# taz.de -- Kunstaktionen gegen häusliche Gewalt: „Papa hat Mama umgebracht�… | |
> Die Künstlerin Marguerite Stern macht in Frankreich mit Collagen auf | |
> Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Sie sagt, der Staat tue zu wenig. | |
Bild: „Wir wollen das Schicksal der getöteten Frauen sichtbar machen“, sag… | |
Collagen nennt Marguerite Stern ihre Plakate, mit denen sie die tödliche | |
Gewalt gegen Frauen anprangert. Die weißen, wie beim Scrabble | |
hintereinander aufgereihten Zettel mit schwarzen Großbuchstaben kleben seit | |
Ende August überall in Paris an den Wänden. „Papa hat Mama umgebracht“ | |
steht beispielsweise an einer Straßenecke in der Nähe des Einkaufszentrums | |
Les Halles. Andere Botschaften prangen in der Nähe von Ministerien oder der | |
Nationalversammlung. „Wir wollen das Schicksal der getöteten Frauen | |
sichtbar machen“, sagt Marguerite Stern der taz. | |
104 Frauen wurden in diesem Jahr bereits in Frankreich von ihren Partnern | |
oder Ex-Partnern umgebracht, und an jede einzelne von ihnen erinnert die | |
28-Jährige mit einer eigenen Collage. Das Problem der „féminicides“ war | |
vergangene Woche Thema eines Runden Tisches bei [1][Regierungschef Edouard | |
Philippe], der zusätzliche Maßnahmen wie 1.000 Aufnahmeplätze für bedrohte | |
Frauen ankündigte. Für Stern ist das allerdings nicht genug. „Wir sind in | |
einer Notsituation und brauchen sofort viel Geld“, fordert die junge Frau | |
mit den blau gefärbten Haaren zusammen mit anderen Frauenrechtlerinnen. | |
78 Millionen Euro jährlich gibt die Regierung gegen das Problem der | |
häuslichen Gewalt aus. Laut dem unabhängigen Gleichstellungsrat wären aber | |
bis zu einer Milliarde Euro nötig, um mehr Stellen in Polizei und Justiz zu | |
schaffen und das Personal dort zu schulen. „Die Regierung will uns nur | |
ruhigstellen“, sagt Stern. | |
## Mehrmals saß Marguerite Stern in Polizeigewahrsam | |
Ihr Engagement für Frauenrechte beginnt vor sechs Jahren bei der Gruppe | |
Femen, für die sie drei Jahre lang mit provokanten Aktionen auf die Straße | |
geht. „Man muss auf der Straße agieren, denn dort werden die Frauen | |
belästigt.“ Mehrmals sitzt die Aktivistin, die ein abgebrochenes | |
Kunststudium hinter sich hat, deshalb in Polizeigewahrsam. „Das war alles | |
sehr anstrengend, deshalb habe ich aufgehört.“ Sie zieht 2016 von Paris | |
nach Marseille und arbeitet mit Jugendlichen. Doch ihr feministisches | |
Engagement betreibt sie weiter. So produziert sie den regelmäßigen Podcast | |
„Heldinnen der Straße“, in dem es beispielsweise um die Ausbeutung von | |
Frauen geht, die in einem Hotel arbeiten. | |
In Marseille kommt ihr auch die Idee zu ihrer Plakataktion. Eine Freundin | |
bringt sie darauf, als diese Aufkleber mit dem Bild Simone de Beauvoirs an | |
die Wände klebt. „Wir arbeiten mit ganz einfachen Materialien, denn wir | |
haben nicht viel Geld“, sagt Stern, die seit kurzem wieder in Paris lebt. | |
Dort beschriftet sie in einem besetzten Haus im 14. Arrondissement ihre | |
Zettel und hängt sie dann abends auf. | |
Rund hundert Frauen unterstützen sie inzwischen bei ihren Aktionen – das | |
Ergebnis eines Hilfsappells in den sozialen Netzwerken. Inzwischen hängen | |
in Paris mehr als 300 ihrer schwarz-weißen Collagen, in ganz Frankreich | |
sind es ungefähr 500. Mehrere Aktivistinnen wurden schon von der Polizei | |
erwischt und mussten ein Bußgeld von 68 Euro bezahlen. „Das ist zwar | |
ärgerlich, aber nicht schlimm“, sagt Stern. „Das Leben einer Frau ist | |
wichtiger.“ | |
12 Sep 2019 | |
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[1] /Kommentar-Frankreichs-Regierung/!5525738 | |
## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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