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# taz.de -- UN-Klimagipfel in New York: Draußen Panik, drinnen Pillepalle
> Der UN-Klimagipfel mit Thunberg und Merkel zielt vor allem auf gute
> Stimmung. Das ist bitter nötig, denn die Trends gehen in die falsche
> Richtung.
Bild: Bald redet sie dort auch: Greta Thunberg vor der UN in New York
Berlin taz | Schon der offizielle Titel ist eine Mogelpackung: Ein
„Klima-Aktionsgipfel“ wird das Treffen, zu dem UN-Generalsekretär Antonio
Guterres die Staats- und Regierungschef am 23. September nach New York
eingeladen hat, sicher nicht. Es sind keine Beschlüsse oder neue
Hilfsgelder vorbereitet. Die „Action“ beim Klimaschutz findet anderswo
statt – beim [1][weltweiten Protest von Millionen Menschen am Freitag
vorher], bei den Warnungen der Wissenschaft, bei lokalen und regionalen
Maßnahmen von Firmen, Gemeinden und Staaten.
Guterres hat von den Staatschefs Ideen verlangt, „wie wir die Emissionen
radikal reduzieren, um zur Mitte des Jahrhunderts globale Null-Emissionen
zu erreichen“. Von etwa 100 Ländern sind solche Erklärungen zu erwarten,
aber entscheidende neue Ideen von den großen Klimasündern sind nicht
bekannt. Angela Merkel will die Beschlüsse des Klimakabinetts vorstellen.
Für die UNO lautet die Devise: „Push back the push back“: Sich gegen den
Rückwärtsgang in der internationalen Klimapolitik zu stellen. „Es braucht
neue Bündnisse, weil die alten nicht mehr funktionieren“, sagt Dirk Messner
von der UN-Universität in Bonn. Denn der [2][Medienhype um die schwedische
Klimaaktivistin Greta Thunberg], die in New York reden soll, zeigt auch,
wie wenig derzeit in der globalen Klimapolitik passiert. Vier Jahre nach
der umjubelten Verabschiedung des Pariser Abkommens und ein Jahr, bevor die
UN-Staaten neue, verbesserte Klimapläne vorlegen müssen, fehlt die Dynamik.
Guterres versucht, dagegenzuhalten. Seit seinem Besuch in der Südsee im
Frühjahr hat er in der UNO die Order ausgegeben, offiziell von „Climate
Emergency“ zu sprechen. Er forderte in einem Brief an alle Staatschefs,
keine neuen Kohlekraftwerke ab 2020 zu bauen, ihre Subventionen für fossile
Brennstoffe (indirekt laut Weltwährungsfonds etwa 5 Billionen Dollar
jährlich) zu streichen, CO2 einen Preis zu geben und bis 2050
„klimaneutral“ zu werden.
## UN-Chef machtlos in Klimafragen
Aber in der Klimapolitik ist der UN-Chef noch machtloser als in Fragen von
Krieg und Frieden, wo es zumindest Blauhelm-Einsätze geben kann. Er hofft
auf Engagement aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, von der Jugend und aus
Städten und Bundesstaaten.
Der große Bremser sind die USA. Präsident Donald Trump will in diesem
Herbst offiziell aus dem Pariser Abkommen austreten. Zwar erfüllen die
CO2-Einsparungen von US-Staaten, Städten und Unternehmen einen großen Teil
der US-Zusagen aus dem Pariser Abkommen. Aber die USA haben ihre
Führungsrolle aufgegeben und einen Handelskrieg mit China vom Zaun
gebrochen. Der lieferte der chinesischen Führung den Anlass zu einer
Warnung: Angesichts von Handelsstreit und Hongkong-Krise werde Peking kaum
schärfere Klimaziele verkünden.
Damit fallen die zwei Akteure aus, die in Paris für einen Erfolg gesorgt
haben. Die EU, dritter großer Player im Klimapoker, ist kaum sprechfähig.
Die designierte Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat zwar
versprochen, das Klimaziel der EU von 40 auf „mindestens 50 Prozent“ bis
2030 zu heben. Doch ihre Kommission ist noch nicht im Amt. Derweil werden
die Warnungen der Wissenschaft immer lauter (siehe Seite 11).
Im Globalen Süden wiederum, der inzwischen für fast 60 Prozent der
weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist, wächst die Blockadehaltung
der Schwellenländer, die ihr Nichtstun mit dem Nichtstun der
Industriestaaten begründen. Erst Mitte August schrieben die Umweltminister
von China, Indien, Südafrika und Brasilien an Guterres, erst einmal sollten
die Industriestaaten ihre Verpflichtungen einhalten.
## Bolsonaro blockiert UN-Klimaverhandlungen
Zu Hause strengen sich manche durchaus an: China investiert so viel Geld
wie sonst niemand in Wind und Solar, Indien ist bei seinem ehrgeizigen
Solarziel auf Kurs. Aber Brasiliens Staatspräsident Jair Bolsonaro, der den
Klimawandel leugnet, hat zumindest fahrlässig die vernichtenden Waldbrände
am Amazonas angefacht. Und seine Regierung blockiert seit einem Jahr die
UN-Klimaverhandlungen bei der Frage eines internationalen Emissionshandels.
Auch anderswo ist „Climate Action“ ein politisches Verliererthema: Der
kanadische Premier Justin Trudeau zittert um seine Wiederwahl im Herbst,
sein Herausforderer hat angekündigt, die Klimapolitik zu stutzen. In
Australien ist seit Mai wieder einmal eine Regierung der Klimaskeptiker am
Ruder. Und Japan hängt weiter an der Kohle.
Die Lichtblicke sind spärlich: Große Fortschritte in Großbritannien,
Schweden und Norwegen, Russland steht offenbar kurz davor, dem Pariser
Abkommen beizutreten. Der Papst hat wieder einmal die Politik zum
Klimaschutz aufgefordert, und über 50 internationale Konzerne preisen das
1,5-Grad-Ziel. Immer mehr kleinere Länder erklären, bis 2050 klimaneutral
sein zu wollen, auch Deutschland und die EU sind dabei.
Auch wenn sich in New York die Staatenlenker gegenseitig beklatschen, auch
wenn Millionen Menschen für besseren Klimaschutz demonstrieren – die
vorherrschende „Action“ in der Atmosphäre ist nach wie vor der fast
unbegrenzte Ausstoß von CO2. Weltweit sind die Emissionen nach einer
kleinen Pause seit 2016 wieder angestiegen. 2018 um 2,7 Prozent.
21 Sep 2019
## LINKS
[1] /Klimapolitik-der-CDU/!5626941
[2] /Friday-for-Future-Protest-in-New-York/!5622072
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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