| # taz.de -- Parlamentswahl in Israel: Keine Mehrheit für niemanden | |
| > Auch bei der zweiten Knesset-Wahl in diesem Jahr gibt es keinen | |
| > eindeutigen Sieger. Für den bisherigen Premier Netanjahu dürfte es eng | |
| > werden. | |
| Bild: One dog, one vote? Szene aus einem Wahllokal in Rosh Haayin, Israel, am D… | |
| Jerusalem taz | Es ist das schlechteste Ergebnis für Benjamin Netanjahu | |
| seit seiner Niederlage 1999 gegen Ehud Barak, und doch ist noch alles | |
| offen. Nach Auszählung von gut 90 Prozent der Stimmen ergibt sich eine | |
| erneute Pattsituation nach Israels Parlamentswahlen am Dienstag. 32 Mandate | |
| für den Likud des noch amtierenden Regierungschefs Netanjahu, 33 für seinen | |
| Gegner Benny Gantz vom Mitte-links-Bündnis Blau-Weiß lautet das vorläufige | |
| Ergebnis. | |
| Dasselbe Bild zeigt sich bei den zwei Blöcken: die rechten und religiösen | |
| Parteien kommen insgesamt auf 56 Sitze (von 120 in der Knesset) und die | |
| [1][Mitte-links-Parteien] zusammen mit den Arabern und Antizionisten auf 55 | |
| Mandate. Als Königsmacher gilt Avigdor Lieberman, Chef der | |
| weltlich-nationalen Partei Israel Beteinu (Israel ist unser Heim) mit neun | |
| Mandaten. An Lieberman scheiterte Netanjahu nach den Wahlen im April mit | |
| seiner Mission, eine Koalition zu bilden. Die Forderungen des strikt | |
| weltlichen Politikers waren nicht mit Netanjahus ultraorthodoxen Partnern | |
| unter einen Hut zu bringen. | |
| Große Freude herrschte in der Nacht zum Mittwoch bei der | |
| [2][arabisch-antizionistischen Vereinten Liste]. Die Links-außen-Partei | |
| gewann mit mindestens 12 Mandaten zwei Sitze mehr als bei den letzten | |
| Wahlen. „Wir schicken diesen Hetzer (Netanjahu) nach Hause“, jubelte Ayman | |
| Odeh, Chef der Vereinten Liste, und bedankte sich für die überraschend | |
| lebhafte Wahlbeteiligung im arabischen Sektor. Odehs Parteifreund Achmad | |
| Tibi konnte seine Schadenfreude nicht verbergen. Jetzt könne „Netanjahu | |
| nach Hause oder ins Gefängnis galoppieren“, sagte Tibi in Anspielung an die | |
| Warnung Netanjahus bei einer früheren Wahl, vor den Arabern, „die in Horden | |
| zu den Wahlurnen galoppieren“. Tibi kommentierte das Ergebnis erleichtert: | |
| „Die Ära Netanjahu ist zu Ende.“ | |
| So schnell will Netanjahu indes nicht seinen Hut nehmen. Wahrscheinlich | |
| ist, dass Staatspräsident Reuven Rivlin zunächst den Chef von Blau-Weiß mit | |
| der Regierungsbildung beauftragen wird. Benny Gantz strebt eine Große | |
| Koalition mit dem Likud an, stellt jedoch zur Bedingung, dass Netanjahu | |
| geht. Eine Meuterei im Likud wäre nach zwei unentschieden augegangenen | |
| Wahlen, gepaart mit den Anklagen, die Netanjahu in mehreren | |
| Korruptionsfällen drohen, nur zu logisch. Noch hält die Partei jedoch fest | |
| zu ihrem Chef. Gantz wird versuchen, mit dem Versprechen auf Ministerposten | |
| Likud-Abtrünnige in sein Lager zu locken. | |
| ## Theoretisch ginge es auch ohne den Likud | |
| Scheitert Gantz an der Regierungsbildung, wird Netanjahu umgekehrt | |
| versuchen, das Bündnis von Blau-Weiß zu knacken und Jair Lapid, der sich | |
| mit seiner Zukunftspartei erst Anfang des Jahres dem Bündnis von Benny | |
| Gantz anschloss, für seine rechte Koalition zu gewinnen. Lapid saß in der | |
| Vergangenheit kurzfristig als Finanzminister in einer Regierung unter | |
| Netanjahu. Allerdings war eins der zentralen Wahlversprechen von Blau-Weiß | |
| an die Wähler, dass das Bündnis von Blau-Weiß auch nach den Wahlen bestehen | |
| bleibt. | |
| Theoretisch wäre eine Regierung unter Gantz auch ohne den Likud möglich. | |
| Dazu müsste es dem früheren Generalstabschef gelingen, die arabische | |
| Vereinte Liste mit den nationalen Avigdor Lieberman zum Zusammengehen zu | |
| bewegen. Eine schwierige Mission, denn Lieberman sind Israels Araber so | |
| verhasst wie die Ultraorthodoxen, und auch umgekehrt lehnen die Vertreter | |
| der arabischen Minderheit ein Zusammengehen mit dem Nationalisten ab. | |
| Lieberman ist eigentlich nur mit einer Großen Koalition kompatibel. Darauf | |
| hofft er, wenn es sein muss, auch mit Netanjahu. Eine „weltliche Regierung“ | |
| wünscht er sich, ohne das Zutun der frommen Politiker und natürlich ohne | |
| die Araber, die seit Staatsgründung noch nie mitregieren durften. | |
| 18 Sep 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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