich um ein ernsthaftes gesundheitliches
Problem handelt, bei dem ihnen ärztliche Hilfe tatsächlich zur Verfügung
stünde.
„Schlafstörungen sind als Krankheit nicht salonfähig“, sagt Thomas Penzel,
wissenschaftlicher Leiter des [2][Interdisziplinären Schlafmedizinischen
Zentrums an der Charité]. Und selbst wenn Patient*innen sich ärztliche
Hilfe suchen, steht auf der Krankschreibung selten die Diagnose
„Schlafstörung“: Schlafstörungen sind häufig Begleiterscheinungen
psychischer Erkrankungen wie Depression oder Burnout, und viele Hausärzte
sind dem Schlafexperten Penzel zufolge schlafmedizinisch nicht ausreichend
sensibilisiert.
„Die Leute kommen erst ganz zum Schluss zu uns in die schlafmedizinische
Ambulanz, wenn der Leidensdruck zu groß wird“, sagt Penzel. Dadurch
entstünden Wartezeiten von bis zu acht Monaten für einen Termin. „Wir
würden uns freuen, wenn Betroffene früher einen Arzt aufsuchen würden“,
sagt Röttsches. Dadurch könne früher gegengewirkt und ein schwerer Verlauf
der Krankheit abgewendet werden.
Denn Schlaflosigkeit kann schwerwiegende und langfristige Folgen haben: Die
Leistungsfähigkeit sinkt und das Risiko von Arbeitsunfällen steigt, ebenso
steigt das Risiko, an Depressionen oder Angststörungen zu erkranken. „Wir
müssen wieder lernen, dass Schlaf für unser Leben ein entscheidender Faktor
ist, um ausgeglichen, gesund und leistungsfähig zu sein“, sagt Röttsches.
„Schlaf ist keine verschenkte Zeit.“
11 May 2017
## LINKS
[1] https://www.dak.de/dak/landes-themen/gesundheitsreport-berlin-2017-1894566.…
[2] https://schlafmedizin.charite.de/
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Schlaf
Krankenkassen
Gesundheit
Stress
Kolumne Internetexplorerin
re:publica
Arbeitsschutz
Schlaf
Gesundheit
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