# taz.de -- Manuela Schwesig tritt zurück: Mit ihr wird weiter zu rechnen sein | |
> Wegen einer Krebsdiagnose gibt Schwesig ihr Amt in der SPD-Spitze ab. Für | |
> Mecklenburg-Vorpommern hat die Ministerpräsidentin aber eine gute | |
> Nachricht. | |
Bild: Manuela Schwesig | |
Es gibt Nachrichten, die man ungern verkündet, besonders, wenn sie einen | |
selbst betreffen. Am Dienstagmorgen gab Mecklenburg-Vorpommerns | |
Ministerpräsidentin bekannt, dass sie Brustkrebs hat und deshalb ihren | |
Posten in der kommissarischen SPD-Spitze niederlegt. Auf der Landesebene | |
behält Manuela Schwesig jedoch ihre Ämter als Regierungs- und Parteichefin | |
– im Norden dürfte das viele Bürger*innen freuen. | |
[1][Nachdem Andrea Nahles den Chefinnenposten] der Sozialdemokraten | |
verlassen hatte, führte Schwesig die Partei im Trio gemeinsam mit Malu | |
Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, und dem hessischen | |
SPD-Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel kommissarisch an. | |
„Die gute Nachricht ist: Dieser Krebs ist heilbar. Allerdings ist dafür | |
eine medizinische Behandlung notwendig“, schrieb die Ministerin mit Blick | |
auf ihre Arbeit. „Dies wird dazu führen, dass ich in den kommenden Monaten | |
nicht an allen Tagen öffentliche Termine wahrnehmen kann. Ich habe deshalb | |
die Ministerinnen und Minister gebeten, mich an diesen Tagen zu vertreten.“ | |
Schwesig gilt als Ministerin, der die Menschen vertrauen, die sie als | |
authentisch erleben und die ihr abnehmen, was sie sagt. Als sie 2008 in | |
Mecklenburg-Vorpommern Sozialministerin wurde, war sie 34 Jahre alt und | |
weitgehend unbekannt. Das sollte sich rasch ändern, Schwesig ist das, was | |
man vielen Ostfrauen gern nachsagt: pragmatisch, zäh, kraftvoll. | |
Innerhalb kürzester Zeit krempelte sie die Sozialpolitik in ihrem Land um, | |
kämpfte für mehr Kitaplätze, für eine bessere Pflege, für mehr | |
Väterbeteiligung in der Familie, eine bessere Work-Life-Balance. Sie galt | |
und gilt als das emanzipatorische Vorzeigegesicht der Ost-SPD. | |
## Schon lange nicht mehr die Harmlose | |
Natürlich drängte es sie weiter nach vorne, an die Spitze der | |
Bundespolitik. 2013 wurde sie Familienministerin der Republik – und löste | |
all das ein, was sie für den Wechsel nach Berlin versprochen hatte: | |
Frauenquote manifestiert, Unterhaltsvorschuss ausgeweitet, | |
Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet, Transparenz bei den Gehältern | |
erreicht, Elterngeld Plus ausgerufen, Nein heißt Nein im Sexualstrafrecht | |
durchgesetzt. Alles Vorhaben, die in Gesetze gegossen wurden. | |
Anfangs wurde sie kritisch beäugt: Rhetorisch ist die ja nicht so dolle. | |
Ihre Sätze klangen gestelzt und holzig, wie auswendig gelernt. Mitunter | |
fürchtete man, sie würde ihren Faden verlieren, unterbräche man sie. Aber | |
sie hat gelernt, sich coachen lassen. Heute parliert sie charmant und | |
humorig. | |
Unvergessen ihr Auftritt bei „Anne Will“ nach der Landtagswahl in | |
Nordrhein-Westfalen im Mai 2017. Als einzige Frau zwischen männlichen | |
Alphatieren der CDU, Grünen und FDP soll sie das desaströse Abschneiden | |
ihrer Partei erklären. Irgendwann legt sie Volker Bouffier, | |
CDU-Ministerpräsident in Hessen, die Hand auf den Arm, lächelt und sagt: | |
„Herr Bouffier, machen Sie sich mal ehrlich, in der Familienpolitik sind | |
Sie ziemlich blank.“ Da war klar, sie ist schon lange nicht mehr die | |
Harmlose, für die manche sie bis dahin immer noch gehalten haben. | |
[2][Im Sommer 2017 verließ sie Berlin trotzdem wieder und ging zurück nach | |
Schwerin.] Der damalige Ministerpräsident Erwin Sellering, SPD, war an | |
Krebs erkrankt, Schwesig trat an seine Stelle. Doch so ganz gab sie die | |
Bundespolitik nicht auf. Vor allem wenn es um „ostdeutsche Belange“ ging, | |
war sie zu hören: Ostdeutsche sollten stärker im öffentlichen Fokus stehen, | |
sie sollten ebenso bezahlt werden wie Westdeutsche und in | |
wissenschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Topjobs angemessen | |
vertreten sein. | |
Schwesig ist eine Kämpferin. Mit ihr wird weiter zu rechnen sein. | |
10 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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