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# taz.de -- Neuer Film von Tom Sommerlatte: Wo zu Boney M. getanzt wird
> Tom Sommerlatte erkundet in seiner Balladenkomödie „Bruder Schwester
> Herz“ das Potenzial des Westerngenres in Ostdeutschland.
Bild: Fast wie im Hollywoodkino: Lilly (Karin Hanczewski), Franz (Sebastian Fr�…
Franz und Lilly sind Geschwister mit eingespielten Rollen. Er reitet
tagsüber, mal mit, mal ohne seine Schwester, über das von den Eltern
geerbte Weideland, versorgt die Rinder, die sie züchten, im Stall, ist
ansonsten gern großer Junge. Sie ist in der Persönlichkeitsentwicklung
einen kleinen Schritt weiter, kümmert sich um den Verkauf des Fleischs,
hält insgesamt den Laden zusammen. Der läuft nicht besonders, dafür haben
die beiden dort viel Ruhe und verstehen sich gut, fast zu gut.
Franz und Lilly sind Cowboy und Cowgirl. In der Gegenwart. Und irgendwo in
der brandenburgischen Provinz. Eine Autobahn grenzt an ihre Ländereien, im
Übrigen beschränkt sich die nähere Zivilisation auf die Dinge, die ihr Dorf
zu bieten hat. In diesem Fall ist das für die Geschwister vor allem die
Kneipe, wo man gern gegen den erfolgreichen Kartoffelbauern im Billard
gewinnt. Im Team, wohlgemerkt.
„Bruder Schwester Herz“ ist der zweite Spielfilm von Tom Sommerlatte nach
„Im Sommer wohnt er unten“ von 2015. Sein Debütfilm erzählte ebenfalls von
einer Beziehung zwischen Geschwistern, in dem Fall Brüdern, und hatte mit
Karin Hanczewski und Sebastian Fräsdorf sogar dieselben Hauptdarsteller.
Die tragen in „Bruder Schwester Herz“ maßgeblich das Geschehen. Was keine
Kleinigkeit ist, denn viel passiert da nicht unbedingt.
Als eines Abends der Musiker Chris im Dorf auftritt und das gesteigerte
Interesse von Lilly weckt, gerät die Eintracht zwischen ihr und Franz ins
Wanken. Chris, gespielt von Godehard Giese, der ebenfalls schon in
Sommerlattes erstem Spielfilm mit dabei war, stört in Franz’ Augen seine
Routine und das Kräfteverhältnis mit Lilly, ist der Bruder selbst doch
ziemlich konsequenter Single mit allenfalls kurzen Eroberungen am Rand.
## Wichtig ist das, was eher nicht passiert
In „Bruder Schwester Herz“ ist allerdings gar nicht so wichtig, was
passiert, sondern wie das, was passiert oder eher nicht passiert, von den
Protagonisten verkörpert wird. Da ist einerseits die postpubertäre
Mackerigkeit von Sebastian Fräsdorfs Franz, der bei allem vermeintlichen
In-sich-Ruhen nicht recht weiß, wohin mit seiner Kraft, und andererseits
der in sich hineingefressene Überdruss an der ländlichen Monotonie, den
Karin Hanczewski in ihre Lilly legt, eine Frau in Cowboystiefeln,
schlagfertig und die zur Not auch richtig zuzulangen weiß.
Eine weitere starke Figur ist Jenny Schilys Sophie, die beim Verkauf hilft
und in ihrer verhärmten Piefigkeit so ziemlich das Gegenteil des
Lebensentwurfs von Franz und Lilly markiert. Fast zu entspannt, darin aber
genau richtig schließlich Godehard Giese als Chris, der als „Stadtindianer“
schon äußerlich einen Gegensatz zu den brandenburgischen Cowboys markiert,
der verdeutlicht: Er gehört dort nicht hin.
Die ruhige Handlung wird von einer ruhigen Kamera festgehalten, die lange
Einstellungen bevorzugt. Schnell muss es hier fast nie zugehen. Es sei
denn, man muss rasch noch jemanden zum Abschied mit dem Pferd einholen.
10 Oct 2019
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Deutscher Film
Neo-Western
Spielfilm
Oktoberfest
Animation
Schwerpunkt Berlinale
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