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# taz.de -- Fehlende Transparenz bei Handel: Geheime Deals mit den USA?
> Vor seiner Anhörung im Europaparlament ist der designierte
> EU-Handelskommissar Phil Hogan unter Druck geraten. Aktivisten befürchten
> ein „TTIP light“.
Bild: Wird bald im Europäischen Parlament „gegrillt“: Phil Hogan
Brüssel taz | Der europäische Handel soll umwelt- und klimafreundlicher
werden. Das verspricht der designierte neue EU-Handels-kommissar Phil Hogan
vor seiner Anhörung am Montag im Europaparlament. Sogar eine „Carbon Border
Tax“, also eine CO2-Steuer für Importe, hat der Ire in sein Programm
aufgenommen, mit dem er in das Hearing in Brüssel geht.
Mit seinem Klima-Versprechen will Hogan die Europaabgeordneten milde
stimmen. Zuletzt hatten sich die Parlamentarier über das geplante
Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten empört. Österreich hat sogar schon
mit einem Veto im Ministerrat gedroht. Die Brände am Amazonas passen
schlecht zu einem klimafreundlichen Handelspakt.
Hogan versucht nun, die Bedenken mit wohlklingenden Ankündigungen zu
zerstreuen. „Ich werde am Entwurf und an der Umsetzung einer Carbon Border
Tax mitwirken, die mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO
vereinbar ist“, kündigt der Kandidat in einer schriftlichen Stellungnahme
an. Die Abgeordneten dürfte es freuen.
Doch nun droht neuer Ärger – bei einem alten Streitthema. Es geht um den
Handel mit den USA. Seit den gescheiterten Verhandlungen über TTIP liegen
die Nerven zwischen Brüssel und Washington blank. Jetzt soll ein Mini-Deal
für etwas Entspannung sorgen. Die EU und die USA wollen Industriezölle
senken und technische Regeln angleichen.
## NGOs warnen vor einem „TTIP light“
Doch das sei nur die halbe Wahrheit, glauben Nichtregierungsorganisationen
wie Attac, Lobbycontrol und der Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland. In einem offenen Brief an Hogan und Noch-Handelskommissarin
Cecilia Malmström, der am Montag veröffentlicht wird und der taz vorab
vorlag, warnen sie vor einem „TTIP light“.
Die EU-Kommission überschreite ihr Mandat, vermuten die Kritiker. Die
Behörde spreche mit den Amerikanern nicht nur, wie es offiziell heißt, über
Industriezölle und sogenannte Konformitätsregeln, sondern auch über die
„regulatorische Zusammenarbeit“. Dabei geht es um Gesetze und Normen, die
den Handel betreffen.
„Dieser Mechanismus stellt eine unmittelbare Gefahr für den Verbraucher-,
Arbeits- und Umweltschutz dar und bedroht auch die demokratische
Entscheidungsfindung“, heißt es in dem Brief. Malmström und ihr
designierter Nachfolger Hogan werden aufgefordert, die betreffenden
Verhandlungen sofort auszusetzen.
## Weiterhin mangelnde Transparenz
Allgemein werfen die Umwelt- und Verbraucherschützer der EU-Kommission
mangelnde Transparenz vor. Die Brüsseler Behörde hatte zwar nach dem
Debakel um TTIP Besserung gelobt. Doch das Versprechen sei nicht
eingehalten worden, kritisiert Laura Große von LobbyControl. Die Kommission
lege das Mandat des Ministerrats viel zu weit aus.
Allerdings steht die Brüsseler Behörde selbst unter Druck. So droht
US-Präsident Donald Trump immer wieder mit neuen Strafzöllen für den Fall,
dass die EU in den laufenden Gesprächen nicht zu größeren Konzessionen
bereit sei. Trump möchte nicht nur über Industrie- und Autozölle sprechen,
sondern auch über Agrarsubventionen.
## Merkel für weitere Marktöffnung zugunsten der USA
Druck kommt auch aus Berlin. Deutschland will die angedrohten US-Zölle auf
deutsche Autoexporte unbedingt vermeiden – und drängt Brüssel, Trump so
weit wie möglich entgegenzukommen. Beim G7-Gipfel Ende August in Biarritz
sprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine weitere
Marktöffnung zugunsten der USA aus. Das bisherige Verhandlungsmandat könne
ausgeweitet werden.
Allerdings haben sich Frankreich und andere EU-Staaten strikt gegen eine
solche Ausweitung der Verhandlungen ausgesprochen. Über die Landwirtschaft
werde man auf keinen Fall reden, heißt es in Paris. Die EU-Kommission
agiert deshalb in einer Grauzone. Malmström und Hogan versuchen, es allen
recht zu machen – und schweigen.
## Drohende Eskalation
In seiner Stellungnahme für das Europaparlament geht Hogan auf den
Handelsstreit mit den USA mit keinem Wort ein. Auch Trumps Drohung mit
neuen Strafzöllen lässt er unerwähnt. Dabei könnte der Konflikt schon bald
eskalieren.
Die WTO will den USA erlauben, im Streit über Subventionen für Airbus
EU-Importe im Wert von schätzungsweise 7,5 Milliarden Euro mit Zöllen zu
belegen. Die USA dürften sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen –
Trump könnte noch in dieser Woche zuschlagen.
30 Sep 2019
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt TTIP
Handel
Intransparenz
EU-Präsidentschaft
Mercosur
Autoindustrie
Handelsstreit
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