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# taz.de -- Zukunftsvisionen: Ein offenes Ohr für die Fantasie
> Im Regierungsviertel eröffnet nächste Woche das Futurium mit einer
> Ausstellung, Debatten- und Workshop-Räumen und einem Lab.
Bild: Nachdenken über die Zukunft: ab dieser Woche auch im Futurium
Auf diese Zukunft hat Berlin lange warten müssen. Im September 2017 war die
[1][feierliche Schlüsselübergabe für das Futurium], das architektonisch
markante Haus der Zukunft neben dem Bundesforschungsministerium am
Spreeufer im Regierungsviertel. Aber erst jetzt, zwei Jahre danach, wird in
den Normalbetrieb gestartet. Ab dem 5. September wird zu einem großen „Fest
der Zukünfte“ geladen, das eigentlich die Bundeskanzlerin eröffnen sollte,
die aber wegen einer Auslandsreise absagen musste. In der Politik ist
selbst die kurzfristige Zukunft wenig planbar.
Die zweijährige Spielpause des Futuriums beschäftigte auch schon den
Bundestag, der genau gegenüber auf der anderen Flussseite residiert.
„Maßgeblich für die Eröffnung des Futuriums für die Öffentlichkeit ist d…
Fertigstellung der Ausstellung“, antwortete im Frühjahr die Bundesregierung
auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion. „Aufgrund einer
unplanmäßigen Verzögerung bei deren Erstellung, die nicht das Futurium zu
verantworten hat, musste die Eröffnung verschoben werden“, so die Regierung
weiter.
Bei einem derartigen Vorbereitungsvorlauf konnte man einiges erwarten. Doch
was im ersten Geschoss im Ausstellungsdreiklang Mensch, Natur, Technik –
den sogenannten Denkräumen – geboten wird, dürfte auf geteilte Zustimmung
stoßen. Die große Enttäuschung ist die Natur-Abteilung, in der sich
rätselhafte Gebirge aus Holz auftürmen, die sogenannte parametrische
Skulptur. Auf Augenhöhe werden Themen wie nachhaltiger Städtebau auf
künstlichen Inseln im Meer abgehandelt. In der Mensch-Abteilung, die mehr
durch Design als durch Inhalte wirkt, sind zwei gigantische Schaukeln die
Eyecatcher. „Wir haben viel Wert gelegt auf eine sinnlich-haptische
Ausstellungsarchitektur“, sagt Stefan Brandt, Direktor des Futuriums.
Rund 70 Millionen Euro hat der Bau des Futuriums gekostet, das wegen seiner
strengen Architektur (Architekturbüro Richter Musikowski) bisher viel
Beachtung gefunden hat. Der Trägergesellschaft, einer gGmbH, gehören neben
dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die führenden
deutschen Wissenschaftsorganisationen an, wie die Helmholtz-Gemeinschaft
oder die Max-Planck-Gesellschaft sowie namhafte Industrieunternehmen wie
BASF, Bayer und Siemens.
## Volksbildung plus Fachkräftewerbung
Das Budget beträgt in diesem Jahr 21,5 Millionen Euro, erhöht wegen des
Ausstellungsaufbaus, 2020 dann 18,5 Millionen. Ziel des Futuriums ist es,
in der breiten Bevölkerung ein Interesse für Zukunftsfragen zu wecken, und
in der jungen Generation darüber hinaus die Bereitschaft, sich den
MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) als
Studien- und Berufsoption zuzuwenden. Volksbildung plus Fachkräftewerbung
ist die Hauptintention.
Ob die Bürger an diesem Ort im Regierungsviertel auch zur Beteiligung an
politischen Beratungsprozessen über neue Technologien eingeladen werden,
muss sich noch zeigen. „Wir arbeiten wissenschaftsbasiert und versachlichen
Debatten“, sagt Brandt, „gleichzeitig haben wir auch ein offenes Ohr für
Fantasien und Utopien, die wir ins Verhältnis setzen zu den Fakten.“ Ein
starkes Thema soll dabei die Nachhaltigkeit sein.
Auf diese Aufgabenstellung ist auch der Baukörper zugeschnitten: Auf der
oberen Etage wird auf 3.000 Quadratmeter die „liquide Ausstellung“ gezeigt,
deren Themen sich fortlaufend ändern sollen; im Erdgeschoss sind die
Debatten- und Workshopräume, während das Futurium-Lab im Keller als
Werkraum fungiert. Hier können vor allem Kinder und Jugendliche, aber nicht
nur sie, praktisch an Modellen für Zukunftstechnologien arbeiten. „Wir sind
Bühne, Labor und Museum“, sagt der 43-jährige promovierte
Musikwissenschaftler Brandt, der zuvor als Kulturmanager in Hamburg
gearbeitet hat. In seinen ersten drei Jahren will das Futurium keinen
Eintritt verlangen. Angesteuert sind 200.000 Besucher im Jahr.
Entscheidend für die Wirksamkeit des Futuriums wird seine Vernetzung mit
den vielen Zukunftsakteuren sein – gerade in Berlin – wie auch die
Beeinflussung der gesellschaftlichen Zukunftsdiskussion nach der
Fridays-for-Future-Bewegung. Durch den zweijährigen Aufstellungsbau fehlte
die Zeit für den Aufbau eines breiten Akteursnetzwerks.
## Es fehlt das üppige Grün
So kommt es, dass Ekhart Hahn, ein Fachmann für ökologischen Städtebau,
noch keinen Kontakt zu den Futurium-Machern bekommen hat, wie er der taz
bestätigte. Dabei arbeitet Hahn mit dem Projekt „Eco City Wünsdorf“ derze…
an einem der spannendsten Vorhaben für einen nachhaltige Zukunftsstadt.
„Die Klimafrage wird in den Städten mit dem Übergang zu anderen
Siedlungsstrukturen entschieden“, sagt Hahn. Sein Projekt stellte er
kürzlich im Prinzessinengarten vor, einem Wirklichkeit gewordenen Ort einer
grünen Stadtzukunft, der jetzt wieder bedroht ist.
Das üppige Grün vom Moritzplatz fehlt im schwarzen Futurium-Bau. In einer
Gesellschaft, in der nach jüngsten Erhebungen die Zukunftsangst inzwischen
größer ist als der Zukunftsoptimismus, braucht es andere Zukunftsdebatten.
„Wir leben in aufgeregten Zeiten, in der grundlegende Umbrüche auf
kurzatmige Debatten treffen“; stellt der Zukunftsexperte Klaus Burmeister
fest, Autor einer Studie über „Deutschland 2030“.
Die Entwicklung neuer „Narrative“, großer gesellschaftliche Erzählungen,
welche Zukunft angestrebt werden soll, ist auch für Stephan Rammler, Leiter
des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT)
eine der zentralen Aufgaben. „Wir müssen die Zukunft anders erzählen“,
betont Rammler gegenüber der taz. Den Dystopien vom bevorstehenden
Weltuntergang müssten Mut machende Erzählungen von einer erreichbaren
Zukunft gegenübergestellt werden. Diese Diskursentwicklung vertiefte das
IZT auch am 28. 9. in einer Veranstaltung im Futurium. Hier hat das
Netzwerken schon funktioniert.
2 Sep 2019
## LINKS
[1] /Ein-Haus-fuer-neue-Technologien/!5448299&s=ronzheimer+zukunftsvisionen/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Zukunft
Zukunftsprojekte
Zukunftsvision
acatech
Arbeit
Wissenschaftskommunikation
Schwerpunkt Atomkraft
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