| # taz.de -- Israel nach der Wahl: Groko, Groko oder keine Groko? | |
| > Sowohl Wahlsieger Gantz als auch Netanjahu fordern eine | |
| > „Einheitsregierung“. Doch die große Frage ist: Welche Rolle spielt | |
| > Netanjahu darin? | |
| Bild: Wechseln sich die beiden in Zukunft einfach ab? Netanjahu (r.) und Gantz,… | |
| Berlin taz | Nach der Parlamentswahl in Israel haben sowohl Regierungschef | |
| Benjamin Netanjahu (Likud) als auch sein Herausforderer Benny Gantz | |
| (Blau-Weiß) zur [1][Bildung einer Regierung der nationalen Einheit | |
| aufgerufen]. „Benny, wir müssen eine breite Einheitsregierung aufstellen“, | |
| sagte der Regierungschef. „Die Nation erwartet von uns beiden, | |
| Verantwortung zu zeigen und dass wir zusammenarbeiten.“ | |
| Doch so einfach wird es nicht. Das Konzept „Einheitsregierung“ ist momentan | |
| nur der kleinste gemeinsame Nenner, nachdem die Israelis in der | |
| Parlamentswahl am Dienstag erneut für ein Patt gesorgt haben: Weder ein | |
| Rechtsbündnis unter Netanjahus Likud noch ein Mitte-links-Bündnis unter | |
| Wahlsieger Benny Gantz haben eine regierungsfähige Mehrheit in der Knesset. | |
| Die große Frage nun ist, [2][ob die Ära Netanjahu zu Ende geht]. Ein volles | |
| Jahrzehnt hielt er sich ununterbrochen an der Macht. Ein Ende der | |
| politischen Karriere Netanjahus ist möglich, aber bei weitem nicht | |
| garantiert. Hier sind die denkbaren Optionen: | |
| Groko mit den Frommen | |
| Das schwebt Netanjahu vor. Eine solche „Einheitsregierung“ aus Likud, | |
| Blau-Weiß und den traditionellen Likud-Verbündeten, den ultraorthodoxen | |
| Parteien Schas und UTJ, hätte rechnerisch eine komfortable Mehrheit. | |
| Das Problem: Gantz hat eine Große Koalition unter Netanjahus Führung | |
| ausgeschlossen. Und Netanjahu hat bislang nicht signalisiert, den Hut zu | |
| werfen und Platz zu machen für einen oder eine NachfolgerIn an der Spitze | |
| des Likud. Denkbar wäre, dass Netanjahu als Minister in der Regierung | |
| bleibt und Gantz als Regierungschef akzeptiert. Eine andere Variante wäre | |
| das Rotationsprinzip: Gantz und Netanjahu wechseln sich als Regierungschef | |
| in einer Großen Koalition ab. | |
| Groko mit Lieberman | |
| Ein Zusammengehen von Likud, Blau-Weiß und Israel Beitenu, der Partei des | |
| ehemaligen Verteidigungsministers Avigdor Lieberman wäre machbar. Es wäre | |
| das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die ultraorthodoxen Parteien nicht | |
| Teil einer Regierungskoaltion sind. | |
| Das Problem: Siehe oben. Gantz will zwar eine Regierung mit dem Likud, | |
| nicht aber mit Netanjahu bilden. | |
| Mitte-Links-Koalition ohne Netanjahu | |
| Benny Gantz könnte eine Koalition ohne den Likud anstreben und so | |
| Regierungschef werden. Netanjahu nähme den Hut. Eine Mitte-Links-Koalition | |
| mit Blau-Weiß, der Arbeitspartei, der Demokratischen Union und der | |
| Vereinten Liste, einem Zusammenschluss hauptsächlich arabischer Parteien, | |
| käme allerdings nur auf 57 Mandate und bliebe unter der erforderlichen | |
| Mehrheit von 61 der 120 Knesset-Sitze. Es bräuchte also: Liebermans Israel | |
| Beitenu. | |
| Das Problem: Der Nationalist Lieberman und die arabische Vereinte Liste | |
| sind sich spinnefeind. Und auch Gantz hat eine Koalition mit der Vereinten | |
| Liste ausgeschlossen. | |
| Rechte Koalition ohne Gantz | |
| Sollte Gantz mit einer Regierungsbildung scheitern, könnte erneut Netanjahu | |
| von Staatspräsident Reuven Rivlin mit der Aufgabe beauftragt werden. Der | |
| rechts-religiöse Block aus Likud, dem Jamina-Parteienblock unter Führung | |
| von Ex-Justizministerin Ajelet Schaked und den ultraorthodoxen Parteien | |
| Schas und UTJ käme aber nur auf 55 Mandate. In diesem Fall könnte Netanjahu | |
| versuchen, das Blau-Weiß-Bündnis von Benny Gantz und Jair Lapid zu spalten | |
| und Lapid für seine rechte Koalition zu gewinnen. | |
| Das Problem: Blau-Weiß hat vor der Wahl fest versprochen, dass das Bündnis | |
| bestehen bleibt. | |
| Wie geht es weiter? | |
| Ab Sonntag will sich Rivlin mit Vertretern der in der Knesset vertretenen | |
| Parteien treffen. Wahrscheinlich wird er zunächst Gantz mit der | |
| Regierungsbildung beauftragen. Gantz hätte dann sechs Wochen Zeit, um eine | |
| Koalition auf die Beine zu stellen. Die Frage wäre dann, ob sich Gantz und | |
| Netanjahu ohne Gesichtsverlust vor ihren WählerInnen einigen können (etwa | |
| unter Verweis auf das Rotationsprinzip). | |
| Sollte Gantz keine Koalitionsbildung gelingen – weil Netanjahu eine Große | |
| Koalition beispielsweise nur unter seiner Führung eingehen würde – ginge | |
| der Auftrag der Regierungsbildung doch noch einmal an Netanjahu. Der hätte | |
| dann nur noch vier Wochen Zeit, bevor es wieder zu einer Neuwahl käme. | |
| Sind Neuwahlen eine Option? | |
| Ja, allerdings wäre es die [3][dritte Parlamentswahl innerhalb eines | |
| Jahres] und das will in Israel wohl niemand. Fraglich wäre auch, ob das | |
| Ergebnis deutlich anders ausfallen würde. Womöglich stünden die Israelis | |
| nach einer Neuwahl ein drittes Mal vor einem Patt. | |
| 19 Sep 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jannis Hagmann | |
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