# taz.de -- Mode afrikanischer Herkunft: Das Machtmodell mit den Haaren | |
> Das Berliner Kunstgewerbemuseum öffnet sich mit „Connecting Afro Futures. | |
> Fashion – Hair – Design“ erstmals für außereuropäische Modephänomen… | |
Bild: Auch die Designerin Ken Aicha Sy stellt im Kunstgewerbemuseum ihre Arbeit… | |
Einen halben Meter etwa ist der Fernsehturm hoch, den der beninische | |
Künstler Meschac Gaba geflochten hat. Ja, geflochten – aus Hunderten dünnen | |
dunkelbraunen Haarzöpfchen. Allein die Turmkugel hebt sich blondiert ab. | |
Gabas Fernsehturmperücke ist neben weiteren Berliner Baudenkmälern aus Haar | |
und den Werken von elf anderen Künstler*innen afrikanischer Herkunft | |
seit Freitag in der Ausstellung „Connecting Afro Futures. Fashion – Hair – | |
Design“ im Kunstgewerbemuseum (KGM) im Kulturforum zu sehen. | |
„Zu meiner Jugendzeit konnte ich meine Haare nicht in dieser Weise tragen“, | |
erzählt die Co-Kuratorin der Schau, Beatrace Angut Oola, am Freitag bei | |
einem Rundgang und deutet auf die Vielzahl von geflochtenen Dutts auf ihrem | |
Kopf. Zu irritierend wäre eine Frisur afrikanischer Herkunft in ihrer | |
Schule gewesen, erklärt die Berlinerin mit ugandischen Wurzeln, die sich | |
die verstärkte Wahrnehmung afrikanischer Mode zur Aufgabe gemacht hat. | |
„Auch vor dem Hintergrund meiner persönlichen Geschichte ist diese | |
Ausstellung ein großes Ereignis für mich“, sagt Angut Oola. | |
Zum ersten Mal werde (Haar-)Mode aus dem globalen Süden im KGM ausgestellt, | |
weiß Hauskuratorin Claudia Banz. Diese finde sich aufgrund eines | |
Eurozentrismus sonst nur als tribale Kleidung in ethnologischen Sammlungen. | |
„Mode ist ein Machtsystem“, sagt Banz. Haarmode ist es allemal. | |
## Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft | |
„Connecting Afro Futures“ möchte Verflechtungen darstellen, materielle und | |
übertragene. Gabas Perücke etwa verflicht den sozialistischen Futurismus | |
des Fernsehturms mit traditionellen Techniken. Seine Arbeiten erinnern an | |
ebenfalls ausgestellte Bilder von „Onile Gogoro“, architektonischen | |
Flechtfrisuren, die in Nigeria populär wurden, als dort die ersten | |
Wolkenkratzer entstanden: Zukunftsfrisuren. Doch die Schau legt auch | |
historische Verflechtungen von Haarmode mit Kolonialismus und Rassismus | |
offen. In der Sektion „Hair District“ wird etwa darauf hingewiesen, dass | |
Plantagensklav*innen die eng an der Kopfhaut geflochtenen „Cornrows“ als | |
Landkarten für die geplante Flucht dienten. | |
Verflechtungen einer traumatischen Vergangenheit, einer kreativen | |
Gegenwart, einer selbstbewussten Zukunft von Mode und von Menschen | |
afrikanischer Herkunft: bis zum 1. Dezember zu betrachten. | |
23 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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