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# taz.de -- Die Wahrheit: Brexit, Bier und der ganze Bockmist
> Zum ersten Mal in Brüssel. Zwischen Pommes frites und Käsekroketten reift
> der Entschluss, Botschafterin der abgeschiedenen Provinzorte zu werden.
Bild: „There is a moon out tonight, ohoho“ – geschüttelt, nicht gerührt.
Neulich war ich zum ersten Mal in meinem Leben in Brüssel. Eine schöne
Stadt, aber nichts für Engländer. Der Brexit ist in meinen Augen vollkommen
gerechtfertigt, denn es gibt in Brüssel sehr viel Bier, und wer Engländer
und sehr viel Bier zusammenzählt, weiß, was ich meine. Das geht nicht lange
gut.
Auch spricht der Brüssel-Bewohner nicht gern Englisch, sondern lieber
Französisch, was die Briten irritiert. Ihre Sprache hat schließlich
Weltniveau, was soll da all das Geraunze und Genuschel? Wer Französisch
nicht beherrscht, also Ignoranten wie die Engländer und ich, wird in
Brüssel flugs zum Flamen erhoben. So lauscht man dann fasziniert einer
weiteren Sprache, die man nicht versteht. Ich bin aber trotzdem noch nicht
mal annähernd aus der EU ausgetreten.
Als ich die europäische Hauptstadt besuchte, glänzte die gesamte Verwaltung
samt Parlamentariern durch Abwesenheit, denn es war schon Freitag. Wir
freundlichen Touristen hätten das Parlament im Handstreich übernehmen
können, dazu auch noch die Kommission – nirgendwo waren mehr als ein paar
Wachleute zu sehen, lächerlich. Vielleicht tagten alle Abgeordneten gerade
in Straßburg, sie haben ja ein Reiseparlament, damit ihnen nicht langweilig
wird bei all ihren Abstimmereien.
Mehr als 40.000 Lobbyisten lungern in der Stadt herum (von Montag bis
Donnerstag, versteht sich), weiß mein schlauer Reisebegleiter. Wir
passierten die Vertretung des Landes Hessen bei der EU, ein imposantes
Gebäude. Jeder ist in Brüssel irgendwie vertreten, weiß mein sehr schlauer
Reisebegleiter. Natürlich wird selbst Großbritannien trotz Brexit-Gewürge
auch in Zukunft eine ständige Vertretung bei der EU brauchen, falls bis
dahin nicht das ganze Land zurückgetreten und ins Meer gefallen ist.
Sogar mein kleines, puscheliges Niedersachsen gibt damit an, „stets am Puls
der EU“ zu sein. Ja, auch Sachsen unterhält ein Büro, das übrigens mit dem
merkwürdigen Slogan „Sachsen – dort liegt Europa“ wirbt. Wer hat Europa
bloß dort hingelegt? Und möchte es nicht lieber wieder weg?
Da Brüssel wirklich sehr hübsch ist, wäre ich ebenfalls bereit, hier meine
Heimatgemeinde zu repräsentieren. Falls das nicht vorgesehen sein sollte
für Orte mit weniger als 500 Einwohnern, könnte ich alternativ auch die
Lobbyarbeit für eine interessante Minderheit übernehmen. Den Bund der
Steuererklärungsabgabenverschieber, den Verein der
Schokoladeneisverschmäher, die Gemeinschaft der als Fläminnen verkannten
Niedersächsinnen zum Beispiel.
Ich habe dann gleich geübt. Nachdem ich nach zwei Tagen in Brüssel mein
Jahreskontingent an Pommes frites aufgezehrt hatte, schöpfte ich in der
Folge meine Käsekrokettenfangquote voll aus und diskutierte die gesetzlich
festzulegende Mindestanzahl zu verzehrender Fleischbällchen für Vegetarier.
Die Biervorgabe konnte ich allerdings danach nicht mehr schaffen, aber der
superschlaue Reisebegleiter half auch hier gern weiter.
11 Sep 2019
## AUTOREN
Susanne Fischer
## TAGS
Brüssel
Schwerpunkt Brexit
EU
Vorsätze
Kolumne Die Wahrheit
Schwerpunkt Brexit
Freunde
Andreas Dorau
Umweltschutz
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