# taz.de -- Faktenchecker über Medien in den USA: „Trumps Einfluss wird übe… | |
> Der Stil des US-Präsidenten könnte dazu führen, dass Debatten im | |
> Wahlkampf mehr auf Fakten basieren. Das hofft Glenn Kessler von der | |
> „Washington Post“. | |
Bild: Der Schatten zeigt Donald Trump – vermutlich beim Lügen | |
taz: Herr Kessler, der Präsidentschaftswahlkampf [1][ist in vollem Gange], | |
auch wenn erst 2020 gewählt wird. Sind die Wähler wachsamer bei | |
Falschaussagen von Politikern geworden? | |
Glenn Kessler: Mein Gefühl ist, das mit der wachsenden Aufmerksamkeit für | |
die Faktenchecker auch die Wähler skeptischer sind, was Politiker | |
behaupten. Die Kampagnen haben in der Regel sogar einen gesonderten | |
Pressesprecher, der sich mit Anfragen von Faktencheckern befasst. Trump | |
hatte das allerdings nicht, er war da die Ausnahme. | |
Welche Dinge gab es noch, die beim Wahlkampf 2016 anders waren? | |
Wir waren bis dato nicht wirklich einem Politiker begegnet, der so viele | |
inkorrekte oder falsche Dinge gesagt hat wie Trump – und der sich dann nie | |
korrigiert hat. | |
Inwiefern? | |
Na ja, wenn wir Mitt Romney oder Barack Obama für eine Aussage vier | |
Pinocchios gegeben haben, haben sie aufgehört, diese Dinge zu erzählen. | |
Trump behauptete ziemlich schamlos diese Dinge weiter, egal wie hanebüchen | |
sie waren. | |
Wie genau funktioniert denn so ein Check? Sagen wir: Kamala Harris, eine | |
der Bewerberinnen um die Kandidatur bei den Demokraten, hält eine Rede … | |
und dann geht es wie weiter? | |
Wir identifizieren konkrete Aussagen, und ungefähr in der Hälfte der Fälle | |
überprüfen wir auf Bitten der Leser. Am einfachsten ist es, Zahlen zu | |
überprüfen. Und da suchen wir möglichst Beispiele, die es uns erlauben, | |
tief in ein politisches Thema einzusteigen. Wir finden heraus, woher der | |
Politiker die Zahl oder die Information hat, welche Studie, welcher | |
Artikel, und überprüfen dann, ob sie korrekt ist. Irgendwann konfrontieren | |
wir die Kampagne dann mit unseren Ergebnissen. | |
Gibt es im Kampf gegen Falschinformation eine Art globalen Trend, ein | |
Problem, mit dem alle zu kämpfen haben? | |
Neben der rapiden Verbreitung von Falschinformation ist die | |
Herausforderung, dafür zu sorgen, dass die eigenen Faktenchecks auf so | |
vielen Plattformen wie möglich sichtbar sind. Darum haben wir auch | |
angefangen, Videos zu produzieren. Oder auf Snapchat Faktenchecks zu | |
veröffentlichen. Es gibt kein bestimmtes Schema, nach dem alle | |
Faktenchecker arbeiten müssen, ob sie zu Tageszeitungen oder NGOs gehören. | |
Aber sie alle müssen sicherstellen, dass sie ihre Glaubwürdigkeit behalten | |
und die Nutzer ihre Faktenchecks akzeptieren. Darum hat das internationale | |
Fakt-Checking Network einen Verhaltenskodex rausgegeben, an den alle | |
Mitglieder sich halten müssen. | |
Was steht da zum Beispiel drin? | |
Man muss sich der Unparteilichkeit verpflichten, und dass alle Seiten ohne | |
Vorurteil überprüft werden. Man muss darlegen, dass niemand im Team bei | |
einer politischen Kampagne mitmacht oder sonst politisch aktiv ist. Alle | |
Checks müssen transparent sein und den Rechercheweg darlegen, sodass Leser | |
das nachvollziehen und die Recherche selbst verifizieren können. Aber es | |
muss auch transparent gemacht werden, woher die Finanzierung kommt, damit | |
die Leute sehen, dass man wirklich unabhängig ist. | |
Finanzierung, das ist ein gutes Stichwort. Wie haben Ihre Leser reagiert, | |
als Jeff Bezos 2013 die Washington Post gekauft hat – werden Ihre Checks | |
jetzt eher angezweifelt? | |
Nicht wirklich. Klar, es gibt immer mal wieder Kommentare wie: „Ihr tanzt | |
doch nur nach der Pfeife eines Geschäftsmannes“, aber das ist selten. Er | |
mischt sich auch nicht in die redaktionellen Abläufe ein. | |
Im Jahr 2016, kurz nach dem Wahlsieg, gab es Stimmen, dass wir keine | |
Diskussion führen können, wenn wir uns nicht mal mehr auf die Fakten | |
einigen können. Was würden Sie dazu sagen? | |
Nun ja, ein großer Teil der Verantwortung liegt bei den Menschen selbst. | |
Sie müssen trainieren, skeptischer Informationen und Nachrichten zu | |
konsumieren. Wir schreiben diese Faktenchecks, sie sind um Internet | |
zugänglich. Es gibt das alte Sprichwort: Man kann ein Pferd zum Wasser | |
führen, aber trinken muss es selbst. Die Leute brauchen einen | |
differenzierten Social Media Feed, müssen gegenüber anderen Standpunkte und | |
Sichtweisen aufgeschlossen sein – oder zumindest respektvoll. Das passiert | |
aber immer seltener, weil Menschen sich in ihre eigenen kleinen | |
ideologischen Sackgassen zurückziehen. | |
Ist das schlimmer geworden [2][mit dem Wahlsieg] von Donald Trump 2016? | |
Ich glaube, der Einfluss Trumps darauf wird überschätzt. Wir haben bei der | |
Washington Post vor Kurzem eine Umfrage gemacht, wie viele Amerikaner den | |
Falschaussagen des Präsidenten glauben, und sogar unter seinen | |
Unterstützern tun das nur wenige. Außerdem bemühen sich die Kandidaten der | |
Demokraten verstärkt, akkurate Aussagen zu treffen. Um sich von Trump | |
abzusetzen. Der Einfluss von Trump könnte also letztendlich sein, dass | |
unsere Debatten mehr auf Fakten basieren werden. | |
11 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Lara Wiedeking | |
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