# taz.de -- Kinderwelten im Jüdischen Museum: Die Arche steht schon | |
> Baustellenbesichtigung: Im ehemaligen Blumengroßmarkt eröffnet das | |
> Jüdische Museum Berlin im Mai 2020 das Kindermuseum „Anoha“. | |
Bild: Der Architekt Alan Maskin bei der Baustellenbesichtigung | |
Äußerlich erinnert dieses Gebäude nicht nur an die Blumengroßmarkthalle. Es | |
sieht akkurat so aus wie dieser Sechziger-Jahre-Bau. Irgendwie hässlich, | |
grau, ein farbloser Fleck inmitten des Viertels, das Südliche | |
Friedrichstadt heißt und in dem seit 2018 auch das neue taz-Haus steht. Die | |
vielen stylishen Bauten sind dazu angetan, das Viertel städteplanerisch in | |
die metropolitane Liga der Juwelenkieze Berlins zu boomen. Warum auch | |
nicht? Es muss kein simulierter Vorgründerzeitschmock werden wie beim | |
heillos erratischen [1][Humboldt Forum.] | |
Das Gebäude mit dem gerippten Dach, das durch eine Fülle von oberlichtigen | |
Fenstern überwiegend vom Tageslicht leben wird, soll ein farbiger Fixpunkt | |
werden. Es gehört zu dem Ensemble des [2][Jüdischen Museums], dessen | |
Ausstellungsflächen sich auf der gegenüberliegenden Seite der Lindenstraße | |
befinden. Aber anders als das wird es bunt angestrichen und mit Tiermotiven | |
versehen. Aber das ist weniger putzig, als es zunächst klingt: Tiere, | |
gemalt – oh, wie süß, nicht wahr? | |
Tatsächlich befindet sich in der ersten Hälfte des früheren | |
Blumengroßmarkts die Jüdische Akademie, und im hinteren Bereich, | |
unmittelbar in Nachbarschaft zum taz-Haus, wird momentan ein Museum für | |
(und durch) Kinder installiert. „Kinderwelten im Jüdischen Museum – Anoha�… | |
lautet der offizielle Titel. Donnerstag war Begehung für die Medien, und | |
was unsereins zu sehen bekam, machte unmittelbar Appetit aufs Mitmachen. | |
Aber dürfen denn Erwachsene auch mitspielen? Und zwar in dieser unter dem | |
Dach eingerichteten Arche Noah, einem Rettungsschiff auf dem Meer, von dem | |
im Alten Testament berichtet wird, als Sturmfluten die Welt zu Tode | |
erschütterten – und Mensch und Tiere sich nur auf stabilem Floß Noahs (so | |
sein biblischer Name) zu retten vermochten. | |
Alles wird licht sein, es sind in die hölzernen Decken genug opulente | |
Löcher gebohrt, auf dass so etwas wie Himmel sichtbar wird: Zeichen der | |
Hoffnung. Der Architekt, der für diesen Entwurf nach langen Wettbewerben | |
den Zuschlag erhielt, brachte für den Umstand, eines der wichtigsten | |
Projekte für die Renaissance des Jüdischen Museums am Rande Kreuzbergs | |
realisieren zu sollen, eine wichtige Qualifikation mit: Alan Maskin aus | |
den USA, einer der Köpfe von Olson Kundig Architecture and Exhibit Design | |
aus Seattle an der Westküste der Staaten, war vor seiner Arbeit als | |
Gebäudeausdenker zehn Jahre lang Lehrer. Er weiß, was Kinder mögen könnten, | |
so vermutet er selbst: „Für mich war das die beste Schule für diesen | |
ehrenwerten Auftrag – museumspädagogisch hätte ich keine günstigere | |
Erfahrung mitbringen können.“ | |
Geniekult um seine eigene Person lehnt er ab, klar. Aber zur Wahrheit | |
gehört auch, dass das Jüdische Museum einen Kinderbeirat ins Leben gerufen | |
hatte, der noch bis zum kommenden Jahr arbeiten wird: Mitte Mai, so Martin | |
Michaelis, Geschäftsführender Direktor des Hauses, soll die „Anoha“ | |
eröffnet werden. „Anoha“, als Name in der Arche Noah in warm-dunkelblauen | |
Schaumstoffbuchstaben aufgestellt, war die Überschrift des Projekts, weil | |
sich, multilingual, wie Berlin nun einmal ist, das Wort „Arche Noah“ nicht | |
für jede:n auf Anhieb unfallfrei aussprechen lässt. Die Baukosten für die | |
knapp 2.700 Quadratmeter, davon 585 für die pure Arche-Konstruktion aus | |
Kiefernhölzern, betragen 9 Millionen Euro. Die Kosten und auch die | |
Personalkosten für das Museum trägt der Bund. | |
Noch wird im Gebäude gewerkelt, die Gefahr, über Kabel zu stolpern ist | |
groß. Aber es wird schon jetzt sichtbar, dass dieses „Anoha“ eines der | |
wichtigsten Ausflugsziele (nicht nur) für Berliner Schulklassen wird. | |
Martin Michaelis betont: „Wir werden ein gutes Marketing betreiben, um | |
viele ins Haus zu bringen – zur Freude aller.“ | |
Gleichwohl gehört bereits die benachbarte Galileo-Schule mit seinem Gros an | |
migrantischen Schüler:innen, die nicht zu bildungsbürgerlichen Schichten | |
zählen, zu jenen Kundschaften, um die es dem Kindermuseum zu tun ist: „Wir | |
wissen, dass wir nicht im luftleeren Quartier arbeiten – wir werden uns an | |
allen Nachbarschaftsdialogen beteiligen und sie auch selbst initiieren.“ | |
Was aber macht dieses „Anoha“ anders, als es etwa die ebenso ökologisch | |
orientierte Heinrich-Böll-Stiftung tun würde? Barbara Höffer, | |
Ausstellungskonzeptorin, betont, dass sich in gewisser Hinsicht die Themen | |
nicht unterscheiden würden, aber im jüdischen Glaubenskontext sei die | |
Geschichte der Arche Noah so zentral – wobei man wissen könne, dass der | |
Mythos von den Fluten, die ums Leben fürchten lassen, und ein Boot, das | |
Rettung bedeuten könnte, in über vierzig Kulturen der Welt überliefert ist. | |
Architekt Alan Maskin, befragt, ob die Kletterwände, die Spielmöglichkeiten | |
lediglich für Menschen zwischen drei und zehn Jahren vorgesehen sei, | |
verneint: „Wir wollen keine Eltern, die am Rande sitzen und auf ihren | |
Telefonen herumwischen. Alle dürfen mitmachen.“ Und: „Wir bauen hier kein | |
Disneyland, wir wissen, dass es immer nach Neugier und Spielplatz aussehen | |
wird.“ | |
27 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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