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# taz.de -- Gesetz zu Uni-Asyl in Griechenland: Kein Schutz mehr auf dem Campus
> Die neue konservative Regierung in Athen will Polizisten in die Unis
> lassen. Bisher brauchten die Beamten dafür eine spezielle Genehmigung.
Bild: Die Proteste der vergangenen Tage haben nichts geholfen: Die Abschaffung …
Athen taz | Griechenlands Universitätsgesetz ist weltweit wohl einmalig. Es
besagt, dass Griechenlands Polizei staatliche Hochschulen nicht ohne die
offizielle Einwilligung von Rektorat und Studentenvertreter betreten darf.
Selbst bei der Verfolgung von Kriminellen ist beim Eingang der Universität
Schluss.
Das strikte Universitäts-Asyl hat eine blutige Geschichte. Es wurde in
seiner letzten Form im Jahr 1982 beschlossen. Damals war die Zeit der
Militärdiktatur vielen noch sehr präsent. Das Gesetz wurde zum Schutz gegen
Polizeiinterventionen mit politischem Hintergrund eingeführt. Denn während
der Obristenherrschaft von 1967 bis 1974 wurde ein Studentenaufstand am 17.
November 1973 blutig niedergeschlagen. Es gab Tote und Verletzte.
Der aus der politischen Konsequenz der wiederhergestellten Demokratie
polizeifrei gehaltene Raum wurde in den vergangenen Jahren immer stärker
missbraucht. So machten sich Drogendealer oder Randalierer den Campus
zunutze. Auch illegale Verkäufer boten ihre Ware – oft gefälschte
Markenprodukte oder Zigaretten – vor den Zäunen der Universitäten an.
Viele Bewohner rund um den Campus des Athener Polytechnikums befürworten
eine Gesetzesänderung, die diesem Zustand ein Ende setzt. Das Polytechnikum
liegt im Stadtteil Exarchia, der als Autonomenviertel gilt. Fast jedes
Wochenende liefern sich Gewaltbereite vor dem Polytechnikum nächtliche
Straßenschlachten mit der Polizei. Oft werden dabei Brandsätze geworfen,
Mülltonnen oder Autos in Brand gesetzt. Die Polizei sprüht Tränengas, was
sich auch auf unbeteiligte AnwohnerInnen verteilt. So halten viele auch bei
über 30 Grad ihre Fenster geschlossen, damit kein Tränengas in die Wohnung
gelangt.
## Wahlversprechen umgesetzt
Es war eines der Wahlversprechen des [1][seit Anfang Juli amtierenden Chef
der Nea Demokratie]. Premier Kyriakos Mitzotakis kündigte an, „die
Universitäten von der Gesetzlosigkeit zu befreien, von den Randalierern,
von jenen, die Professoren und Kommilitonen im Namen ihrer angeblichen
ideologischen Überlegenheit terrorisieren.“
Nur vier Wochen nachdem er sich bei der [2][Parlamentswahl] gegen seinen
Kontrahenten und Syriza-Chef Alexis Tsipras mit großer Mehrheit
durchsetzten konnte, löst er sein Versprechen ein. Gemeinsam mit der
rechtspopulistischen Partei Elliniki Lysi schafft die Nea Demokratie den
Artikel 64 ab.
„Wenn wir also über die Abschaffung des Uniasylrechts sprechen, sprechen
wir über das Verbot von missbräuchlichem Handeln innerhalb der Hochschulen,
weil auch sie öffentliche Räume sind“, betont Mitsotakis, „genauso wie
öffentliche Straßen und Plätzen, wo man im Gefahrenfall auch die Hilfe der
Polizei in Anspruch nehmen kann – nicht weniger und nicht mehr“.
Bereits im Jahr 2011 hatten die konservative Nea Dimokatia und die
sozialistische Pasok unter Pasok-Chef Andreas Papandreou durchgesetzt, das
Gesetz zu lockern. 2015 schraubte die neu gewählte Syriza-Regierung unter
Premier Alexis Tsipras das Gesetz wieder fest.
## Für Demonstrationen ist es derzeit zu heiß
Der wetterte nun gegen die „ideologische Besessenheit“ des neuen
Ministerpräsidenten. Die Abschaffung des Gesetzes zerstöre, was die
Universität in Griechenland sozial, politisch und kulturell symbolisiere,
so Tsipras.
Der Zeitpunkt der Abschaffung des Gesetztes ist weise gewählt, denn die
meisten GriechInnen sind im Urlaub. Dennoch werden in Athen Demonstrationen
erwartet – wohl aber erst, wenn der heiße Sommer vorbei ist.
9 Aug 2019
## LINKS
[1] /Neues-Kabinett-nach-der-Wahl/!5606037
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## AUTOREN
Theodora Mavropoulos
## TAGS
Griechenland
Asyl
Universität
Konservative
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Athen
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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