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# taz.de -- Tischtennis-Neuling TTC Neu-Ulm: Direkt in die Bundesliga
> TTC Neu-Ulm startet ganz neu und als kleinster Tischtennisverein des
> Landes in die Bundesliga-Saison. Eine Lizenzvergabe macht’s möglich.
Bild: Überraschungen gibt es auch manchmal im Tischtennis
Berlin taz | Dem kleinsten Tischtennisclub Deutschlands war nach
viereinhalb Stunden das Glück doch nicht hold. Eine 2:3-Pleite ging in die
Annalen des vor wenigen Monaten frisch gegründeten Vereins ein.
Erträglicher machte die Niederlage für den TTC Neu-Ulm beim ASV
Grünwettersbach, dass sie gleich ganz oben, also in der ersten Bundesliga
erfolgte. Ein Novum in der Geschichte des deutschen Sports.
Einige Beispiele gab es bereits, bei denen Klubs die Erstliga-Lizenz eines
anderen Vereins übernahmen. So rückten etwa die viertklassigen Basketballer
des FC Bayern München 2008 für die Düsseldorf Magics ins Oberhaus. Zudem
nutzte vor zwei Jahren das deutsch-österreichische Volleyballteam Hypo
Tirol Alpenvolleys Haching den Verzicht des TSV Unterhaching zum Sprung ins
Oberhaus. Im Tischtennis gab es 2009 ebenfalls einen Kuhhandel, als die TG
Hanau das Spielrecht von Timo Bolls Stammverein TTV Gönnern übernahm.
Dass es jedoch keines einzigen Aufstiegs in der Vereinshistorie, ja nicht
einmal eines einzelnen Spiels bedurfte, schaffte Florian Ebner. Der
Medienunternehmer fand Gefallen an der schnellsten Rückschlag-Sportart und
erkundigte sich bei der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) nach einer Lizenz.
Das war eine äußerst willkommene Anfrage bei der TTBL, denn seit Jahren
erreicht die Bundesliga nicht mehr ihre Sollstärke von zwölf Mannschaften.
Abstiegskampf blieb deshalb ein Fremdwort.
Aus der zweiten Liga mochte kaum einer hoch, weil die Vereine die höheren
Ausgaben scheuten oder ihre Teams nicht verkleinern wollten, sprich
verdiente Stammkräfte hätten abserviert werden müssen, um in der Liga mit
Weltklassespielern bestehen zu können. Auch wenn die Tischtennis-Szene ob
des Antrags der Retortenmannschaft gespalten war, erhielt der TTC Neu-Ulm
die Lizenz.
## Schnell ein neues Team gefunden
Ebner, der sich als ehemaliger Präsident des Fußballklubs SSV Ulm 1846 mit
Profisport auskennt, stampfte in wenigen Wochen ein Team aus dem Boden.
„Das war unfassbar viel Arbeit“, zitierte ihn die Augsburger Allgemeine, ob
sich sein Projekt trage, werde sich zeigen. Immerhin zog es vergangenen
Donnerstag mehr als 150 Gäste in ein Festzelt, in dem sich ein paar der
neuen Stars in Lederhosen präsentierten.
Die wurden den Bajuwaren am Samstag beim ersten Spiel der Vereinsgeschichte
in Karlsruhe rasch wieder ausgezogen. Der ASV Grünwettersbach startete
furios: Das von Fulda-Maberzell gewechselte Abwehr-Ass Wang Xi ließ dem
Franzosen Abdel-Kader Salifou ebenso wenig eine Chance wie das deutsche
Nachwuchstalent Dang Qiu dem Portugiesen Tiago Apolónia.
Gustavo Tsuboi verhinderte jedoch bei der Premiere eine peinliche
0:3-Höchststrafe beim Vorjahressiebten. Der Brasilianer, der vom
Liga-Rivalen Werder Bremen kam, schlug den Inder Sathiyan Gnanasekaran in
fünf Sätzen. Das Gesamtmatch entwickelte sich zu einem viereinhalbstündigen
Krimi, weil Apolónia zum 2:2 ausglich.
Der aktuelle WM-Dritte im Doppel und der hinter Timo Boll jahrelang
erfolgreichste Bundesligaspieler Wang rissen Ebner und die 400 Zuschauer
mehrfach zu stehenden Ovationen hin. Erst der überragende Dang Qiu behielt
im Doppel mit dem zweiten ASV-Neuzugang, dem Dänen Tobias Rasmussen, am
Ende die Nerven beim 11:8 im fünften Satz über Salifou/Tsuboi und fügte
Neu-Ulm die erste Niederlage zu.
## Kaum zu schlagen?
Immerhin zeigte sich bei dem dramatischen Debüt, dass der Liganeuling
selbst mit dem zweiten Anzug konkurrenzfähig ist. „Es war ein tolles
Spiel“, befand Apolónia und schob nach: „Wir sind natürlich traurig, dass
wir nicht gewonnen haben.“ Der Weltklassespieler formulierte jedoch vorm
ersten Heimspiel am Sonntag gegen den Post SV Mühlhausen eine Kampfansage
an den Rest der Liga: „Wir werden besser und besser!“
Dass selbst der vierte Playoff-Platz für Neu-Ulm in Reichweite liegt,
glauben auch die meisten Rivalen – vor allem, wenn die Asiaten einfliegen
sollten. Der zum erweiterten chinesischen Nationalkader zählende Cui
Qinglei soll ab Spiel drei für Punkte sorgen. Kaum zu schlagen wäre der
kleinste deutsche Tischtennisclub, wenn auch noch der Chinese Hao Shuai,
der einst die WM-Träume von Boll platzen ließ, und vor allem An Jaehyun
kämen.
Die Gegner haben jedoch diese Saison vielleicht noch Glück, dass der
Retortenclub nicht auch gleich Meister wird: Der 19-jährige WM-Dritte An
soll sich [1][in Südkorea auf die Olympischen Spiele 2020] in Tokio
vorbereiten, weshalb sich sein Verband bei der Freigabe für die Bundesliga
sträubt.
21 Aug 2019
## LINKS
[1] /Tischtennisturnier-Korea-Open/!5518631
## AUTOREN
Hartmut Metz
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