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# taz.de -- Parlamentswahl in Israel: Kampf der Gladiatoren
> Israels Parlamentswahl am heutigen Dienstag dreht sich nur um ein Thema:
> Benjamin Netanjahu. Für den Premier wird es verdammt knapp.
Bild: Auf Stimmenfang bei Siedlern im Westjordanland: Netanjahu am Sonntag in M…
Jerusalem taz | Ein knappes Rennen steht Israel bei der Parlamentswahl am
heutigen Dienstag bevor. Umfragen deuten auf eine erneute Pattsituation
zwischen Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud) und seinem
Herausforderer, dem früheren Generalstabschef Benny Gantz (Blau-Weiß).
Die Wähler bleiben sich den Umfragen zufolge treu. Entscheidend für den
Ausgang ist also nicht die Frage, wer seine Meinung geändert hat, sondern
wie viele Wähler zum zweiten Mal in diesem Jahr für ihre Stimmabgabe zu
motivieren sind.
Netanjahu [1][scheiterte im April an der Bildung einer Koalition], nachdem
ihm der weltlich-nationalistische Avigdor Lieberman (Israel Beteinu) einen
Strich durch die Rechnung machte. Auch diesmal dürfte es ohne Lieberman
extrem eng werden für Netanjahu.
Jeweils 32 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset (Parlament) sagen die
Umfragen dem Likud sowie Blau-Weiß voraus. Im rechten Lager kommen die zwei
ultraorthodoxen Parteien zusammen mit der Rechts-außen-Partei Jamina (Nach
rechts) auf 24 Mandate. Das macht insgesamt 56, doch Netanjahu braucht 61
Abgeordnete für eine Koalition.
Bis zum Schluss kämpft die offen rassistische Partei Otzma Jehudit
(Jüdische Macht) mit der Sperrklausel von 3,25 Prozent. Schafft sie es und
halten die Umfragen, was sie versprechen, würde Netanjahu noch immer ein
Mandat fehlen. Schafft sie es nicht, kann Netanjahu gleich aufgeben.
## Große Koalition ohne Netanjahu
Konkurrent Benny Gantz hofft auf eine Meuterei im Likud. Eine Große
Koalition ist seine einzige Chance, um das Zepter in die Hand zu nehmen.
„Eine weltliche Regierung“ von Blau-Weiß und Likud – ohne Zutun der
ultaorthodoxen Parteien und natürlich ohne Netanjahu.
Staat und Religion war eins der zentralen Wahlkampfthemen. Sollte Netanjahu
an einer Mehrheit scheitern, bliebe nach aktuellem Stand tatsächlich nur
ein Zusammengehen von Likud und Blau-Weiß oder eine dritte Parlamentswahl,
und die will keiner.
Noch hält die Likud-Partei aber treu zu Netanjahu. Persönliche Interessen
und Opportunismus halten die Führungsliga bei der Stange – trotz der
schweren Korruptionsvorwürfe und drohender Anklagen gegen den Chef.
Netanjahu legte einen beachtlichen Endspurt an den Tag. Es geht um sein
politisches Überleben. Nur als Regierungschef kann er ein Gesetz
durchsetzen, das ihm Immunität verschafft und so vor Prozessen und
möglicherweise dem Gefängnis bewahrt.
Unermüdlich hielt er das Land mit immer neuen dramatischen Ankündigungen
auf Trab und sorgte so dafür, dass die Korruptionsaffären letzthin kaum
noch Erwähnung in den Medien fanden.
Netanjahu brachte ein Gesetz für die Anbringung von Kameras in arabischen
Wahlstationen in der Knesset zur Diskussion. Immer wieder spricht er vom
„Wahlbetrug der Araber“. Seine [2][Annexionspläne des Jordantals], die
Ankündigung, eine wilde Siedlung bei Jericho zu legalisieren, und
schließlich das geplante Verteidigungsabkommen mit den USA gehören zu den
Schlagzeilen der letzten Tage.
## Netanjahu will Araber nicht in der Regierung
Netanjahu warnt vor einer „linken Regierung“ unter Gantz, die mit den
Arabern zusammengehen würde. Der Chef von Blau-Weiß schließt eine Koalition
[3][mit der arabisch-antizionistischen Vereinten Liste] indes grundsätzlich
aus.
Der Kampf der beiden Gladiatoren scheut auch nicht vor dem Angriff gegen
potenzielle Verbündete zurück. „Wählt nicht Jamina, wählt nicht Otzma
Jehudit“, appelliert Netanjahu in einem Kampagnenvideo an die Wähler,
„sondern Likud.“
Netanjahu solle „mit dem Kannibalismus im eigenen Lager“ aufhören, kontert
Jamina-Chefin Ajelet Schaked. Offensichtlich empfindet Netanjahu „eine
tiefe Ablehnung gegen mich persönlich“, sagt Schaked und deutet an, dass
Sara Netanjahu, die Frau des Regierungschefs, hinter den Angriffen steckt.
Auch Blau-Weiß zielt nicht nur ins gegnerische rechte Lager, sondern
unterstellt dem Bündnis von [4][Arbeitspartei und Gescher (Brücke)], es
würde im Zweifelsfall einer Koalition mit Netanjahu zustimmen, um ihm „eine
Brücke zu den 61 Mandaten“ zu bauen. Ein Vorwurf, den Amir Peretz, Chef der
Sozialdemokraten, empört von sich weist.
17 Sep 2019
## LINKS
[1] /Neuwahl-in-Israel/!5599297
[2] /Netanjahus-Annexionsplan/!5622468
[3] /Israels-Araber-vor-den-Wahlen/!5622841
[4] /Parlamentswahl-in-Israel/!5622812
## AUTOREN
Susanne Knaul
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Israel
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Kommentar
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