# taz.de -- Gute Polizisten: Höfliches Katz- und-Maus-Spiel | |
> Bei der Räumung der Blockade des Potsdamer Platzes überbieten sich | |
> Blockierer und Polizisten in Sachen Freundlichkeit. | |
Bild: Aber bitte gaaaanz vorsichtig: Beamte räumen Blockierer ab | |
BERLIN taz | Das Inforadio ist am Dienstagmorgen etwas voreilig: Die | |
Blockade von Extinction Rebellion (XR) am Potsdamer Platz, die am | |
Montagmittag begonnen hatte, sei geräumt, heißt es da um kurz nach neun | |
Uhr. Zu diesem Zeitpunkt sitzen aber noch 13 Blockierer mitten auf der | |
Kreuzung, um sie herum Dutzende Polizisten und eine Absperrung. | |
Jenseits der Hamburger Gitter harren etwa 100 UnterstützerInnen im stärker | |
werdenden Regen aus, singen Durchhalteparolen und zeigen Solidarität. Erst | |
um kurz vor elf gelingt es der Polizei, den letzten Blockierer, der sich | |
mit Leim an einem wabenförmigen Holzregal festgeklebt hatte, abzuführen. | |
An diesen Protesten ist manches bemerkenswert. Zum einen der Hass und die | |
Verachtung, die den KlimaaktivistInnen in sozialen Netzwerken wie Twitter | |
zum Teil entgegenschlagen, ebenso ReporterInnen, die darüber berichten. Und | |
zwar nicht nur von genervten AutofahrerInnen. Auf der anderen Seite erfreut | |
man sich als Beobachterin an den friedlichen Umgangsformen, die | |
PolizistInnen und DemonstrantInnen pflegen – offenkundig ein Ergebnis der | |
XR-Deeskalationsstrategie. | |
Deren Credo: absolut keine Gewalt, alles mit der „Gegenseite“ kommunizieren | |
und ihr signalisieren, dass man ihren Standpunkt respektiert. Auch am | |
Potsdamer Platz ist in Richtung der Polizisten oft zu hören, man wisse ja, | |
dass die BeamtInnen nur ihren Job täten. | |
## Die Höflichkeit färbt ab | |
Das färbt ab. „Bei Ihnen alles in Ordnung?“, erkundigt sich ein Beamter bei | |
zwei Aktivisten, deren Arme in einem Rohr an der Achse einer rosafarbenen | |
Kutsche angekettet waren. Und legt im Weitergehen einem von ihnen die | |
verrutschte Wärmefolie über die Schulter. Ein anderer Beamter warnt zwei | |
Blockierer, die an eine Badewanne gekettet sind, als sein Kollege beginnt | |
bei der Wanne daneben den Beton aufzubohren: „Achtung, jetzt kommen | |
Splitter!“ | |
Immer wieder aufs Neue anrührend sind die Kommunikationsformen von | |
Protestlern: vieles, was von der Occupy-Bewegung entwickelt worden ist, hat | |
XR übernommen. Etwa das Schütteln der Handgelenke als Zeichen von | |
Zustimmung. Oder – besonders schön – der „Mic Check“: Eine Person sagt | |
etwas in kurzen Halbsätzen, die Menge wiederholt es Wort für Wort, sodass | |
sich die Information weiterverbreitet. „Ich weiß jetzt auch nicht, was ich | |
davon halten soll, aber der Kontaktbeamte der Polizei sagt, man könne die | |
Plane, die wir halten, nicht mehr dulden, weil sie zu zeltähnlich sei.“ Der | |
Satz tönt sinngemäß tatsächlich am Dienstag über den Potsdamer Platz – u… | |
entlockt sowohl PolizistInnen wie DemonstrantInnen ein Schmunzeln. | |
Dass beide Seiten in den kommenden Tagen noch mehr voneinander lernen | |
werden, steht außer Frage. Weiterhin harrten am Dienstag bei | |
Redaktionsschluss Hunderte AktivistInnen am seit Montag früh blockierten | |
Großen Stern aus. Dazu kommt nun die Taktik der ablenkenden „Nadelstiche“: | |
Kurz nach der Räumung des Potsdamer Platzes blockieren etwa 30 | |
Aktivistinnen mit einem „swarming“ die Kreuzung Leipziger Ecke | |
Friedrichstraße – sprich: setzen sich bei Rot vor die Autos. | |
Das Ganze hält zwar nur wenige Minuten, dann haben die Beamten die | |
Protestler weggetragen. Aber auch die Moabiter Brücke wird gegen Mittag | |
stillgelegt, wie ein Twitter-Video zeigt. Bleibt zu hoffen, dass bei diesem | |
Katz-und-Maus-Spiel beide Seiten die Nerven behalten. | |
8 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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