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# taz.de -- Linken-Geschäftsführer zu Landtagswahlen: „Wir machen Krawall“
> Bei der Europawahl hat die Linke nur 5,5 Prozent geholt.
> Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler erklärt, was man für die
> Landtagswahlen gelernt hat.
Bild: Brandenburger Linke im Wahlkampf: Die Hohenzollern bekommen das in ganzer…
Bei der Europawahl hat die Linke ihr Wahlziel klar verfehlt. Das haben Sie
selbst so konstatiert. Was muss für die Landtagswahlen besser werden?
Wir haben bei den Landtagswahlen eine klare Funktion, die wir bei der
Europawahl nicht deutlich machen konnten.
Welche denn?
Wir sind in Brandenburg als Teil der dortigen Landesregierung die treibende
Kraft, wenn es darum geht soziale Verbesserungen wie den Ausbau der Kitas
und die Erhöhung des Mindestlohnes durchzusetzen. In Sachsen bilden wir den
Gegenpol zur AfD. Und in Thüringen wollen wir den linken
Ministerpräsidenten verteidigen.
So klar scheint die Funktion der Linken in Brandenburg und Sachsen aber
nicht zu sein. Umfragen sagen für die Linke deutliche Verluste voraus?
Es ist schon richtig, dass die GenossInnen in Brandenburg und Sachsen um
jede Stimme kämpfen müssen. Wir haben da eine starke AfD. Und wir haben
eine durch die Klimapolitik erstarkte Grüne und eine kriselnde SPD …
… die die Linke mit in den Abgrund zieht?
Nein. Aber uns ist auch bewusst, dass wir klarer machen müssen, für welche
Politik wir stehen: soziale sowie ökologische Gerechtigkeit und Frieden.
In Brandenburg wird die Linke als brave und eher konservative
Regierungspartei wahrgenommen: sie weicht Klimaziele auf, wenn es um
Braunkohle geht und stimmt für ein Polizeigesetz, welches die
Schleierfahndung ausweitet.
Ich bestreite, dass wir uns nicht klar positioniert haben. Wir fordern in
unserem Wahlprogramm einen Kohleausstieg für 2030, da gehen wir weiter als
die Grünen. Beim Polizeigesetz hat die Partei erheblich diskutiert, und es
gab durchaus kritischere Positionen. Die Linke in Brandenburg hat da
jedenfalls den größeren Unsinn verhindert.
Aber am Ende macht die Linke brav mit. Muss die Linke in Zukunft stärker
aufmucken und auch mal krawallige Forderungen wie die Initiative gegen die
Hohenzollern in den Mittelpunkt stellen?
Wir machen Krawall. Aber der Krawall muss am Ende die Politik verändern und
nicht nur des Krawalles wegen gemacht werden. In einer zukünftigen
Regierungsbeteiligung wollen wir Konflikte, wo sie existieren, auch scharf
führen.
In Sachsen ist die Linke seit fast 30 Jahren Opposition. Auch diesmal gibt
es keine Machtoption. Warum sollten die WählerInnen erneut Opposition
wählen?
Weil wir der Gegenpol zur AfD sind. Wir sind gegen eine
Appeasement-Politik, wie die der CDU, die für das Erstarken der AfD
mitverantwortlich ist. Die AfD ist in Sachsen so stark geworden, weil die
CDU weggeschaut hat.
Ein Teil der AfD-Wähler hat früher mal die PDS gewählt. Wie schafft es die
Linke solche Wähler wieder zu binden?
Wir wollen mit unserer Politik überzeugen.
Das will jede Partei.
Ja, das heißt aber auch, wir wollen rechte Positionen nicht bestärken,
sondern als solche benennen. Wenn Menschen der Meinung sind, Flüchtlinge
sollten im Mittelmeer ersaufen, werden wir ihnen im Leben niemals
zustimmen. Wenn es in der Bevölkerung die Meinung herrscht, dass
Asylbetrüger uns um unsere Sozialleistungen brächten, werden wir immer
sagen, dass alle hier lebenden Menschen sozial sicher sein sollten,
unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus. Aber unabhängig davon:
Unser Blick auf die Benachteiligung Ostdeutscher muss schärfer werden.
Und wenn die Mehrheit der Menschen der Meinung ist, dass es keine offenen
Grenzen für alle geben darf?
Dann werden wir Vorschläge machen, wie wir auch rechtlich zu dem
Einwanderungsland werden, welches wir bereits sind. So ein Konzept für
Integration und Einwanderung haben wir ja bereits vorgelegt.
Sehr viele Menschen hat dieses Konzept allerdings nicht erreicht. Ähnlich
ist es mit den klimapolitischen Vorschlägen der Linken. Es gibt ein langes
Ökologie-Kapitel im Wahlprogramm – aber kaum jemand nimmt die Linke als
Öko-Partei wahr.
Wir werden am meisten mit dem Thema soziale Gerechtigkeit verbunden. Es ist
deshalb nicht so einfach, sich zum Thema Ökologie Gehör zu verschaffen.
Aber wir glauben, dass eine gerechte ökologische Politik nur sozial
durchgesetzt werden kann. Das ist auch eine Lehre aus der Europawahl.
Die Linke will also ihr Öko-Profil schärfen. Versucht sie nicht einfach die
Grünen nachzumachen, nach dem Motto: Von Siegern lernen?
Nein. Die Grünen diskutieren derzeit, welche Steuern sie erhöhen. Wir gehen
anders heran. Für uns bedeutet Ökologie, anders zu wirtschaften und nicht
einfach Steuern zu erheben.
Die Linke ist gegen eine CO2-Steuer?
Mitte September werden wir ein Konzept vorlegen, wie man die notwendige
CO2-Reduzierung bewerkstelligt, ohne Menschen, die es sich finanziell nicht
leisten können, zusätzlich zu belasten.
Die Grünen werden im Osten stärker, die Linke schwächer? Klauen ihnen die
Grünen die Wähler?
Ich sehe das als Ansporn. Am Ende führt das vielleicht dazu, dass man sich
um die besten Konzepte gut streiten kann.
Aus der SPD kommen in letzter Zeit auffallend häufig Bekenntnisse zu
Rot-rot-grün auch auf Bundesebene. Ist das einfach der Schwäche der SPD
geschuldet, dass sie sich nun auch mal der Linkspartei zuwendet oder liegt
darin eine echte Chance für eine andere Politik?
Klar ist doch: Die große Koalition ist inhaltlich am Ende, spannend ist was
danach kommt. Wir wollen einen Politikwechsel und klar, rot-rot-grün ist
eine Variante. Klar ist aber auch, dass das an Konditionen geknüpft ist.
Welche?
Eine Bedingung ist, dass Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland beendet
werden müssen. Eine weitere rote Linie ist Sozialabbau. Aber darüber zu
reden, was nicht geht, ist doch langweilig. Ich würde lieber darüber
sprechen, was zusammen ginge.
Was denn?
Zum Beispiel ein soziales System, das Hartz IV ablöst, für armutsfeste
Renten sorgt und eine Offensive für gute Löhne. Das kann alles gehen, und
das wird auch gehen. Davon bin ich felsenfest überzeugt.
22 Aug 2019
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Schwerpunkt Europawahl
Grüne
Die Linke
Ökologie
Wahlen in Ostdeutschland 2024
Lesestück Recherche und Reportage
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