# taz.de -- Italienischer Ministerpräsident tritt zurück: Conte erklärt Regi… | |
> Mit seinem Abgang ließ Giuseppe Conte die Regierung aus Fünf Sternen und | |
> Lega endgültig platzen. An Innenminister Salvini übte er heftige Kritik. | |
Bild: „Verantwortungslos“: Conte übte scharfe Kritik an Salvini | |
Rom taz | Italiens Regierung aus Fünf Sternen und Lega ist am Ende. Am | |
Dienstagnachmittag erklärte Ministerpräsident Giuseppe Conte, er werde noch | |
am Abend bei Staatspräsident Sergio Mattarella seinen Rücktritt einreichen. | |
Conte nutzte seine Rede vor allem zu einer Generalabrechnung mit dem | |
Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini, der am 8. August mit der | |
Ankündigung eines Misstrauensvotums die Krise losgetreten hatte. | |
„Sorge“ mache ihm ein Politiker, der sich von „politischem Opportunismus�… | |
leiten lasse, dem jeglicher Sinn der Institutionen mangele, der nach voller | |
Macht“ verlange, der „Partei- und persönliche Interessen“ über die des | |
Landes stelle. Mit seiner Rede zielte Conte erkennbar darauf, Salvini jeden | |
Rückweg zu einer Versöhnung innerhalb der Koalition zu verbauen. Er liegt | |
damit ganz auf einer Linie mit den Fünf Sternen, die – anders als von | |
Salvini erwartet – den Koalitionsbruch als Befreiung wahrnehmen, nachdem | |
sich Salvini über ein Jahr lang auf Kosten des Koalitionspartners als | |
starker Mann der Regierung inszeniert hatte. | |
Salvini, Innenminister in Contes Kabinett und Chef der | |
rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega, hatte aus heiterem Himmel die | |
Koalition mit dem Movimento5Stelle (5-Sterne-Bewegung) auf- und [1][ein | |
Misstrauensvotum gegen die Regierung angekündigt]. Er begründete seinen | |
Schritt damit, dass das M5S als „Neinsager“ wichtige Reformvorhaben und | |
Infrastrukturprojekte blockiere. Salvinis erklärtes Ziel war es, nach einer | |
schnellen Parlamentsauflösung zu Neuwahlen im Oktober 2019 zu schreiten. | |
Sie sollen Italien eine rein rechtspopulistische Regierung unter einem | |
Ministerpräsidenten Salvini bescheren – eine alles andere als | |
unrealistische Hoffnung, denn in den letzten Meinungsumfragen lag die Lega | |
bei 36 bis 38 Prozent, und die radikal rechte Partei Fratelli d’Italia | |
dürfte im Falle von Neuwahlen weitere 6 bis 8 Prozent erwarten. Ein solches | |
Resultat würde für eine absolute Mehrheit im Parlament reichen. | |
Die Lega war neben dem M5S der zweite Sieger der Parlamentswahlen vom 4. | |
März 2018. Sie holte 17 Prozent, während die Fünf Sterne auf knapp 33 | |
Prozent kamen. Zusammen bildeten sie, geeint vor allem durch die | |
Selbstdarstellung als Antiestablishment-Kräfte, dann die seit Juni 2018 | |
amtierende Regierung unter dem parteilosen Giuseppe Conte. Salvini, der | |
sich das Innenministerium gesichert hatte, nutzte seine Position, um mit | |
der Politik der „geschlossenen Häfen“ die Flüchtlingsfrage für sich zu | |
kapitalisieren. | |
## Die Versuchung war zu groß | |
Luigi Di Maio, Chef der Fünf Sterne sowie Arbeits- und Wirtschaftsminister, | |
konzentrierte sich dagegen auf [2][die Einführung der Grundsicherung für | |
alle Bürger]. Den Wettlauf um steigende Popularität konnte Salvini | |
eindeutig für sich entscheiden. Bei den Europawahlen vom 26. Mai | |
verdoppelte die Lega ihr Resultat auf 34 Prozent, während das M5S bei nur | |
noch 17 Prozent landete. Für Salvini war die daraus resultierende | |
Versuchung einfach zu groß. Conte berichtet, der Lega-Chef habe ihm ganz | |
offen gesagt, er müsse jetzt „den Konsens kapitalisieren“ und deshalb den | |
Koalitionsbruch vollziehen. | |
Salvini hat sich verzockt. Er dachte, Neuwahlen und ein Erdrutschsieg der | |
Lega seien eine ausgemachte Sache. Doch sowohl die Fünf Sterne – ihr | |
Gründer Beppe Grillo meldete sich mit den Worten „von wegen Neuwahlen!“ zu | |
Wort – als auch der gemäßigt linke Partito Democratico scheinen bereit, die | |
Möglichkeit einer neuen Regierung auszuloten und Salvinis Lega auf die | |
Oppositionsbank zu schicken. | |
20 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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