# taz.de -- Die Wahrheit: Feuchtes Örtchen des Grauens | |
> Wenn Waliser öffentliche Toiletten bauen wollen, dann kann das schon mal | |
> zu einer sehr nassen öffentlichen Angelegenheit werden. | |
Wer zu fett ist, wird künftig zwangsgeduscht. So war jedenfalls der Plan | |
der Stadtverwaltung des walisischen Seebads Porthcawl, vierzig Kilometer | |
westlich der Hauptstadt Cardiff. Die Beamten wollten öffentliche Toiletten | |
errichten lassen, aber gleichzeitig „unangemessene sexuelle Aktivitäten“ | |
verhindern. Was sie unter „unangemessen“ verstehen, verrieten sie nicht. | |
Jedenfalls wollte man Hightech-Klos für 170.000 Pfund pro Stück aufstellen. | |
Die verfügen im Fußboden über Sensoren, um das Gewicht des Klobesuchers | |
festzustellen. Bei einem zu hohen Wert vermutet die Toilette zwei Besucher, | |
die Unangemessenes vorhaben. Dann wird automatisch eine kalte Wasserdusche | |
ausgelöst, um den Paarungswilligen das unangemessene Treiben zu vergällen. | |
Außerdem ruft eine Alarmsirene den Parkwächter zwecks Moralpredigt herbei. | |
Nasse Kleinkinder, die von einem Elternteil aufs Klo begleitet werden, | |
haben ihrem Therapeuten später vermutlich einiges zu erzählen. | |
Die Toilette reagiert auch auf ungestüme Bewegungen mit einer Sirene und | |
automatischer Türöffnung. Vorsicht also bei zu heftigem Niesen. Lange | |
Sitzungen lässt die Toilette ebenso wenig zu. Wer die erlaubte Kackzeit | |
überschreitet, sitzt im Dunkeln und in der Kälte, denn Licht und Heizung | |
werden abgeschaltet. | |
Dass die Wände mit Anti-Graffiti-Farbe gestrichen sind, erscheint recht | |
überflüssig. Wer hat in Anbetracht der strengen Toilette überhaupt die | |
Muße, Wände zu bemalen? Nachts muss man besonders aufpassen, denn dann | |
schließt die Toilette für zehn Minuten für eine automatische Reinigung. | |
Wehe dem, der sich nicht rechtzeitig aus dem Staub gemacht hat. | |
Stadtrat Mike Clarke erklärte: „Der Neubau der öffentlichen Toiletten ist | |
ein wichtiger Bestandteil unserer Ambition, dafür zu sorgen, dass Porthcawl | |
ein großartiger Ort zum Leben, Arbeiten und Urlauben ist.“ Wer würde seine | |
Ferien nicht gern in einem Ort mit solch intelligenten Klos verbringen? | |
Die Bevölkerung der Kleinstadt war von den Plänen dagegen wenig begeistert. | |
„Welcher Idiot hat beschlossen, einen Großteil des Haushalts für | |
lusttötende Klos auszugeben“, fragte einer beim Stadtrat nach, „wenn in | |
letzter Zeit überall sonst in Wales mehr als hundert öffentliche Toiletten | |
geschlossen wurden, um Geld zu sparen?“ | |
Die Stadtverordneten wollten mit dem törichten Plan am Ende nichts mehr zu | |
tun haben. Vorige Woche erklärten sie, dass die Pläne „aus Versehen | |
eingereicht“ worden seien. „Leider sind der Enthusiasmus und die Absichten | |
der Stadtverwaltung missinterpretiert worden“, hieß es. „Niemand hat die | |
Absicht, eine Mauer mit Wasserdüsen zu bauen“, ulbrichte es. Man werde nun | |
traditionelle Toiletten errichten lassen. | |
Wie schade. Es wäre doch mal etwas anderes, als die üblichen britischen | |
Örtchen des Grauens, die meist mit versifften Teppichen ausgelegt sind. | |
26 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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