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# taz.de -- Das fehlende Branding der SPD: SPD braucht Querdenker
> Die Sozialdemokratie kann nur überleben, wenn sie das Unmögliche
> versucht: Sie muss zur Bewegung werden und einen radikalen Neuanfang
> wagen.
Bild: Wer soll die SPD aus dem Sumpf holen? Keine leicht zu beantwortende Frage
Die SPD ist rettungslos verloren, denn sie ist keine Marke mehr. So zynisch
es ist: Auch Parteien funktionieren letztlich wie Bier oder Waschmittel. Es
zählt das Image, wenn man Erfolg beim Kunden haben will. [1][Die SPD hat
jedoch ihren Markenkern ruiniert.] Über die Ursachen ließe sich endlos
streiten, aber Umfragen ergeben, dass die meisten Bürger nicht mehr wissen,
wofür die SPD steht.
Da die SPD kein Profil besitzt, ist sie überflüssig, zumindest aus der
Sicht der Wähler. Auch die nächsten Vorsitzenden werden keine Rettung sein,
da alle denkbaren Kandidaten den gleichen Makel teilen: Sie sind nicht neu
oder sie sind unbekannt. Das gilt auch für Olaf Scholz.
Die SPD bräuchte aber einen radikalen Neuanfang, um ihr Image
aufzupolieren. Sie müsste glaubhaft verkörpern, dass alle Niederlagen und
alle politischen Fehlentscheidungen hinter ihr liegen und dass sich die
Zukunft nur mit ihr lohnt.
Diese Operation Neuanfang ist nicht leicht, wenn man in der Regierung
sitzt, weswegen viele Sozialdemokraten gern in die Opposition wechseln
würden. Doch das ist keine Option. Jede Neuwahl würde nur zutage fördern,
was sich schon in den Umfragen zeigt: Die SPD würde fast bis zur
Bedeutungslosigkeit schrumpfen.
## Die Sehnsucht nach einer anderen SPD
Die SPD muss [2][den Neuanfang inszenieren], während sie an der Regierung
ist. Diese durchaus widersprüchliche Operation kann funktionieren, wie
Emmanuel Macron in Frankreich vorgeführt hat. Die Umstände waren
kompliziert und Macron war eher neoliberal. Trotzdem könnte seine Strategie
ein Vorbild für die SPD sein: Macron war zunächst Wirtschaftsminister
unter dem sozialistischen Präsidenten Hollande, der aber keinerlei Chance
hatte, wiedergewählt zu werden. Also trat Macron rechtzeitig zurück und
gründete seine Bewegung „En Marche“.
So widersprüchlich es klingt: Die SPD kann nur von einem Dissidenten
gerettet werden. Kevin Kühnert will diese Rolle nicht ausfüllen, aber das
Interesse an seiner Person zeigt, wie groß die Sehnsucht nach einer
„anderen“ SPD ist.
Millionen von Wählern sind heimatlos. Es handelt sich um ganz normale
Bürger, die sich nach dem Selbstverständlichen sehnen: Sie wollen sich
sicher fühlen. Es sind Menschen, die nicht verstehen, warum man in einem
reichen Land Angst haben muss, in die Altersarmut zu rutschen – oder seine
Mietwohnung zu verlieren.
## Macron zeigt wie es geht
Dieses Wählerpotenzial kann die Linkspartei nicht ausschöpfen, schon weil
sie sich in Flügelkämpfen zerreißt. Die Grünen wiederum haben diese
Wählerinnen und Wähler längst entdeckt, wirken aber nicht unbedingt
glaubwürdig, was beim Habitus beginnt: Die Grünen spiegeln das Milieu ihrer
Anhänger wider, die fast alle akademische Berufe ausüben.
Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, dass eine charismatische
Persönlichkeit eine Bewegung gründet, die die heimatlosen Wähler links der
Mitte adressiert. Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht wollte genau
diese Anführerin sein, als sie ihre [3][Initiative „Aufstehen“] ins Leben
rief. Wagenknecht musste jedoch scheitern, weil sie polarisiert und nicht
integriert. Zudem war es absurd, dass sie aus dem Parlament heraus eine
außerparlamentarische Opposition aufbauen wollte. Macron zeigt, wie man
es richtig macht: Man muss Außenseiter sein oder werden, wenn man eine
Bewegung gründen möchte.
Kurz: Die sozialdemokratische Partei kann ihre verlorenen Wähler nur
zurückholen, indem sie sich als Bewegung inszeniert. Sie müsste die Neuwahl
für den Parteivorsitz nutzen, um ein Duo zu küren, das die „andere“ SPD
symbolisiert. Sie müsste es aushalten, dass sich die Partei von der eigenen
Regierungsmannschaft emanzipiert, damit die nächste Bundestagswahl nicht in
einem Desaster endet. Doch die Machtkartelle in der SPD setzen auf
Kandidaten, die das „Weiter so“ symbolisieren.
Die SPD ist gerade dabei, ihre letzte Chance zu verschenken. Schade.
16 Aug 2019
## LINKS
[1] /Suche-der-SPD-nach-einem-Spitzenduo/!5615689
[2] /Autor-ueber-Zukunft-der-Sozialdemokratie/!5613908
[3] /Wagenknechts-Rueckzug-von-Aufstehen/!5582420
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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