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# taz.de -- Asklepios schließt Kinderstation: Kinder nicht profitabel genug?
> In Parchim hat Asklepios die Kinderstation geschlossen – angeblich wegen
> Ärzt*innenmangel und nur vorübergehend. Doch daran gibt es Zweifel.
Bild: Müssen Kinder und Gebärende am Krankenhaus Parchim künftig vorbei?
Hamburg taz | Es sieht aus wie ein Muster: Eine nicht profitable Abteilung
in einem Krankenhaus wird heruntergefahren oder geschlossen. Der private
Krankenhausbetreiber beteuert, es liege am Personalmangel. Bürger*innen,
Personal und Politiker*innen sprechen stattdessen von schlechtem
Personalmanagement – und von nicht erfüllten Renditevorstellungen.
[1][Was anscheinend schon die Rheumaabteilung der Asklepios Klinik Hamburg]
oder [2][Helios-Kliniken in Niedersachsen traf], scheint sich in ähnlicher
Form im Mecklenburg-Vorpommerschen Parchim zu wiederholen.
Anfang Juni wurde die dortige Kinderstation geschlossen. Asklepios
beteuert, sie schnellstmöglich wieder öffnen zu wollen, es fehle aber an
Kinderärzt*innen. Doch Bürger*innen und Politiker*innen zweifeln an den
guten Absichten des privaten Krankenhauskonzerns. Einige vermuten, dass
Asklepios die Station nicht weiter betreiben will, weil sie unrentabel ist,
und sich deshalb nicht ausreichend um neues Personal bemüht. Sie befürchten
auch Auswirkungen auf die Geburtshilfe.
Hieß es anfangs noch, dass mehrere Kinderärzt*innen krankgeschrieben waren,
ist nun klar: Ärzt*innen haben gekündigt, ein Oberarzt ist in Rente
gegangen. Und zwei Ärzt*innen hat Asklepios gekündigt. Laut eines
Konzernsprechers arbeiten auch einige Pflegekräfte „künftig in anderen
Einrichtungen“.
Die Kündigungen in einer offenbar prekären personellen Lage begründet er
gegenüber der taz damit, „dass es kein Vertrauensverhältnis mehr gab
zwischen Ärzten und Klinik“. Der Konzern suche schon seit Monaten nach
Kinderärzt*innen. Es herrsche aber bundesweit ein Ärzt*innenmangel und eine
solch kleine Abteilung an einem Standort wie Parchim sei unattraktiver als
ein Arbeitsplatz in einer Metropolregion.
Stefan Sternberg (SPD), Landrat in Ludwigslust-Parchim, sagt zur taz, er
sei entsetzt darüber, wie Asklepios mit der Situation umgehe. „Für mich ist
das alles andere als Vertrauen erweckend.“ Er glaube nicht, dass Asklepios
darum bemüht sei, die Kinderklinik wieder zu öffnen.
Asklepios hat nach eigenen Angaben „kaum Bewerbungen“ von Ärzt*innen
erhalten. Es seien keine geeigneten Kandidat*innen dabei gewesen, so der
Sprecher. Aber erst jetzt, drei Monate nach Schließung der Abteilung und
nachdem sich Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) eingeschaltet und
Lokalpolitiker*innen und Bürger*innen Druck gemacht hatten, werden
Stellenanzeigen in ärztlichen Fachzeitschriften geschaltet. Sternberg hält
das für Augenwischerei.
Auch für Andreas Crusius, Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern,
ist der späte Zeitpunkt der Stellenanzeigen „ein Rätsel“. Er führte nach
eigenen Angaben Gespräche mit Asklepios und Minister Glawe. „Ich habe auch
Kai Hankeln aus dem Asklepios-Management angerufen und ihn gebeten,
Kinderärzte aus Hamburger Kliniken nach Parchim abzustellen. Das könnte er
ja machen“, sagt Crusius. Passiert sei aber nichts. Das Sterben auf Zeit
oder die dauerhafte Schließung der Abteilung wolle die Ärztekammer nicht
tolerieren. „Wir wollen der Bevölkerung eine ordentliche Versorgung
gewährleisten“, so Crusius.
Dass mit einer Kinderklinik kein Geld zu verdienen ist, steht außer Frage.
Eine Kinderklinik müsse man sich leisten, sagt Crusius. „Wenn ein Träger
das nicht macht, dann hat er den Sinn von Medizin nicht verstanden und auf
dem Gesundheitsmarkt nichts verloren.“
Zwei Frauen aus Parchim haben eine [3][Online-Petition zum Erhalt der
Klinik] gestartet. Sie sehen die medizinische Versorgung der Kinder
gefährdet, weil es im Notfall rund 50 Kilometer bis zur Klinik in Schwerin
sind. Über 48.000 Menschen haben unterzeichnet, am 22. September soll eine
Demonstration stattfinden.
## Asklepios wiegelt ab
Von Asklepios heißt es, man begrüße das Engagement. Doch die Petition
richte mehr Schaden an, als sie helfe, weil die Initiatorinnen auch die
Geburtshilfe in Parchim als gefährdet bezeichnen und damit für Unruhe und
Unsicherheit in der Klinik und bei Eltern sorgen würden. Die Geburtshilfe
stehe nicht in Frage.
Ärztekammerpräsident Crusius sieht das anders. „Natürlich ist die
Geburtshilfe in Parchim in Gefahr“, sagt er. Hintergrund ist, dass im
[4][Krankenhausplan des Landes] steht, dass eine Geburtshilfe nur betrieben
werden darf, wenn auch eine Fachabteilung für Kinder am selben Krankenhaus
ist. Nur in Ausnahmen soll von dieser Regelung abgewichen werden. Zwei
Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern haben eine solche Ausnahmeregelung, die
laut Crusius noch auf älteren Regelungen beruht.
## Ärzte gesucht
„Wenn in Parchim keine Kinderärzte mehr arbeiten, werden wir die Schließung
der Geburtshilfe beantragen“, sagt Crusius. Fraglich, ob Asklepios das
stören würde. [5][Auch mit Geburtshilfe lässt sich kaum Geld verdienen.]
Unabhängig davon hat die Schließung der Kinderklinik schon jetzt
Auswirkungen auf die Abteilung. Zurzeit können Frauen mit einer
Risikoschwangerschaft dort nicht entbinden. Das sind etwa Schwangere, die
Mehrlinge erwarten oder an Diabetes erkrankt sind.
Und auch die Personalsituation in der Gynäkologie und Geburtshilfe scheint
angespannt. Auf seiner Webseite sucht Asklepios einen neuen Oberarzt und
einen Assistenzarzt für die Abteilung. Die Fragen, wie viele Stellen seit
wann in der Geburtshilfe unbesetzt sind und wie Asklepios über diese
Ausschreibungen hinaus versucht, die Stellen zu besetzen, ließ der Konzern
bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
17 Sep 2019
## LINKS
[1] /Kritik-an-Krankenhauskonzern-Asklepios/!5614015
[2] /Helios-Klinik-in-Bad-Gandersheim/!5609506
[3] https://www.change.org/p/parchim-f%C3%BCr-den-erhalt-unserer-kinderklinik-a…
[4] https://www.regierung-mv.de/serviceassistent/download?id=1615591
[5] https://www.zeit.de/hamburg/2019-02/geburtsstationen-geburtshilfe-personale…
## AUTOREN
Marthe Ruddat
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