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# taz.de -- Waldbrände im Amazonasgebiet: Brasilien pocht auf seine Hoheit
> Brasiliens Präsident Bolsonaro hat nach einem Telefonat mit Kanzlerin
> Merkel seine Sicht der Dinge dargelegt. In Berlin gibt es Ideen für neuen
> Druck.
Bild: Verkohlt: Bäume in der Region Manicoré im Amazonasgebiet
BRASILIA dpa/rtr/afp | Brasilien will sich im Streit um die verheerenden
Waldbrände und den Amazonasfonds für Hilfszahlungen nicht das Heft aus der
Hand nehmen lassen. „Werden wir den Amazonasfonds annehmen und uns dafür
weiter prostituieren? Hier ist Brasilien, hier haben wir das Sagen“, sagte
der Präsidentensohn und Parlamentsabgeordnete Eduardo Bolsonaro. „Wenn sie
weiter einzahlen wollen, sollen sie das tun. Wenn nicht, herzlichen Dank.
Wir werden nicht heulen und alles tun, um dieses Geld zu bekommen.“
Der Fonds wird vor allem von Norwegen und zu einem kleineren Teil auch von
Deutschland getragen. Er finanziert Projekte für Umweltschutz,
Wiederaufforstung und nachhaltige Entwicklung im Amazonasgebiet. Wegen der
umstrittenen Umweltpolitik von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hatte
Norwegen seine Zahlungen zuletzt gestoppt. Bundesumweltministerin Svenja
Schulze kündigte an, Fördermittel ihres Hauses auf Eis zu legen. Die
deutsche Beteiligung am Amazonasfonds über das
Bundesentwicklungsministerium (BMZ) ist davon bislang nicht betroffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte am Freitagabend mit Jair
Bolsonaro – und betonte nach Regierungsangaben ihre Bereitschaft, beim
Schutz des Amazonasgebiets mit Brasilien zusammenzuarbeiten. Es habe ein
produktives Gespräch über die Brände gegeben, twitterte Bolsonaro am
Freitag. Merkel habe dabei bestätigt, dass Brasilien über seinen Regenwald
die Hoheit habe.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) schlug vor, die
Nachhaltigkeitsregeln [1][des Freihandelsabkommens Mercosur zwischen der
Europäischen Union und lateinamerikanischen Staaten] um ein
Zertifizierungssystem für Fleisch zu ergänzen. „Soja und Rindfleisch
sollten nur dann importiert werden dürfen, wenn die Produktion nachweislich
nicht dem Regenwald schadet“, sagte Schulze dem „Spiegel“. Die Grünen
fordern einen Importstopp für Fleisch und Soja aus Regenwald-Regionen.
## „Schwer zu ertragen“
Schulze sagte dem „Spiegel“, es sei „schwer zu ertragen“, dass die EU
Sojakraftfutter und Rindfleisch aus Gegenden importiere, wo Regenwald
gerodet oder verbrannt worden sei. Brasilien wird derzeit von den
schwersten Waldbränden seit Jahren heimgesucht. Auch andere
südamerikanische Staaten, auf deren Gebiet sich der Amazonas-Regenwald
erstreckt, sind betroffen.
Eduardo Bolsonaro wollte derweil gemeinsam mit dem brasilianischen
Außenminister Ernesto Araújo nach Washington reisen. Bei dem geplanten
Treffen mit US-Präsident Donald Trump sollte es um die Waldbrände im
Amazonasgebiet und die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder
gehen. Bolsonaro will seinen Sohn zum Botschafter in den Vereinigten
Staaten machen. Kritiker sprachen daraufhin von Vetternwirtschaft.
Jair Bolsonaro hatte zuletzt auch die Annahme eines Hilfsangebots der
G7-Staaten von Bedingungen abhängig gemacht. Der Staatschef wirft den
reichen Industrieländern vor, die Souveränität seines Landes zu missachten
und ein Auge auf die Bodenschätze der Region geworfen zu haben. Auch sein
Sohn Eduardo vermutet unlautere Motive: „Amazonien, diese schöne Frau,
trifft einen Typen. Er geht zu ihr, blinzelt ihr zu, will ihr einen Drink
kaufen. Ich glaube nicht, dass dieser Drink ganz kostenlos ist, oder?“
Der Leiter des brasilianischen Sicherheitskabinetts vermutet ebenfalls,
dass hinter der weltweiten Anteilnahme an den Bränden wirtschaftliche
Interessen stecken. „Es ist unverantwortlich zu glauben, dass der Amazonas
nicht Gegenstand internationaler Gier ist“, sagte General Augusto Heleno
bei einem Militärkongress. „Die Welt steckt in einer Krise, einer
Nahrungsmittelkrise, einer Rohstoffkrise. Es ist also offensichtlich, dass
es klare Ambitionen in Bezug auf das Amazonasgebiet gibt.“
## Schwerste Brände seit Jahren
In Brasilien wüten derzeit die schwersten Brände seit Jahren. Seit Anfang
des Jahres wurden in dem südamerikanischen Land über 87 000 Feuer
registriert – 76 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Trotzdem liegt die
Zahl der Brände nach Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa noch immer etwa im
Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre. Zwischen 2002 und 2007 sowie 2010
gab es deutlich mehr Feuer.
Nach Einschätzung von Umweltschützern stecken meist Farmer bereits
abgeholzte Flächen in Brand, um neue Weideflächen für Rinder und Ackerland
für den Soja-Anbau zu schaffen. Wegen der Trockenzeit greifen die Feuer
aber auch immer wieder auf noch intakte Waldflächen über. Kritiker werfen
dem rechten Präsidenten Bolsonaro vor, ein Klima geschaffen zu haben, in
dem sich Farmer zu immer mehr Brandrodungen ermutigt fühlen.
31 Aug 2019
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