# taz.de -- Pariser Klimamarsch im Tränengasnebel: Brutaler Einsatz gegen Demo | |
> Mit großer Härte ging die Polizei in Paris gegen ein Zusammengehen von | |
> sozialen und Klimaschutzbewegungen vor. Verhindern konnte sie es nicht. | |
Bild: Die Polizei ging in Paris gegen die Klimademonstranten auch mit Tränenga… | |
PARIS taz | Nach dem [1][Klimamarsch am Samstag] müssen sich die | |
Organisatoren und die Tausenden, die gekommen waren, fragen, ob sie künftig | |
noch demonstrieren können, dürfen, sollen. Am Freitag waren in Paris mehr | |
als 10.000 Jugendliche zum weltweiten Klimastreik ungehindert auf die | |
Strasse gegangen um entschlossen, aber gewaltlos für dringende Maßnahmen | |
gegen die Erderwärmung zu fordern. Doch am Samstag mündete ein von | |
verschiedenen Umweltgruppen organisierter Klimamarsch mit mehr als 30.000 | |
Teilnehmenden, an dem sich auch „Gilets jaunes“ beteiligen wollten, schon | |
fast von Beginn weg in ein gewaltsames Chaos. | |
Da die Polizei nach ersten Zusammenstößen mit dem Schwarzen Block, der auf | |
dem Boulevard Saint-Michel Fassaden von Banken und Geschäften attackierte | |
und Motorräder in Brand steckte, bald wahllos Tränengas auf die | |
Demonstranten feuerte und gleichzeitig alle Seitenstraßen abriegelte, | |
befanden sich Tausende nach dem Beginn der Kundgebung am frühen Nachmittag | |
ohne Fluchtmöglichkeiten in der Falle. | |
In einem Communiqué protestierten die Organisatoren später gegen die | |
„unerhörte Repression“: „Wir sind entsetzt über die Entscheidung der | |
Regierung, die Zehntausende von Teilnehmern einer angekündigten und von den | |
Behörden bewilligten Demonstration in Gefahr gebracht hat. Dies ist ein | |
Zeichen für eine zunehmende Bedrohung unserer Grundfreiheiten und für die | |
Absicht der Regierung, Angst unter den Gegnern ihrer Politik zu säen und so | |
die soziale Bewegung zu zerbrechen“, schreiben Attac, Greenpeace, 350.org, | |
CRID, Notre Affaire à tous, Le Mouvement – Il est encore temps und | |
ANV-COP21 & Alternatiba. | |
## Keine Bedingungen für friedlichen Protest | |
Auf Twitter forderte Greenpeace France, empört über das Vorgehen der | |
Ordnungskräfte, kurz darauf die Leute auf, die Demonstration – wenn möglich | |
– zu verlassen. Denn wenn Familien und andere gewaltlos Demonstrierende mit | |
Tränengas beschossen würden, seien die Bedingungen für einen friedlichen | |
Protest nicht mehr gegeben. Später kam der Demonstrationszug doch noch in | |
Bewegung. Begleitet von Konfrontationen und zahlreichen Festnahmen | |
erreichte er auch das Ziel in der Nähe der Bibliothek François Mitterrand, | |
wo Umweltaktivisten eine Brücke besetzten und drei Spruchbänder anbrachten, | |
auf denen unter anderem auch Emmanuel Macrons [2][Klimapolitik als | |
heuchlerisch] verurteilt wurde. | |
Parallel dazu gingen die Auseinandersetzungen in verschiedenen Teilen der | |
Stadt weiter. Dabei wurden auch völlig Unbeteiligte in Mitleidenschaft | |
gezogen. Im Online-Magazin Médiapart berichtet ein Fotojournalist, dessen | |
Helm von der Polizei (widerrechtlich) beschlagnahmt wurde, von Szenen in | |
der Nähe des Bahnhofs Saint-Lazare: „Die Polizisten haben uns verfolgt. Wir | |
waren in einem Tränengasnebel, es drang Tränengas bis in die Gänge der | |
Metro 14. Kinder weinten, alte Leute mussten rennen. Wir konnten zuletzt in | |
eine Metro springen.“ | |
Am Abend gelang es etwa 2.000 Menschen auf den Bastille-Platz für das Klima | |
zu demonstrieren, später kam es auf den Champs-Elysées noch zu | |
Konfrontationen zwischen Gelbwesten und der Polizei, die nach eigenen | |
Angaben insgesamt 163 Personen festgenommen und davon 120 inhaftiert hat. | |
An diesem Samstag hatten die Behörden eine „Konvergenz“ verschiedener | |
Protestbewegungen in der Hauptstadt befürchtet und ein enormes Aufgebot an | |
Ordnungskräften bereit gestellt. | |
## 45. Mobilisierung der „Gilets jaunes“ | |
Am selben Tag nämlich waren gewerkschaftliche Demonstrationen gegen die | |
geplante Rentenreform, eine 45. Mobilisierung der „Gilets jaunes“ sowie der | |
Klimamarsch der Umweltorganisationen vorgesehen, die sich zum Teil auf der | |
Strasse vereinen wollten. Für zahlreiche Quartiere, namentlich auf der | |
symbolischen Avenue der Champs Elysée und rund um Regierungsgebäude war wie | |
bei den früheren Demonstrationen der „Gelbwesten“ ein Versammlungsverbot | |
erlassen worden. Schon am frühen Morgen kontrollierten und durchsuchten die | |
Beamten Leute, die für sie wie mögliche Demonstranten aussahen. | |
Den Beginn einer „Konvergenz“ der sozialen und umweltpolitischen Bewegungen | |
konnte die Regierung nicht verhindern. In Paris und auch in anderen | |
Städten, haben insgesamt 150.000 Menschen für das Klima demonstriert. In | |
ihren Reihen sah man auch Menschen mit gelben Westen und roten | |
Gewerkschaftsfahnen. | |
22 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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